Zitat von Chrontheon im Beitrag #39Wird das nicht auch durch die beiden Arten davor [Gesprochenes und Geschriebenes Wort] bewerkstelligt, mit Ausnahme der Spezifikation des Empfängers?
Es ist etwas anderes. Gebetsmagie heißt, die (Priester-)person betet zu ihrer Gottheit und erhält dann die Macht für spezifische Wunder.
Sprachmagie heißt, der/die Fähige sagt einen Zauberspruch auf, der exakt benennt, was passieren soll. Bei Schriftmagie wird der Zauberspruch halt aufgeschrieben. Das ist in etwa so der Unterschied zwischen dem Vorlesen einer Bedienungsanleitung oder dem Stoßgebet "Bitte lieber Gott, mach, dass mein Computer jetzt wieder funzt."
Zitat von Chrontheon im Beitrag #39Also ist Schriftmagie eigentlich ein Teil der Zeichenmagie, sofern man nicht zwischen einfachen und komplexen Schriftzeichen unterscheidet!
Nein, kann man so nicht sagen. Schriftmagie ist das Aufschreiben von Zaubersprüchen und das Wirken, indem man sie liest. Zeichenmagie kann alle möglichen nichtschriftlichen Zeichen umfassen, die auf das Ziel des Zaubers gezeichnet werden. Vor allem aber ist es ein Unterschied, weil diese Formen, wie oben auch, in verschiedenen Kulturen stattfinden und von diesen als was anderes aufgefasst werden.
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Nerracs Abstruser Scheiß - Eine Vorstellung magischen Ausmaßes, Teil 2
Im ersten Teil haben wir einen kleinen Überblick erhalten, welche Formen es annimmt, wenn Fähige sich mit Magie beschäftigen. In diesem Teil kommen wir dazu, uns ein wenig anzusehen, was die Fähigen damit bewirken können.
Zunächst wenden wir uns den Magiern des lajrénischen Festlands zu. Diese zählen mitunter zu den stärksten Fähigen. Die Ursprünge lajrénischer Magie liegen weit zurück und wurden in nazcenischer Zeit formalisiert, indem Fähige zu Priestern ausgebildet wurden, sodass es sich der Herkunft nach um Göttliche Magie handelte. Der Form nach handelte es sich um Sprachmagie, die schriftlich fixiert wurde. Heutzutage, lange nach dem Nazcenischen Reich, ist die Lage etwas diverser. Die Magieschule Thalad hat sich schon vor langer Zeit von den nazcenischen Priestern abgewandt und betreibt eine säkularisierte Magie, deren Ursprung in der genetischen Veranlagung und der individuellen Befähigung der einzelnen Magier gesehen wird. Die Priestermagier und Magier, die in nazcenischer Tradition in Renaliac ausgebildet werden, stehen hier mit einem Bein in der Vergangenheit und mit einem Bein in der Gegenwart. Die geläufige Meinung ist, dass es göttliches Wirken ist, dass die magische Begabung von Magiern verursacht. Schließlich gibt es noch die rein weltliche Magieschule in Lerban, die insbesondere für die sogenannten Halbmagier offen ist.
Denn die lajrénischen Magier haben erkannt, dass die Fähigkeit zur Magie genetisch vererbt wird. Dies geschah zu nazcenischen Zeiten, als sie noch Priester waren und die Kirche den Priestern die Ehe nahelegte. So kam es, dass viele Magier miteinander heirateten und magischen Nachwuchs zeugten. Zum einen bedeutete diese Bündelung einen starken Anstieg der Zahl der Fähigen und zum anderen die Erkenntnis, dass diese Befähigung vererbt wird. In vornazcenischer Zeit waren Magier sehr selten und verkehrten meist mit Sterblichen, wenn überhaupt, sodass ihre Abstammung weniger dokumentiert war. Im Fall einer Elternschaft von Magier und Nichtmagier entstehen "Halbmagier", deren Befähigung etwas schwächer ausgeprägt ist. Bei Verbindungen von Nicht- und Halbmagiern, oder Halbmagiern untereinander oder Magiern mit Halbmagiern besteht immer eine 50%-Chance, welche Seite des Halbmagiers vererbt wird: die magische oder die nichtmagische. Aus Halbmagier-Verbindungen können daher vollmagische, halbmagische und nichtmagische Kinder hervorgehen. Daneben gibt es noch die Fälle von Spontaner Talentierung, bei denen Menschen ohne magische Vorfahren plötzlich in der Lage sind, Magie zu wirken. Manchmal sind aber auch nur magische Vorfahren unbekannt. Jedenfalls hat sich so im Laufe vieler Jahrhunderte eine eigene Bevölkerungsschicht aus Magiern entwickelt, die zwar recht klein ist, aber dafür potent und in großen Dynastien organisiert ist und ihre Fähigkeiten zum allgemeinen und eigenen Wohlstand einsetzt.
Die lajrénische Magie ist recht vielseitig. Insbesondere hat sie sich auf den Feldern der Heilung und Gesunderhaltung, der Telekommunikation, der Wahrnehmung und Kinetik hervorgetan. Die Anwendungsmöglichkeiten sind zu vielseitig, um sie hier aufzuzählen.
Andere Kulturen mit anderen Magieformen haben da deutlich andere Institutionen und Anwendungsformen. In Hagoro, einem Boragoland der Ocarischen Küste, wird beispielsweise Klangmagie in Form von Musik praktiziert. Dort sind alle Magier Berufsmusiker. Ihre Magie ist insbesondere für die Beeinflussung von Gedanken und Gefühlen der Zuhörer bekannt, ein Umstand, der ihnen im Unabhängigkeitskrieg gegen Ranoro von großem Nutzen war. Dafür sind sie zu vielen Dingen, die in Lajrén als typisch magisch gelten, nicht in der Lage.
Schamanen, weise Frauen, Medizinmänner, Mysterienpriester wenden in vielen Kulturen Formen von Tanz-, Gesten- und Trancemagie an, häufig mit Zeichen und Symbolen kombiniert. Obwohl diese Kategorie einige Ähnlichkeiten aufweist, eben die genannten Formen, sowie ein weniger institutionalisiertes System ohne Schulen und magische Dynastien, sind sie doch in sich sehr unterschiedlich. Manchen dieser Fähigen ist die Heilung von schweren Verletzungen und Krankheiten möglich, andere können damit vor allem ihren eigenen Körper verändern und ihr Leben verlängern, wieder andere sind auf Flüche und Segnungen spezialisiert.
Die Schwierigkeit in der Erforschung der Magie besteht nun weniger darin, die einzelnen Formen zu erkunden, zu beschreiben und ihre Anschauungen wiederzugeben, sondern darin, die Gemeinsamkeiten und zugrundeliegenden Mechanismen zu erkennen. Denn was haben diese Formen wirklich gemeinsam?
Was ist eigentlich das Magische an der Magie?
Was unterscheidet einen Magier von einem Künstler, einem Athleten, einem Gelehrten, einem Potentaten?
Letztlich gar nichts, wie eine heiß diskutierte und scharf kritisierte jüngst veröffentlichte Theorie an der abstrusen Akademie behauptet. Jedenfalls nichts Grundsätzliches, sondern eher graduelle Differenzen. Doch dies ist ein Thema für den nächsten Teil...
Den Zahn find ich super skurril und lustig-interessant. Irgendwie erinnert mich das an die Karies-Geschichten aus dem Kindergarten.
Zur Ahnenverehrung von Jamarra: Wenn da jetzt zwei Leute heiraten und der eine bringt seine Ahnen mit und die andere auch und dann gibt es Kinder. Verehrt das Kind dann alle Ahnen? Wo sind dann die Tonfiguren? Und wenn die Gesellschaft nicht sooo riesig ist, sind ja irgendwann alle mit allen entfernt verwandt? Gibt es ein Unternehmen, das bei Haushaltsauflösungen die Tonfiguren rettet? Ein Ahnenbergungskommando? Oder was Staatliches, falls Leute im Staatsdienst sterben (Soldaten etc.)?
Die Familienkonzepte mit den Schiffen find ich cool. Ist der Schiffneubau auch stark sozial reglementiert? Vielleicht immer dann, wenn der Captain mehrere Söhne hat, bekommt jeder ein eigenes Schiff?
Nerracs Abstruser Scheiß - Eine Vorstellung magischen Ausmaßes, Teil 1
Auf vielfachen Wunsch der liebenswerten Leserschaft kommt außerplanmäßig das Thema von Hexerey und Zauberey, finstrem Teufelswerk und göttlichem Beistand aufs Tableau - kurzum, die Magie. Über die Magie Nerracs zu berichten, ist kein leichtes Unterfangen, und dies aus mancherlei Gründen. Zuerst und offensichtlichst ist es schwierig, sie zu beschreiben, da sie schwer zu greifen ist. Zweitens ist Magie nicht Magie, denn es gibt eine immense Vielfalt an Formen, Anwendungen, Anwendern und Erklärungen, die sich oft widersprechen oder ausschließen. Drittens führt dies dazu, dass überhaupt nicht klar ist, was alles unter dem Begriff der Magie zu fassen ist und was nicht. Je nachdem, welchen Fähigen man fragt, erhält man andere Antworten.
Fangen wir mit dem wenigen an, das wir allgemein wissen, wozu wir uns aus Gründen vor allem auf die Forschungsarbeiten der abstrusen Akademie stützen: Magie ist in der ganzen bekannten Welt vorhanden. Sie ist weder häufig noch selten. Magie wird von Lebewesen gewirkt. Sie ist mit ihnen verbunden. Inwiefern und ob sie sich auch auf Unbelebtes erstreckt, ist hingegen allgemein unklar. Im Laufe der Geschichte der letzten Jahrtausende ist Magie vielerorts präsenter geworden, mächtiger und häufiger. International nennen wir jene, die sie wirken, Fähige. Dies entspricht keineswegs den Eigenbezeichnungen, macht aber das Leben leichter.
Formen von Magieverwendern: Möchte man die Fähigen sortieren, können folgende Typen gebildet werden anhand der Frage, welchen Ursprung die Magie in den jeweiligen Vorstellungen hat:
Fähige von Gottes Gnaden wirken Magie in der Annahme, eine göttliche Kraft beschwören und lenken zu können. Hierzu zählen beispielsweise die serghalesischen Banlindés-Priester, die Priestermagier des nazcenischen Reiches und die Priester der Mysterienkulte der Borago der Ocarischen Küste.
Fähige im Kontakt zur Natur wirken ihre Magie angeblich, weil sie Kräfte der Natur selbst, jener ominösen, abstrakten Personifikation hinter allen Lebewesen, nutzen können. In diesem Verständnis sehen sich die Secarier, die glauben, der Planet selbst sei ein Lebewesen, dessen Kraft sie nutzen, aber auch viele Völker der Trolle und Oger hängen dieser Vorstellung an. Häufig werden sie als Schamanen bezeichnet.
Fähige aus eigener Kraft denken, sie tragen die Kräfte in sich und müssen sie erlernen und freilegen, um sie anwenden zu können. Sie schreiben ihre Macht also einer glücklichen Fügung und sich selbst zu. Vertreter dieses Typs sind unter anderem die modernen lajrénischen Magier, insbesondere der thaladischen Tradition angehörende.
Fähige dank beschworener Mächte glauben, dass sie Zugang zu fremden Dimensionen und Mächten haben, die nicht göttlichen Ursprungs sind und durch bestimmte Rituale beherrschbar werden. Unter den boragischen Mysterienkulten gibt es einige, die einer Vorstellung dieser Form anhängen. Über die Fähigen des westlichen Adaichin ist weniger bekannt, doch auch diese sind häufig den genannten Kategorien zuzuordnen.
Genauso sinnvoll erscheint es zudem, eine Kategorisierung zu bilden, auf welche Art und Weise die Magie von den Fähigen zustande gebracht wird. Eine unvollständige Liste: Sprachmagie wirkt mit dem gesprochenen Wort. Schriftmagie wirkt durch das geschriebene Wort. Gebetsmagie wirkt durch das Gebet an Göttliche Existenzen. Tanzmagie wirkt durch einen ausgeführten Tanz. Klangmagie wirkt durch Musik. Gestenmagie wirkt durch kleine oder große Gesten. Trancemagie wirkt in einem Zustand des Rausches. Symbolmagie wirkt durch Symbole und symbolische Gegenstände. Zeichenmagie wirkt durch (Schrift-)zeichen. Für eine Darlegung der Vielfalt soll dies einen ersten Eindruck bieten. Als nächstes steht an, sich den Grundannahmen und Abgrenzungsproblemen zu widmen.
Kommt aber auch auf die Technik an, die zur Fortbewegung vorhanden ist. Grundsätzlich stimmt das, was DrZalmat mit isolierenden Systemen wie Inseln sagt. Dazu kommt, dass Kulturen, die Landwirtschaft betreiben, grundsätzlich ortsansässig sind und bei nichtvorhandenen effektiven Reisetechniken besonders ortstreu. Sieht man z.B. daran, dass Dörfer meist einen halben Tagesmarsch voneinander entfernt sind. Das ist ein Indikator für den Radius des täglichen Lebens. Jedenfalls, wenn dann doch mal Reisen stattfinden oder sogar Migration, gerade bei Inseln, ist das ein prima Punkt, um neue Völker entstehen zu lassen. So nach dem Motto: Volk Apfel wandert von Insel 1 auf Insel 2. Auf Insel 2 wohnt Volk Birne. Jetzt wollen aber nicht alle Äpfel von Insel 1 runter (z.B. weil man Leute nur auswandern schickt, weil es zu wenig Ressourcen gibt, vgl. Kolonialisierung des Mittelmeers durch die Griechen), und schon hat man zwei Völker: die Grünen Äpfel bleiben auf Insel 1, die Roten Äpfel gehen zu Insel 2. Dort vermischen sich dann manche Rote Äpfel mit den Grünen Birnen und es gibt das Volk der Gelben Bipfel. Und das ganze kann man dann noch über einen langen Zeitstrahl mit mehreren Inseln verteilen.
Natürlich gibt es auch Gegentendenzen: Z.B. dass sich alle Völker einer Insel angleichen und in einem gemeinsamen Reich wohnen und sich dann nach ein paar Generationen als ein Volk betrachten. Oder Genozid oder inselüberspannende Reiche und Siedlungswellen.
Kurzum: Von 2 bis 100 Völker ist alles möglich. Zumal es ja noch so schöne Sachen gibt wie ethnische Minderheiten mit geringer Zahl an Leuten, Zwerginseln mit indigenen Gruppen, abgeschiedene Täler etc.
Und wenn du hier im Forum (haben wir dafür einen Thread?) erzählst, was dich anspricht und die Leute dann erzählen, wenn sie was in der Richtung kennen?
Ich glaube, dieser Ansatz heißt "top-down" und spontan fällt mir da der Youtuber Artifexian ein, der auch so bastelt. Allerdings hat er tatsächlich zwei Einstiegslevel, nämlich Astrophysik und Sprache. Von der Astrophysik ist er inzwischen bis zu den Klimazonen gekommen.
Hier mal von oben nach unten eine Liste von Dingen/Ebenen, die gerne von anderen ergänzt werden kann. Dabei handelt es sich um den Ansatz einer naturwissenschaftlich stichfesten Welt:
Sonnensystem (Sonne (physikalische Daten), Planeten, Anordnung, Trabanten, Habitable Zone
1) Ja, seit ich 15 war oder so. 2) Ja. "Drüben" sind einige im Adventskalender. Andere nicht. Die Welt entstand mit der Idee für Geschichten, konkret für eine superkitschige eragoneske Geschichte über einen Drachenreiter. 3) Ich entwickle hauptsächlich Hintergründe, wodurch Wohnräume für neue Geschichten entstehen. Ich hab festgestellt, ich denk mir lieber Hintergründe und Geschichten aus, als sie tatsächlich aufzuschreiben. Vermutlich, weil ich faul und unsortiert bin. Auf den Schreibprozess bezogen arbeite ich Hintergründe aus, wenn ich den Plot mache und bevor ich den Erstentwurf schreibe. Solange, bis es mich nervt und ich einfach anfange zu schreiben, dann arbeite ich währendher auch noch weiter aus.
Ich versuche mich beim Geschichtenschreiben am Konzept der verlinkten Geschichten. Ich habe nämlich nicht "die eine große weltverändernde epische Geschichte (tm)", die das Werk in Vorher-Nachher teilt, sondern viele Geschichten mit unterschiedlichem Fokus, Wirkradius und verschiedener Epik. Ich denke, das gibt der Welt mehr Diversität und Tiefe. Diese Geschichten möchte ich allerdings inhaltlich und teils personell miteinander verlinken. Die Hauptfigur in einer Geschichte ist z.B. Nebenfigur in einer anderen. Oder was die eine Figur in ihrer Geschichte tut ist Anlass für eine andere Geschichte. Oder sowas.
Wie allgemein bekannt ist, war das Nazcenische Reich, auch Nazcenor genannt, ein äußerst traditions- und geschichtsbewusstes Reich. Dies lag insbesondere auch an seiner Genese: Vom Propheten Nazcén Namazalar gegründet und von seiner Dynastie regiert, war der Kult um die Prophetenkönige, ihre Dynastie und ihre Religion integraler Teil des Staates.
Gemäß einer Prophezeiung Namazalars sollte das Reich bestehen, solange seine Nachfahren auf dem Thron saßen. Folglich war es allzeit von höchster staatlicher Relevanz, den Überblick über seine Nachkommenschaft, die Nazcéniden, zu bewahren. Dies wurde nicht gerade erleichtert durch den Umstand, dass diese zahlreich waren und zur Herrschaftssicherung des expandierenden Reiches mit vielen ausländischen Adligen verheiratet wurden, um diese zu integrieren. So wurde schon früh die Gilde der Schreiber gegründet, die fortan nach strengen Regeln die Nachkommenschaft prüfte und das Wissen darum aufbewahrte.
Diese verschlossene Gilde entwickelte zwar ein kompetentes System zur Speicherung und Darlegung von genealogischen Daten in ihren Archiven. Für die Öffentlichkeit war dies jedoch weder ansehnlich noch leicht nachzuvollziehen und schon gar nicht symbolträchtig. So entstand aus der Idee des Gärtners des Gildenhaupthauses heraus eine noch heute geschätzte Form der Darstellung: Die Prophetenbäumchen.
Dabei handelt es sich um speziell gezüchtete kleine Bäumchen im Format von Topf- und Kübelpflanzen, die, aufgrund ihrer symbolischen Form, einen Ahnenbaum bzw. Stammbaum verkörpern. Die dargestellten Personen werden dabei auf kleine Blätter geschrieben, die an die Äste gebunden werden. Jede Verzweigung der Äste steht dabei für eine Person, die mehrere Kinder hat.
Insbesondere die Prophetenbäumchen von Adelshäusern sind prächtig anzusehen und nehmen meist größere Ausmaße an, sodass sie gerne in Empfangssaloons, Innenhöfen und dergleichen präsentiert werden. Die Personen sind meist durch bunte Stoffbänder dargestellt, auf die die Namen gestickt werden. Die Zucht eines solchen Baumes benötigt recht lange und bedarf exakter Pflege und großer Kunst, um die richtige Zahl an Verzweigungen an den richtigen Stellen zu erhalten, unerwünschte zu entfernen und zugleich noch eine ästhetisch anzusehende Krone zu erschaffen.
Da es den Mitgliedern der Gilde der Schreiber verboten war, Reichtum anzuhäufen, um sie gegen Korruption zu stärken, gingen die Einnahmen aus dem Verkauf der bei Adligen beliebten Bäumchen direkt an den Staat. Da es für alle Nachfahren des Propheten wichtig war, ihre Abstammung zu bekunden, um sich so ihre Privilegien als Adel Nazcenors zu erhalten, lief das Geschäft für die folgenden Jahrhunderte ausgezeichnet. Schließlich wurde verfügt, dass die Einnahmen der Prophetenbäumchenzucht einem guten Zwecke zugute kommen sollten und wurden fortan aufgeteilt: ein Teil ging an das Historische Institut der Universität und ein anderer Teil an das Waisen- und Findelkinderhaus in Renaliac.
Heutzutage, über tausend Jahre nach dem Ende Nazcenors, sind Prophetenbäumchen weiterhin beliebte Status- und Ziersymbole in adligen und großbürgerlichen Häusern. Da sowieso fast alle Adligen mit dem Propheten verwandt sind, ist dieser Nachweis weniger relevant geworden und so gibt es für allerlei mögliche Abstammungen diese Bäume, sodass der Name im Grunde irreführend ist.
@Elder Scrolls: In der Hinsicht gefällt mir die Herangehensweise in der Gothic-Reihe, wo man sich durch Quests etc. mit EXP versorgt und dadurch levelt, statt durch learning-by-doing. Learning-by-Doing ist zwar zunächst ne logische und intuitive Form des Levelns, aber führt de-facto zu langweiligem Abarbeiten von Skilltrees, die leicht levelbar sind (Alchemie, Schmieden, Verzaubern). Und in den ersten Gothic-Teilen verändert sich die Spielwelt nachhaltig und direkt und Gildenzugehörigkeit fühlt sich wichtig an....aber das wird eine andere Diskussion.
Ich fand hier das Beispiel von Gerion/DrZalmat ganz passend, als seine Spieler mit den Wanderuhrwerken nicht umgehen konnten wie gewollt, weil es nichts in den Regeln dafür gab.
Ich seh das allerdings auf einer grundsätzlichen, systemtheoretischen Ebene: Ein Spielregelwerk muss, um seinen Zweck zu erfüllen, vereinfachen bzw. vereinheitlichen, indem es aus lauter uniquen, einzigartigen Einzelsituationen Kriterien herauszieht, um diese zu vergleichen und zu kategorisieren und den jeweils entsprechenden Regeln zu unterwerfen (Reduktion) und so die Folgen nach den gegebenen Algorithmen anzugeben (z.B. Würfeln). Ebenso bei Figuren, für die es Klassen und Werte etc. gibt. Der Reduktionsgrad ist bei Videospielen sicherlich größer als bei Tischrollenspielen, wo man im Notfall zugunsten der Situation die Regeln kreativ umgeht, aber doch überall vorhanden.
Das eben Beschriebene ist kein Sonderfall für Rollenspiele, sondern das Grundprinzip für alle Spiele, die nach Regeln funktionieren (Schach und andere Brettspiele, Kartenspiele, Schauspiel zu einem gewissen Grad, ...).
Um die Reduktion möglichst fehlerfrei, präzise und spielförderlich zu gestalten, ist es dabei natürlich wie oben behauptet sinnvoll, Setting (Welt) und Regeln aneinander anzupassen. Ich persönlich empfände es dabei halt als Verlust von Möglichkeitsoptionen, wenn ich die Welt an die Regeln anpassen würde, z.B. indem ich anfinge, Figuren in Form von Attributen und Fähigkeitswerten zu denken oder ähnliches. Es bliebe daher für mich nur die Option, das Regelwerk an die Welt anzupassen. Je weniger Reduktion ich aber will, umso mehr Kategorien, Sonderregeln und Werte benötige ich aber und dann wird das Werk schnell unhandlich, unpraktisch und wird nicht mehr im vollen Umfang angewendet.
Ein weiteres Beispiel für die Reduktion fällt mir gerade beim Schreiben ein: Magie in TES5 Skyrim. Dort sind fast alle Zaubersprüche auf den Kampf ausgelegt, sei es direkt, durch Helfer, durch Supportzauber etc. Und Magicka scheint die einzige Voraussetzung dafür. Intelligenz, Willenskraft, Sprachverständnis etc. spielen keine Rolle. Hier wurde ein Regelwerk so stark vereinfacht und die Reduktion so stark erhöht, um ein breites Publikum unterhaltsam anzusprechen (was auch gut funktionierte). Während mir das Zocken von Skyrim zwar auch gefällt, will ich meine Welt nicht so reduziert basteln. (Und auch in Skyrim hab ich Mods für mehr kreative Zauber, die leider meist auch auf den Kampf abzielen, da das Spiel letztlich nicht viel mehr bietet als Kämpfe und Sammeln)
Ich reiche mal den Vorschlag eines Freundes weiter, der mich sehr inspiriert hat (also der Vorschlag):
Wie wäre es mit einer schiefen Hauptachse bei einem Kontinent?
Die Kontinente haben ja primäre Achsen, also Nord-Süd oder Ost-West. Mir erscheinen diese Hauptachsen derzeit sehr orthogonal und es wäre interessant, mal eine etwas zu drehen, vielleicht so 10-25°. Ich hatte bisher nämlich auch lauter perfekt vertikale oder horizontale Hauptachsen und entsprechend auch die Küsten etwas zu quadratisch, praktisch, kartenförmig.
Ich lass das mal so als Anregung da.
Außerdem: Mein Beileid zum Datenverlust. Ich hoffe, deine Motivation nimmt dadurch keinen dauerhaften Schaden.
Wenn ich so die letzten Posts überfliege, wäre die dritte These mMn:
Welt und Regelwerk müssen zueinander passen (und hierfür muss das eine ans andere angepasst werden).
Ich als Nicht-Rollenspieler-Weltenbauer finde das einen wichtigen Punkt. Sogar den zentralen Punkt, warum ich auf Rollenspiele keine Lust habe. Ein Rollenspielregelwerk/System ist ja der Versuch, die Vielfältigkeit der Möglichkeiten zu ordnen, zu kategorisieren, zu bewerten und vergleichbar und reproduzierbar zu machen und dabei werden sie notwendigerweise vereinfacht, vereinheitlicht und gekürzt. Dieser Umgang mit der Vielfältigkeit der Möglichkeiten schreckt mich ab, ist aber für eine Spielbarmachung unumgänglich. Wenn man die Regelwerke miteinander vergleicht, stellt man vermutlich fest, dass die Systeme auf einer Skala einzuordnen wären, wie sehr sie diese Vereinheitlichung und Vereinfachung vornehmen, woraus resultiert, wie flexibel sie einerseits und wie ausbalanciert und detailliert sie andererseits sind.
Vermutlich findet sich eine analoge These auch für den Weltenbau mit Ziel des Geschichtenschreibens. Dort sind es dann keine Regelwerke, Skills und dergleichen, sondern Fragen der Dramaturgie, der Figurendarstellung und des Spannungsaufbaus.
Uff, so eine schwierige Frage. Der Blick aufs Bücherregal gibt folgende Welten als Lieblinge an:
Mittelerde, Zamonien, Temerant, Westeros/Essos, der namenlose Kontinent.
Mit Blick auf Videospiele kommen hinzu:
Tamriel und Myrtana.
Zwingt mich nicht, unter diesen ein Ranking zu machen. Ich kann nur sagen, dass ich Mittelerde und Myrtana am längsten erkunde (von kennen möchte ich nicht sprechen).
An Mittelerde gefällt mir die mit Händen greifbare Patina und die unglaubliche Stimmigkeit von Geographie, Kultur, Ethnie, Historie und Sprachen. Es wirkt auf mich gleichzeitig wie aus einem Guss, natürlich gewachsen und mit echter Tragweite und Alter versehen..oder Tiefe, je nachdem. Aus demselben Grund kann ich mit Elben, Zwergen und Orks in anderen Welten oft sehr wenig anfangen, weil diese für mich zu tolkienspezifisch sind und im Vergleich mit diesem meist den Kürzeren ziehen.
An Zamonien gefällt mir, dass es die größte, vielschichtigste, konsistenteste und schrulligste Crazy-Fantasy-Welt ist, die ich kenne. Crazy Fantasy ist für mich ein Subgenre, das besonders wenig Wert auf Logik, Naturwissenschaften etc. legt beim Weltdesign. Hierzu zähle ich auch z.B. Alice im Wunderland, Zauberer von Oz und dergleichen. Einfach zauberhafte Welten.
Das Gegenstück ist ernsthafte Fantasy mit den anderen genannten Welten, die einer inneren Logik, einer Kausalität und Konsistenz verpflichtet sind, die mit den fantastischen Elementen nachvollziehbar umgeht. Quasi "Alternative Earth + fantasy elements".
Temerant ist die Welt der Königsmörder-Chronik von Patrick Rothfuss, einem meiner absoluten Lieblingsautoren und großen Vorbilder. An dieser Welt gefällt mir einerseits die Konsistenz und Durchdachtheit, mit der er magische Dinge einbaut und zum anderen liebe ich seinen Schreibstil. Von dieser Welt würde ich gerne mehr erfahren. Auch gefällt mir, dass er ohne Elben und Zwerge auszukommen scheint.
An Westeros/Essos gefällt mir die große Nähe zur Historie und die Größe und das Konzept der sterblichen Hauptfiguren und die Grautöne bei menschlichen Hauptfiguren. Und natürlich Drachen, Riesen, Mammuts und so.
Auf dem namenlosen Kontinent lebt Hexer Geralt von Riva und mir gefällt hier der düstere, misanthrope Ansatz und die eigenwillige Umdeutung der Elben-Menschen-Beziehung sowie das Hexerkonzept.
Tamriel und Myrtana liebe ich vor allem als Spielzimmer und Sandkiste für erlebbare Fantasy, insbesondere Myrtanas Ruhrpottcharme, Tamriels Tiefe (die oft in den Büchern und daedrischen Bezügen steckt), den Freiheitsgrad beider und die atmosphärischen Details in Myrtana.
Allesamt inspirieren mich, schaffen eine Wohlfühlzone, die ich zum Basteln benötige, geben mir das Gefühl, nicht ganz allein und bekloppt zu sein und konkret dienen sie natürlich auch als Vorlage zur Nachahmung oder zur Darstellung von Dingen, die ich definitiv anders haben will. Also insgesamt ein gedankliches Wohnzimmer, einen Möglichkeitsraum, einen Vergleichshorizont.
Ich wünschte, ich könnte auch Pflanzen zeichnen, die nach was aussehen. Und auch die Verbindung zur kulturellen Nutzung ist sehr anschaulich und glaubwürdig und toll gemacht. Gefällt mir sehr gut!
Mir gefällt sowohl die Zeichnung als auch das Tier. Handelt es sich bei dem gezeigten Exemplar um ein älteres Männchen? (wegen des Bartes?)
Auf mich wirkt es ein bisschen wie die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau, da es ja Wolle, Fleisch und Milch liefert (und Hörner!). Steht das Waldschaf entsprechend hoch im Ranking der Nutztiere und erfährt auch kulturelle Zuwendung (so wie z.B. Pferde)?
Ich finde intelligente, weltraumfahrende Meeresschnecken interessant. Wie sind die denn kulturell überhaupt zugange? Haben die Greif-Extremitäten? Wie kommunizieren die? Oder machen sie es wie diese Parasitenschnecken, dass sie Wesen mit Greifarmen befallen, psychisch unterjochen und versklaven?
Ich finde die Karte gut und stimme der Idee mit dem Strand zu, allerdings auch nur dort, wo Sandstrände sind. Dadurch wird es noch glaubwürdiger. Und Flüsse! Jetzt weiß ich, was mir gefehlt hat.
Was Siedlungen angeht: Entweder du machst es ganz satellitenartig und das werden so graue Flecken (was ich nicht so schön fände und auch stilistisch nicht zu einer Fantasywelt passend erachte), oder du machst halt Symbole. Ist ja ne Karte, die arbeitet mit Symbolen.
Ich mag das torajanische Federfieh (tm)! Vom Stil, als auch von den Namen und Ideen her. Bei der Pose, in der der Steppenwolf gezeigt wird, frag ich mich unwillkürlich, ob er nicht etwas kopflastig ist, so vong Balance her?
Ach und: Comics in Inworldsprech sind ja mal richtig richtig toll! Bitte mehr!
Wow, der sieht echt nochmal ein oder zwei Level besser aus als die vorigen Zeichnungen! Erzähl mal was zum technisch-künstlerischen. Vielleicht kann ich ja was lernen?
Nach dem Ordnungskram hab ich im Nazcenischen jetzt 104 neue Vokabeln gefunden. Der Wortschatz wächst damit auf über 830. Vielleicht hab ich bald genug für einfache Texte.
Ich kenne auch Weltenbau und Weltenbasteln, analog im Englischen worldbuilding. Ich benutze die Begriffe bauen, basteln, erkunden, entdecken, herausfinden. Ich mag Weltenbasteln als Begriff nicht, benutze ihn nur aus Gewohnheit. Die Gründe hatte ich irgendwo schon mal beschrieben: es klingt für mich so verniedlichend, abwertend, verharmlosend und hypsch-aber-nutzlos. Und das ist ein Stempel, den diese Tätigkeit meiner Meinung nach nicht verdient. Außerdem habe ich den Eindruck, dass man das Hobby anderen Leuten besser vorstellen kann, wenn man es nicht "basteln" nennt. Zumindest habe ich persönlich den Eindruck, etwas ernster genommen zu werden, wenn ich sage "ich erfinde/arbeite an einer fiktiven Welt" als "ich bastel eine Welt".
Fortschritte beim Sprachbauen im Nazcenischen: Die Ordnung von Haupt- und Nebensätzen, die Syntax innerhalb von Nominalphrasen und die als ästhetisch geltenden Silben nach nastratischem Schema sind nun geklärt.
Anonyme Anderweltler? Ich mach direkt mal den Anfang...
Zitat von Tskellar im Beitrag #9"Jetzt bin ich doch schon erwachsen, und immernoch bastel ich" und "Ich bin zu alt um mich in eine fiktive Welt zu flüchten, ich sollte in der Realität leben und gefälligst Dinge tun, die ein Erwachsener tut"
Ich glaube, diese Sätze mit einem Gefühl/einer Erfahrung verbinden zu können. Und aus dem heraus behaupte ich mal ganz frech, dass diese Sätze nur gelten können, wenn man ein kindliches Bild vom Erwachsensein zugrunde legt, also eine Vorstellung, die man als Kind von Erwachsenen hatte. Meine persönliche Erfahrung ist inzwischen, dass dieses Bild sehr unzutreffend ist.
Ich selbst habe zum Beispiel Erwachsensein und emotionale Reife gleichgesetzt und dann gelernt, dass es zwei Paar Schuhe sind. Es gibt recht reife Jugendliche und unreife Erwachsene, reife Erwachsene und unreife Jugendliche und alle Nuancen dazwischen. Seitdem kann ich Menschen direkter, besser und persönlicher einschätzen, weil ich nicht mehr die kindliche Erwartung an sie stelle, dass sie ja soooo reif sein müssen (und viel mehr als ich).
Vielleicht kannst du bei diesen deinen Haltungen auch nachgucken, woher das kommt und feststellen, dass es nicht stimmt? Und z.B. mal eine Liste anlegen an Leuten, die definitiv erwachsen sind und definitiv nicht nur in der Realität leben und die auch damit erfolgreich sind (was auch immer Erfolg für dich hier heißt).
Zitat von Nharun im Beitrag #1„Ist das Weltenbasteln, oder kann das weg?“Der Weltenbau im Spannungsfeld zwischen Nutzen, Selbstzweck und Kunst
Für den Titel allein erhältst du schon mal Lobsbeeren. Genau solche Formulierungen kenne ich aus meinem Studium. Und die Sozialarbeit ist reich an Spannungsfeldern...
Den Rest führe ich mir jetzt nach und nach zu Gemüte...