Nein, es geht hier nicht darum einen Text so zu schreiben, dass du Interesse beim Leser weckst und/oder hältst, sondern ganz banal um die Frage: Sprichst du in den Texten, die du über deine Welt schreibst, den Leser an?
Diese Frage kam gerade im Discord auf und ich halte die Überlegungen dazu für relevant und hilfreich genug, als dass wir sie hier in diesem "permaneteren" Rahmen festhalten sollten.
Die Frage kam von Alkone ((noch?) kein Mitglied hier im Forum):
Zitat von AlkoneSprecht ihr den Leser per du oder per sie/ihr an?
Meine Antwort nach etwas Nachdenken war die Folgende:
Meine meisten Texte sind Sachtexte, wie oben bereits gesagt aus der Perspektive eines Historikers/Forschers, der die Dinge über die ich schreibe mit Abstand (räumlich und zeitlich) betrachtet. Diese Perspektive versucht so neutral wie möglich zu sein, weshalb ich mich hier an das akademische Credo halte kein "ich" zu benutzen und den Leser nicht anzusprechen (es leben die Passivkonstruktionen). Diese Perspektive sehe ich auch nicht als Kunstfigur, d.h. sie stellt weder einen tatsächlichen Forscher meiner Welt oder unserer Welt dar.
Manchmal schreibe ich solche Sachtexte auch aus einer Forscherperspektive meiner Welt heraus, hier spricht der fiktive Schreiber den Leser dann meist mit "wir" an ("wie wir ja wissen", "wir sehen hier", "wir haben lange geglaubt"). Dieses "wirzen", das den Leser mit einbezieht, setze ich mir als Marker in Sachtexte, damit ich weiß, dass ich deren Objektivität nicht trauen darf, auch wenn ich keinen Autoren angebe, denn solche Texte haben idR eine Agenda oder schreiben aus einer innerweltlichen Perspektive heraus; der Schreiber ist hier tatsächlich eine Kunstfigur.
Texte in denen ich den Leser anspreche (ihr, sie, du) sind in der Regel innerweltliche Quellen.
Eine Ausnahme: Wenn ich fürs RPG schreibe oder auf meiner Website den Leser direkt anspreche (wie auf der Homepage), dann verwende ich "du", denn ich stelle mir in unseren Hobbies einen freundschaftlichen Rahmen vor und mag in diesem Kontext das Siezen nicht.
(Eine weitere Ausnahme würde ich noch anfügen: Wenn ich im Forum auf konkrete Fragen eingehe, Duze ich den Fragesteller auch ;) )
Also, wie sprecht ihr eure Leser an? Warum verwendet ihr genau diesen Stil? Wechselt ihr auch zwischen verschiedenen Modi? Erzählt!
Ich nutze ganz verschiedene Arten. - Einmal schreibe ich Sachtexte, die von niemand bestimmten an niemand bestimmten geschrieben wurden. Es sind einfach Texte, die ich mehr oder weniger für mich schreibe um alles festzuhalten. (Hier im Forum findet ihr einige dieser Texte und die sind dann für euch geschrieben.) - Dann gibt es solche Sachtexte, die von einer bestimmten Person meiner Welt meist für eine speziellere Zielgruppe geschrieben wurden. Oft sind es Texte für Anfänger, oder umfassende Handbücher, damit auch jemand etwas mit den Texten anfangen kann, der nicht so weit eingelesen ist und nicht so viel über die Welt weiß. (Die Texte über Magie hier im Forum sind in dieser Art.) - Erzählende Texte wie Märchen und Sagen die in der Welt bekannt sind und dadurch eine Personengruppe in der Welt ansprechen. Reisetagebücher usw. würde ich ebenfalls hierzu zählen, da sie von einer Person in der Welt verfasst wurden und entweder einige Personen, oder niemanden als Zielgruppe haben. (Hier zählt Ilathals Tagebuch oder seine Reiseberichte dazu.) - Kurzgeschichten, Erzählungen und halbe Romane die in der Welt spielen, aber einen Außerweltlichen Leser haben. (Der eigentliche Grund der Existenz Biokas sind diese Texte. Sie verbinden oft viele Informationen, gehen aber nicht in die Tiefe des Wissens.)
Viel mehr andere Möglichkeiten würden mir jetzt nicht einmal einfallen.
Die Personen in meiner Welt schreiben natürlich in ihrer Sprache und Schrift. Wenn ich das jedoch festhalte, dann nutze ich meistens Ihr/Euch weil das nicht so alltäglich für heutige Leser klingt. Es kommt der sehr höflichen Anrede Biokas sehr nahe. Sonst verwende ich auch einfach Du/Dir. Meine Leser spreche ich sonst immer mit "Du" an, weil ich das persönlicher finde, jedenfalls wenn der Leser überhaupt direkt angesprochen wird. Ich liebe es zudem, dass in Gruppen/Gemeinschaften meistens selbstverständlich ist, dass man das Du nutzt. Unter sportiven Bogenschützen und unter verrückten Mittelalterlagernden ist das in der Regel so und man muss gar nicht erst fragen. Das ist für mich dann einfach entspannter und es fühlt sich gleich an wie eine große Familie in der alle ein gleiches Interesse haben.
Im Moment schreibe ich eigentlich hauptsächlich Sachtexte die mir nur dazu dienen die Infos festzuhalten. Die sind also eigentlich nur für mich, bzw. dann auch für euch oder irgendwann mal für ein Wiki?, aber es wird niemand "direkt" angesprochen.
Bisher habe ich nur wenige In-World Texte geschrieben.
Ich finde es aber nur sehr selten angenehm oder interessant wenn ich als Leser von einem "Text" angesprochen werde. Ich kann verstehen, wenn eine Person aus dem Text den Leser anspricht und man es sozusagen so darstellt, als würde derjenige in eine Kamera sprechen oder so ähnlich, aber ein Text an sich sollte nicht "lebendig" werden. Also, ich denke in manchen (wenigen) Situationen kann es interessant sein das zu tun, aber ich persönlich finde Schriftstücke in denen sowas wie "der geneigte Leser würde... dies und das" oder "der Leser kennt es als ....... so und so" irgendwie seltsam. Ein Autor sollte meiner Meinung nach den Leser in Ruhe lesen lassen und nicht suggerieren was der Leser denkt/fühlt oder sonstwas.
Natürlich gilt dabei wie fast überall, Ausnahmen bestätigen die Regel.
Nharuns Methode gefällt mir eigentlich ganz gut und ich benutze in Sachtexten auch eher diesen Stil; also kein direktes Ansprechen des Lesers und auch keine "Erzählerstimme". Das gilt vor allem für Texte, in denen ich Informationen für mich selbst festhalten bzw. sie einem Publikum neutral mitteilen möchte.
Ab und zu schreibe ich eine Beschreibung auch aus dem Blickwinkel eines Weltbewohners, um damit eine bestimmte Stimmung zu transportieren. Dabei kann es auch vorkommen, dass der Leser direkt angesprochen wird, meist durch die Verwendung von "wir".
Ich könnte jetzt eigentlich einfach deine Vorgehensweise hier hineinkopieren, @Nharun, denn anders mache ich es eigentlich auch nicht. Ein bisschen anders mache ich es höchstens, wenn ich z.B. bei Instagram etwas poste und dann manchmal direkt die Leute anspreche, das zähle ich jetzt aber nicht so wirklich dazu.