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#31 Das Tentupan von Nharun 13.08.2019 20:51

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Die nächste Religion, die ich euch vorstellen möchte ist das Tentupan, bei dem es sich (vielleicht zur Freude von @Gerion) um eine Religionsgruppe handelt, die weder Existenz noch Nachleben als etwas zwingend Schlechtes ansieht.

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Das Tentupan


Was ist der Sinn des Lebens? – Ehre die Götter durch Opfergaben und angemessenes Verhalten
Was erwartet mich nach dem Tod? – Entweder das Paradies oder Hölle, je nachdem ob ich alle Rituale ausführte und mich betragen habe.
Zu wem bete ich? – Im Alltag eher zu den Kleingöttern, aber ansonsten auch zu den Hochgöttern.
Wie stets mit der Magie? – Die Magie ist eine Ausformung des in mir vorhandenen Rusa.

Eines und Viele


Das Tentupan, dessen Anhänger als Tupas bezeichnet werden, gehört zu den größten Religionen der Toraja, obwohl es strenggenommen keine einzelne Religion ist, sondern vielmehr für eine Reihe von Religionen die in Motan, Bhurnat, Sakâl, Mahat, Bhayu, Kiskâl, Mâriyar, Talmuk und Dari verbreitet sind. Diese Religionen überlagern sich teilweise mit gemeinsamen Traditionen und beeinflussen sich seit Jahrhunderten gegenseitig, unterscheiden sich aber besonders in ihren heiligen Schriften, Glaubenslehren, Götterwelten und Ritualen.
Eine wichtige Gemeinsamkeit, die als verbindendes Element der einzelnen Religionen verstanden wird, ist die Vorstellung vom Bhadi, der universellen Lebenskraft, die alles belebte der Welt verbindet. Die Verbindung rührt daher, dass alle Lebewesen und natürlichen Elemente eine gemeinsame Abstammung haben.
Ein weiteres verbreitetes Element stellt das Rusa dar, eine besondere spirituell-magische Kraft, die in bestimmten Menschen, Gegenständen und Orten vorhanden ist und die daher eine besondere Behandlung erfordern, die vom Bhotom, dem sozial-spirituellen Rang einer Person, abhängt.

Das Schalong-Tentupan – Die Religion der Götter und Tempel


Eine der Hauptströmungen des Tentupan ist das Schalong-Tentupan, das eine stark auf die Schalongas (~Priester) zentrierte Religion ist und für den Rest der Welt quais „das Tentupan“ darstellt und das äußere Bild der Religion prägt. Das Schalong-Tentupan gründet sich auf den Thiki, einer Sammlung heiliger Schriften, die im Kisbhar verfasst sind, einer heute nur noch religiös gebrauchten Sprache, die ihren Ursprung im antiken Bhurnat hat.
Obwohl das Schalong-Tentupan, wie die meisten Strömungen, animistische Grundzüge trägt, kennt es eine Reihe von Majapenas, „Hochgöttern“: Bharnapena (der höchste Gott und Schöpfer des Universums), Aisna (der kämpferische Dämonenabwehrer und Erhalter der Welt), Majagena (die große Muttergöttin, die das Leben hervorbringt), Kheri (der Gott des Firmaments und Wissens), Sabhoti (dem Zerstörer und Erneuerer) und Sanal Rusim (einem schlemischen, aber den Menschen meist freundlich gegenüber auftretenden Gott). In den einzelnen Kultgemeinschaften bilden diese Hochgötter oft eine Familie, auch wenn ihre Rollenzuordnung variabel ist; außerdem sind ihnen Gefährtinnen und Gefährten beigestellt, die Vinapenas („Kleingötter“), deren Namen oft lokal geprägt sind und mit regionalen Besonderheiten zusammenhängen.
Das Schalong-Tentupan ist stark ritualisiert und kennt so nicht nur zahlreiche rituelle Feste, sondern feste Riten, die täglich ausgeführt werden müssen. Hierbei wird zwischen den Dumavhriti, den vom Familienoberhaupt oder Hausherrn durchgeführten „Hausriten“, und den Majavhriti, den von den Schalongas im Tempel ausgeführten „Hochriten“ unterschieden. Ziel der Riten ist es das Rusa der verehrten Götter zu mehren, damit diese das Universum bewahren können.
Die starke Ritualisierung führt dazu, dass das Schalong-Tentupan mehr aus Pflicht, denn aus wahrer religiöser Überzeugung begangen wird und selbst die Schalongas in der Regel noch einer weiteren, eher spirituellen Strömung angehören. Allerdings gilt es auch als staatstragend, da es die Herrschenden legitimiert, denen man ein besonders starkes Rusa zuschreibt. Die strikte Einteilung der Gesellschaft in Bhotomul entspringt so ebenfalls dieser Strömung.

Das Uninaschan-Tentupan – Die Religion der beseelten Natur


Das Uninaschan-Tentupan als weitere bedeutende Strömung ist wiederum ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Volks- oder sogar Stammesreligionen. Es ist deutlich animistischer ausgeprägt als das Schalong-Tentupan, was sich in der Verehrung lokaler Landmarken oder heiliger Tiere äußert. In den meisten Ausprägungen dieser Strömung wird angenommen, das vergöttlichte Tiere, Helden, Naturkräfte und sogar Orte von Menschen Besitz ergreifen können. Das Ziel dieser Strömungen ist die Harmonie zwischen dem Menschen und seiner Umwelt, sodass Naturkatastrophen und Verderbnis als Zorn der göttlichen Umwelt verstanden werden, die mit bestimmten Festen und Riten beschwichtigt werden müssen. Bis vor hundert Jahren kam es im Rahmen dieser Strömung auch immer wieder zu Menschenopfern.

Das Khum-Tentupan – Die Religion auf der Suche nach Unsterblichkeit und Göttlichkeit


Das Khum-Tentupan stellt eine der bedeutenden spirituellen Strömungen des Tentupan dar. Es zeichnet sich durch die es praktizierenden, asketischen Khumbai aus, deren Ziel es ist durch meditative Praktiken ihr Rusa soweit zu steigern, dass sie die Identität mit Bharnapena und so mit dem höchsten Göttlichen erreichen. Die Khumbai versuchen ihren Körper durch Khum, die rituell-meditative Praxis, zu reinigen, wodurch sie letztlich nicht nur Einheit mit Bharnapena sondern auch Unsterblichkeit erreichen. Khumbai, denen man große Fortschritte oder sogar Erfolg auf diesem Weg zuschreibt, werden wie Götter verehrt.

Das Bhrid-Tentupan – Die Religion der heiligen Geburt


Das Bhrid-Tentupan ist eine weitere spirituelle Strömung, die im Gegensatz zu den männlich dominierten anderen Strömungen Frauen vorbehalten ist. Die Bhridaias verehren die Muttergöttin Majagena und glauben, durch besondere Riten reine und vollkommene Kinder zur Welt zu bringen. Die spirituellen Riten dieser Strömung sind daher sehr auf Empfängnis und Geburt zentriert und das Rusa wird stark mit der weiblichen Fruchtbarkeit assoziiert.

Das Ghren-Tentupan – Die Religion der natürlichen Harmonie


Das Ghren-Tentupan ist eine stark auf die Harmonie mit der Umwelt fokussierte Strömung. Der Mensch wird als Teil eines großen, natürlichen Ganzen verstanden und kann der Glaubensvorstellung nach seine Vollkommenheit durch die wahre Erkenntnis der urkräftigen Umwelt erkennen. In der Moderne beeinflusst diese Strömung Umweltschützer weltweit, auch wenn diese oft den spirituellen Teil vernachlässigen.
Die folgenden Zitate stehen beispielhaft für die spirituellen Ansichten des Ghren:

Zitat
Als ich am Morgen erwachte, erblickte ich fliegende Schwärme und wandernde Herden, lauschte dem Lied des Wasser sich in den Chorgesang des Morgens ergießen und weinte, weil ich die schönste Vollkommenheit all dessen erkannte



Zitat
Wenn es dir möglich ist, leg deine Hand auf den Rücken eines vorbeischwimmenden Wals: Was du fühlst, lehrt dich die Unbedeutenheit deines menschlichen selbst[/i]



Zitat
Es ist unausweichlich, dass du ein Teil der Welt wirst und weil du nicht Teil von etwas sein kannst, ohne darin verstrickt zu sein, umarme deine Verwicklung und schreite voran, sie anzunehmen



Zitat
Mit jeder Nahrung, die du zu dir nimmst, fließt das Bhadi der Welt durch dich und bereichert dich und wenn wir vergehen, nimmt die Welt uns auf und wir bereichern ihr Bhadi



Zitat
Die Welt ist ein Mantel, den wir um uns und in uns tragen in ewiger Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer aller Dinge



Zitat
Ghama träumte, er sei Wurm, und als er aus seinem Traum erwachte, erkannte er, dass er genauso ein Teil der Welt war, wie der Wurm.



Das Siphra-Tentupan – Die Religion der Erkenntnis


Das Siphra-Tentupan ist eine weitere spirituelle Strömung und gründet auf der Vorstellung, dass das Relative und das Absolute aufgrund der gemeinsamen Abstammung allen Lebens untrennbar miteinander Verbunden sind. Das Ziel des Siphra („Erkennens“) ist daher das Erkennen der höchsten Wirklichkeit. Dieses Siphra-Majanali soll durch die Ekstase des Höhepunkts beim Geschlechtsverkehr erreichbar sein, weshalb die rituellen Praktiken des Siphra-Tentupan, die Kokhas, um den Beischlaf kursieren. Obwohl Bharnapena als Verkörperung des aktiven Prinzips und Majagena als Verkörperung des passiven Prinzips verstanden werden, lehrt das Siphra-Tentupan weder eine Unterordnung der Frau unter den Mann noch rein hetereosexuellen Beischlaf – auch wenn die eine oder andere Auslegung, gerade in den eher oberflächlichen, modernen „Sekten“ in anderen Ländern dies so deuten will – sondern sieht diese nur als Sinnbilder einer kosmischen Wechselwirkung, die anteilig in jedem und allen steckt.

Paradies, Hölle oder doch Wiedergeburt – Was kommt nach dem Tod?


Den allgemeinen Vorstellungen im Tentupan nach, wartet nach dem Tod ein paradiesischer Ort der Belohnung, Ghajamaja, oder ein höllischer Ort der Strafe, Ortha, auf die Verstorbenen. An welchen Ort ein Verstorbener gelangt ist von seiner persönlichen Lebensführung abhängig, aber gerade im Schalong-Tentupan auch von der Einhaltung der persönlichen Hausriten und der Teilnahme an priesterlichen Hochriten abhängig.
Davon abweichend gibt es Vorstellungen, die das Erreichen Ghajamajas vom Rusa einer Person abhängig machen, weshalb gerade Personen mit geringem Bhotom keine Aussicht auf ein schönes Nachleben haben.
Eine eher esoterische Vorstellung ist die des Machom, der Wiedergeburt der menschlichen Seelen, Sama, je nach Lebensführung in einer Gestalt mit mehr oder weniger Rusa, wobei das höchste Ziel die Pemachom ist, die Wiedergeburt als Gott. Diese göttliche Wiedergeburt stellt den Endpunkt des zuvor anhaltenden Kreislaufs aus Leben, Tod und Wiedergeburt dar. Aufgrund der Hoffnung, die diese Lehre für die Bhotomas mit niedrigem Rusa darstellt, findet sie in den letzten Jahrhunderten aufgrund der zunehmenden Verstädterung und damit eingehenden Verelendung immer mehr Zulauf und beginnt zunehmend die Vorstellungen von Ghajamaja und Ortha zu verdrängen.

Magie und das Vischar-Tentupan


Magie gilt im Tentupan als Ausdrucksform des persönlichen Rusa, weshalb die Fähigkeit im Umgang mit Zaubern Rückschlüsse darauf zulässt. Die esoterische Strömung des Vischar-Tentupan vertritt sogar die Ansicht, dass eine Person durch das Studium der Magie ihr Rusa mehren könne. Die mit der Magie verbundene Verderbnis, wird im allgemeinen aber besonders im Vischar-Tentupan als ausgleichende Kraft des Universums verstanden, als das „Anti-Rusa“.
Diese Vorstellung ist mit dem „Mâd-Vâb-Prinzip“ verbunden, demnach die Welt der Menschen von den Göttern erschaffen und ein Bereich der göttlichen Ordnung und regelhaften Kräfte darstellt, Mâd, während das den geschaffenen Kosmos umgebene Anderdunkel, Vâb, die Sphäre des urtümlichen Chaos und der erratischen, willkürlichen Kräfte darstellt. Die Götter sind bestrebt darin, die Mâd aufrecht zu erhalten, denn nur so können Menschen und Götter existieren, doch ohne die Kräfte des Vâb drohte die Welt in ihrer Ordnung zu erstarren; so sorge das Vâb für Veränderung. Das Vischar-Tentupan nimmt an, dass das Bhadi aus dem Wechselspiel von Mâd und Vâb entsteht und nicht ohne das eine existieren könne.
Diese und ähnliche Lehren führen dazu, dass im Bereich des Tentupan verderbte Menschen und Lebewesen deutlich länger toleriert wurden, weil man in ihnen einfach nur Wesen sah, die Sanjani („aus dem Gleichgewicht“) geraten waren.




Die Verbreitung der Weltreligionen um 1979

Das kommt als nächstes: Der Yofan

Habt ihr fragen? Soll ich auf etwas, dass ich angerissen habe noch genauer eingehen? Ist etwas groß unverständlich? Seht ihr irgendwo Probleme? Teilt es mir hier mit!



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#32 RE: Das Tentupan von Elatan 13.08.2019 21:20

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Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viele unterschiedliche und interessante Religionen du hier eine nach der anderen raushaust; oft sind sie auf dem ersten Blick irdischen nicht unähnlich, aber es zeigt sich dann immer rasch, dass du etwas ganz eigenes geschaffen hast.

Mich würde interessieren, ob denn die Personen, von denen man annimmt, sie wären zu Göttern geworden, auch verehrt werden - und wenn ja; woher weiß man überhaupt, ob sie zu Göttern wurden?

#33 RE: Das Tentupan von Nharun 13.08.2019 21:27

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Zitat von Elatan im Beitrag #32
Mich würde interessieren, ob denn die Personen, von denen man annimmt, sie wären zu Göttern geworden, auch verehrt werden - und wenn ja; woher weiß man überhaupt, ob sie zu Göttern wurden?


Ja, diese Personen werden wie Götter verehrt; entweder erst nach ihrem Tod oder schon zu Lebzeiten. Woher man weiß, dass die Götter wurden? Nun, ich glaube das ist eine Frage des Glaubens.

#34 RE: Das Tentupan von Teja 14.08.2019 13:39

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Die vielen Religionen tragen sehr dazu bei, dass deine Welt noch lebendiger wirkt! Toll!

#35 Der Yofan von Nharun 15.08.2019 11:23

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Es folgt eine Religion, die zwar nur kleine Teile der Welt wirklich dominiert, die aber in der Moderne auch von Mitgliedern anderer Religionen mehr oder weniger ernsthaft praktiziert wird.

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Der Yofan


Was ist der Sinn des Lebens? – Den Yofan erkennen und ihm folgen
Was erwartet mich nach dem Tod? – Das weiß niemand.
Zu wem bete ich? – Gebete sind sinnlos, denn niemand hört sie
Wie stets mit der Magie? – Die Magie ist ein Ausdruck des Yofan.

Vanal und Kamal - Die universelle Regel


Der Yofan, „Weg“, ist die Macht des Diesseits, des Kosmos, die alles zusammenhält und alles fügt. Der Mensch kann sie erkennen, indem er seinen Lauf in der Welt beobachtet und so die Gesetzmäßigkeiten und Erscheinungsformenen dieses kosmischen Prinzips entdeckt. Er offenbart sich in der Natur, weshalb Natürlichkeit, Spontanität und Wandlungsfähigkeit zu seinen Merkmalen gehören und der Mensch die Harmonie mit dem Yofan erreichen kann, wenn er sich weniger auf seinen Verstand und bewusstes Handeln verlässt, und mehr intuitiv dem wirkenden Yofan anpasst.
Der Yofan unterwirft alles Seiende dem Wandel, nichts im Kosmos ist fest und von Dauer, das Werden und Wachsen, Vanal, aber auch das Verkümmern und Vergehen, Kamal, bestimmen die Welt. So verwirklicht jeder Bestandteil des Kosmos den Yofan und damit sein eigenes Wesen durch Wandlung und Veränderung. Den Wandel aufzuhalten oder sogar ihn zu lenken, gilt als größte Sünde gegen den Yofan. Der Gläubige, Anam, soll nichts erzwingen, nicht in den Lauf der Dinge eingreifen.

Zessam - Die universelle Tugend


Der Anam wird durch die Harmonie mit dem Yofan dauerhaftes und wahrhaftiges Glück erfahren. Wenn er sich zu sehr in weltlichen Angelegenheiten verstrickt, führt dies jedoch zu einem Abweichen von Yofan. Die Tugend des Yofan ist somit Gleichmütigkeit, vor allem gegenüber irdischen Gütern, Reichtum und Komfort.
Durch diesen Gleichmut, Zessam, strebt der Anam nicht danach seine Ziele durch Kraftanstrengungen zu erreichen, sondern eben dadurch, dass er den Dingen ihren natürlichen Lauf, eben den Yofan, lässt, sodass er das Ziel durch sein Nicht-Handeln erreicht.

Aschtra - Die Kosmischen


Arram, Vinari, Ikhar, Gali und Khar, die Aschtra („Kosmische“), wurden früher und werden zum Teil noch heute von außenstehenden als die Götter des Yofan missverstanden. Die Religion des Yofan kennt jedoch keine Götter, auch wenn der Yofan in der Theologie oft als das Göttliche, Diman, bezeichnet wird. Hinter den Kosmischen verbergen sich die fünf Planeten (deren Namen in der modernen Nomenklatur sogar daran anklingen): Arrimos, Vinara, Icharun, Galia und Charos.
Für die Anami offenbart sich in den Bewegungen dieser Planeten im Zusammenspiel mit Sarra (der Sonne), Itra (der Nachtsonne) und Fadikh (dem Mond) vor dem Hintergrund der 12 Himmelszeichen, Hattru, und 10 Himmelshäuser, Dirru, der Yofan.
Man glaubt, dass die Konstellation dieser Elemente zum Zeitpunkt der Geburt Aufschluss über den persönlichen Yofan einer Person gibt, aber auch dass sich in ihnen und besonders bei außergewöhnlichen Erscheinungen der allgemeine Yofan offenbart.
Die Anami sind daher geradezu besessen von Horoskopen, die sie Yofan Kalai („Offenbarungen des Yofan“) nennen, und in Nimira und der Mahamitischen Föderation, in denen der Yofan Staatsreligion ist, werden solche sogar angefertigt, um politische Entscheidungen zu treffen.
Aber auch im Alltag sind die Yofan Kalai von großer Bedeutung: So geben sie vor, welche Aktivitäten an welchen Tagen begünstigt sind oder vermieden werden sollten und das Geburtshoroskop bestimmt, mit wem eine Ehe möglich ist oder welche Berufe eingeschlagen werden können.

Sadria – Die Magie


Die Anami sehen in der Magie nichts anderes als eine der Wandlungskräfte des Yofan und somit als etwas höchst Natürliches und Notwendiges. Die Magie, Sadria, ist wie alles dem Wechselspiel von Vanal und Kamal unterworfen, weshalb sie schaffen oder zerstören kann.
Die äußere Rezeption hört an dieser Stelle meist auf, weshalb der Yofan häufig zu den magiefreundlichsten Religionen gezählt wird. Doch für die Anami bildet das oben Umrissene nur die Grundlage, weshalb der Einsatz von Magie in der Lebenswirklichkeit viel beschränkter ist, als es nach dem kurzen Eingangsabschnitt zu erwarten wäre.
Gerne wird von außen nämlich eines übersehen: Die Magie ist ein Ausdruck des Yofan und ihm damit wie alles im Kosmos unterworfen, für die Anami ist es daher geboten Magie nur unter dem Eindruck der Zessam, des Gleichmuts, zu gebrauchen und sie nicht dazu zu benutzen, andere Kräfte des Yofan zu hindern oder nur bestimmte Aspekte zu fördern. Die Magie gegen den Lauf des Yofan zu richten wird als Schattur bezeichnet, „das Abweichen (vom Weg)“ und stellt eine schlimme Versündigung nicht an den Menschen sondern am Kosmos dar, weshalb die Sittra („Abweichler (vom Weg)“) unerbittlich bestraft werden.
Die Sadria ohne Schattur zum Einsatz zu bringen ist so kompliziert, dass die Religion des Yofan trotz ihrer positiven Grundhaltung zur Magie eigentlich eine Religion des Magieverbots ist.
In Nimira und einigen Mitgliedsstaaten der Mahamitischen Föderation müssen Magier, Sadru, vor jedem Zauber einen astrologisches Gutachten bei einem Chalkru (einer Art staatlich geprüftem Astrologen) einholen, dass ihnen die Durchführung genehmigt oder verbietet.

Dissu – Der Tod


Der Dissu, Tod, ist für die Anami ein großes Mysterium, denn was ihm folgt entzieht sich der erfahrbaren Welt und damit dem Wirken des Yofan. Die offiziellen Schulen des Yofan lehnen Spekulationen über „das nach dem Tod“ ab, tabuisieren es geradezu. Doch in manchen Strömungen oder Sekten wird über Wiedergeburt spekuliert, manche behaupten es vergehe nur der Körper, während der Geist bleibe und einige esoterische Gruppen glauben, dass der Tod ein Zeichen dafür ist, keine Harmonie mit dem Yofan gefunden zu haben, denn wer die Harmonie erreiche würde unsterblich.

Heute sind Sie sehr kreativ – Der Yofan in der modernen Popkultur


Bist du eine Ratte? Ein Delphin? Ein Affe? Ein Kanufahrer? Oder vielleicht ein Pfeilfisch? Die Himmelzeichen und Himmelshäuser des Yofan haben es in den letzten Jahrhunderten geschafft, sich über große Teile der Welt zu verbreiten. In Tageszeitungen finden sich häufig Horoskope und viele Menschen kennen (vermeintlich) ihr „Sternzeichen“; doch bei der popkulturellen Yofan-Astrologie handelt es sich oft um oberflächliche, schlimmstenfalls missverstandene Interpretationen, weshalb die meisten gar nicht ihr Sternzeichen (im Sinne des Geburtszeichens der Anami) sondern nur das Sternzeichen ihres Geburtsmonats kennen.
Für die Anami ergibt so gut wie kein irgendwo sonst auf der Welt erstelltes Horoskop einen Sinn, aber viele Menschen lassen sich dennoch davon leiten.
Auch den Zessam hat man außerhalb des Yofan entdeckt, er gilt heute vielen Aussteigern als Begründung für ein entspanntes Leben und sich treiben lassen.



Die Verbreitung der Weltreligionen um 1979[Toraja] Religion, Philosophie und Weltanschauung (3)

Das kommt als nächstes: Das Atsuru

Habt ihr fragen? Soll ich auf etwas, dass ich angerissen habe noch genauer eingehen? Ist etwas groß unverständlich? Seht ihr irgendwo Probleme? Teilt es mir hier mit!



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#36 RE: Der Yofan von Teja 15.08.2019 11:34

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Ich mag diese Religion, auch ihre Einstellung zur Magie.

Ist das denn die einzige "popkulturelle Astrologie"? Oder gibt es noch andere?

#37 RE: Der Yofan von Nharun 15.08.2019 12:24

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Zitat von Teja im Beitrag #36
Ist das denn die einzige "popkulturelle Astrologie"? Oder gibt es noch andere?


Das weiß ich noch nicht, es ist bislang die einzige mir bekannte Astrologie. Generell wird den Sternen auf der Toraja etwas weniger Bedeutung beigemessen, denn die Hälfte des Jahres ist der Nachthimmel mehr oder weniger hell während die Nachtsonne scheint und man kann nur die hellsten Sterne überhaupt sehen, d.h. vor allem diese immer sichtbaren Sterne spielen eine Rolle, während die vielen Sterne, die man in klaren Nächten während dem Rest des Jahres sehen kann vielleicht eher mit jahreszeitlichen Riten oder mystischen Feiern in Verbindung gebracht werden. Die Yofan-Astrologie ist insofern schon ein Sonderfall und könnte aufgrund ihrer Komplexität durchaus andere, zuvor existierende regionale Formen verdrängt haben.

#38 Das Atsuru von Nharun 17.08.2019 21:11

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Nun ist die letzte der großen Weltreligionen an der Reihe: Das Atsuru, welches sich im westlichen Okaru ähnlich hartnäckig gegenüber dem Saiwaiya behaupten konnte, wie das Hiyoshi im südöstlichen.

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Das Atsuru


Was ist der Sinn des Lebens? – Führe ein Leben gemäß dem Atsuru, um dir einen Platz im Hellen Palast zu verdienen
Was erwartet mich nach dem Tod? – Wenn ich mein Leben gemäß dem Atsuru führte, erwartet mich mein Platz im Hellen Palast, andernfalls werde ich in die Dunkle Grube gestoßen
Zu wem bete ich? – Ich bete zu Tana, der meine Worte an die Götter weiterträgt
Wie stets mit der Magie? – Wenn die Zauberei gemäß dem Atsuru gewirkt wird, ist ist hell und gut, ansonsten dunkel und böse.

Atsuru – Der Weg der Rechtschaffenen


Das Atsuru, der „Weg der Rechtschaffenen“, ist die Bezeichnung für einen Kodex moralischer Grundsätze, welche Tana dem Propheten Sin Ra-Samun im Auftrag der Götter ins Ohr flüsterte, während dieser schlief. Die Offenbarung erfolgte der Überlieferung am 23.06. 57, weshalb die Entstehungszeit dieser Religion recht genau fassbar ist.
Der Kodex besteht in seinem Kern aus den Baban Si-Wen, den „sechs Tugenden“: Ya‘i Dze („Aufrichtigkeit“), Ku‘a Dze („Tapferkeit“), Uwan Dze („Menschlichkeit“), Rita Dze („Höflichkeit“), Ono Dze („Ehrbewusstsein“) und Roji Dze („Loyalität“).
Aus ihnen werden in den Oraka, den „Prophetenbüchern“, zahlreiche Forderungen an die Lebensführung abgeleitet, wie Gerechtigkeit, Ehrgefühl, Treue und Achtung, Fleiß, Reinheit, Geduld, Ausdauer, Bescheidenheit, Liebe, Etikette aber auch Härte und Kaltblütigkeit.
Die Sin Gadan, „Nachfolger Sin Ra-Samuns“, die Priester der Religion, sind vor allem Moral- und Sittenwahrer, die den Menschen die Botschaft des Propheten und die durch ihn von den Göttern übermittelten Forderungen auslegen und sie zur Einhaltung anhalten.

Tana – Der Götterbote


Da die Oni, „Ehrenhaften“, ihre Gebete stets an Tana richten, entsteht bei flüchtiger Betrachtung der Eindruck eines strikten Monotheismus und dieser Fehler wurde in der Vergangenheit auch häufiger gemacht.
Tana ist der wandelbare Mondgott, dessen Zeichen, die Mondsichel, auch das Zentrum des religiösen Symbols des Atsuru bilden: Von Tana gehen die sechs Tugenden aus. Bei Tana handelt es sich um einen den Menschen durchaus zugewandten, regelrecht freundlichen Trickster und so kursieren zahllose Mythen, Legenden und Geschichten über ihn. Sein wichtigster Tempel befindet sich in Ha-Ra, wo Tana in Form eines heiligen Steins verehrt wird.
Als Götterbote ist er der Mittler zwischen Menschen und Göttern und trägt so die Bitten der Sterblichen in den Himmel zu den Unsterblichen, die dort in ihrer strahlenden Feste, dem Schen-La, dem „hellen Palast“, wohnen. Da sich hier auch die Seelen der rechtschaffenen Oni nach dem Tod einfinden, kann Tana auch Kontakt mit den Ahnen herstellen.

Die Götter von Shen-La


Die Oni verehren Tanako als Schöpfer des Kosmos, höchsten der Götter und Vater Tanas und der übrigen Götter. Er ist der Herr des Shen-La und so erhaben und göttlich, dass die Menschen in seinem Strahlen vergehen würden und selbst die Seelen der Verstorbenen sich ihm nicht nähern können; sein Licht ist es, dass den Shen-La erhellt und das durch Sonne, Nachtsonne und Sterne auf die Schöpfung herabscheint.
Weitere Götter sind Huki Apame (die Feuergöttin), Hanawu (der Gott der Jagd und Herr der Tiere), Siram (der Gott der Pflanzen), Waka (der Gott des Wassers und der Meere) und Ate (die Göttin der Zeit und des Todes). Doch neben diesen großen Göttern gibt es eine Vielzahl weiterer Götter, die entweder nur regionale Bedeutung besitzen oder sogar nur in der Mythologie vorkommen und keine kultische Verehrung besitzen.
Ebenso gibt es eine Reihe vergöttlichter Heroen, die wie die großen Götter als Empfänger von Gebeten herhalten müssen: Ai-Sina (ein Krieger und Zivilisationsbringer), Ilong Mu (ein Gelehrter und Wissenschaftler), Ma Kali (eine gerechte Königin und tapfere Kriegerin) sowie Yano und Le‘ani (quasi Romeo und Julia) sind die wichtigeren unter ihnen.

Die Schrecken von Dzun Gong


Dzun Gong, die „dunkle Grube“, ist die Bezeichnung der Oni für das Anderdunkel. Ihrer Vorstellung nach werden die Seelen der Verstorbenen, wenn Tana bemerkt, dass sie nicht dem Atsuru gerecht wurden, in diese Grube gestoßen, anstatt nach Schen-La geführt zu werden.
Gemartert von den Dämonen des Anderdunkels, den Go-Bol, werden die unglücklichen Seelen irgendwann selbst zu Dämonen und streben nach Vergeltung an den Nachgeborenen, die sie für ihr Unglück verantwortlich machen. So erklären sich die Oni nicht nur das üble Naturell der Bewohner des Anderdunkels, sondern auch die Verderbnisse.

Bau-La und Dzun Bau – Die gute und die böse Magie


Magie, Bau, ist in der Vorstellung der Oni ein Geschenk, dass Tana den Menschen von den Göttern brachte. Wie jedes Werkzeug, so sagen sie, wird es durch die Hände dessen, der es benutzt, zum Guten oder zum Bösen verwendet. Zum Guten verwenden, das heißt sie im Sinne und zur Stärkung des Atsuru einzusetzen, sie fürs Böse zu verwenden, sie gegen die Prinzipien des Atsuru einzusetzen.
Das Dzun Bau, die dunkle Magie, ist so schändlich, dass sie die Kräfte von Dzun Gong heraufbeschwört, während das Bau-La, die helle Magie, rein ist. In der moderne führt dies dazu, dass die meiste Zauberei als Bau-La gilt, da sie wenig bis keine Verderbnis hervorbringt. Doch die Konservativen unter den Sin Gadan sehen nicht die Verderbnis als maßgeblich, sondern den Einsatzzweck; was bspw. dazu führt, dass Zauber zur Gedankenkontrolle Bau-La sind, wenn sie Loyalität und Gehorsam erzwingen, aber Dzun Bau, wenn sie zum Bruch dessen führen.



Die Verbreitung der Weltreligionen um 1979

Das kommt als nächstes: Das ist eine gute Frage

Habt ihr fragen? Soll ich auf etwas, dass ich angerissen habe noch genauer eingehen? Ist etwas groß unverständlich? Seht ihr irgendwo Probleme? Teilt es mir hier mit!



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So, das wären die neun Weltreligionen...
... welche ist eure liebste und warum? Welche könnt ihr leidenschaftliches hassen? Welcher würdet ihr euch als Torajaner anschließen?

#39 RE: Das Atsuru von Teja 18.08.2019 17:42

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Zitat von Nharun im Beitrag #38
Doch die Konservativen unter den Sin Gadan sehen nicht die Verderbnis als maßgeblich, sondern den Einsatzzweck; was bspw. dazu führt, dass Zauber zur Gedankenkontrolle Bau-La sind, wenn sie Loyalität und Gehorsam erzwingen, aber Dzun Bau, wenn sie zum Bruch dessen führen.


Demnach hält diese Religion erzwungene Loyalität und Gehorsam für gut, mit der Betonung auf Zwang? Zählt denn für den Glauben die Aktivität oder die Intention mehr? Also kommt einer, der nur durch Zwang die Gebote beachtet, ins Schen-La, auch wenn er innerlich nach den Definitionen der Religion ein schlechter Mensch ist?

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