Das Imaginarium » Bastelaktionen, Workshops & Tutorials » Speedbasteln » Einhundertneunzehntes Speedbasteln am 8. Januar 2020: Geisterstädte und andere Lost Places


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Das Thema lautet: Geisterstädte & andere Lost Places
Los gehts!

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Der folgende Beitrag kann Spuren von Namensplatzhaltern enthalten.
Das Ende
Daratim konnte seinen Augen nicht trauen. War das, was er vor sich sah, wahr? Er lief durch die Straßen, nach lebenden Seelen suchend, doch konnte er niemanden finden. Die Stadt war jedoch nicht leer. An jeder Ecke, in jedem Haus, in den Fahrzeugen, waren jene, die bezeugten, dass die Stadt vor wenigen Stunden noch bewohnt war.
Daratim rang nach Luft, als er am Haus seiner Eltern angekommen war. Es stand noch, vielleicht konnten sie noch leben? Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und eilte, so weit es sein Körper noch zuließ, nach oben. Das Haus sah anders aus, als er es in Erinnerung hatte. Vielleicht war es renoviert worden, während er dem Heim fern gewesen war?
Bei der Tür, die er als die richtige vermutete, brach er zusammen. Schnaufend erhob er sich und stieß die Tür auf. Die Wohnung war mit Brandspuren übersäht, vereinzelt lagen Scherben auf dem Boden. In der Küche bot sich ein Anblick, der ihm den Magen umdrehte: Zwei halbverweste Leichen, bei denen es sich um seine Eltern handeln musste, lagen nebeneinander auf dem Boden.
Daratim wandte sich ab und ging ins Nebenzimmer, wo er seinen Magen entleerte. Das war einfach zu viel! Wenn seine Eltern es nicht geschafft haben, wer von den anderen konnte dann noch leben? Er legte sich hin und starrte auf die angesengte Decke. „Was hat das Leben jetzt noch für einen Sinn..?“
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Major Barint rannte durch die Straßen, auf der Suche nach seinem Kameraden. Er merkte, wie ihm das Atmen schwer fiel, und sein Magen sich mehrmals umdrehte. Doch er konnte nicht aufgeben, bevor er Daratim gefunden hatte!
Er konnte nur raten, was hier passiert sein könnte, doch wenn er richtig lag, mussten sie die Stadt schnell wieder verlassen. Er konnte jedoch kaum glauben, dass die neue Technologie Gotros in die Hände gefallen sein könnte! Dass das mit Taranir geschehen konnte! Auch wenn er es besser wusste, so ließen ihn die Trümmer der Stadt den Anschein erwecken, woanders zu sein. Ein kleiner Schimmer Hoffnung, der ihn nicht aufgeben ließ!
Barint stürmte in ein Haus, das ihn an das Heim seines Kollegen erinnerte, und durchsuchte jedes Stockwerk, bis er ihn schließlich am Boden liegend fand. „Daratim! Wach auf, wir müssen hier weg!“ Daratims Gesicht war mit Blasen bedeckt; ein Blick in den nächsten Spiegel bestätigte ihm, dass es ihm selbst nicht besser erging.
Mit Mühen hob er seinen Kameraden auf und trug ihn die Stiege hinunter. Draußen angekommen, stellte er Kontakt mit seinem Kommandanten her, um mit dem Hubschrauber abgeholt zu werden. Wären sie nicht schon in der roten Zone gelandet, hätte er darauf verzichtet, doch so konnte er wenigstens das Überleben seines Freundes sichern – wenn es nicht schon zu spät war!
Als der Hubschrauber kam, bestätigte der Kommandant Barints Verdacht. Er versicherte ihm, alles dafür zu geben, die Truppe zu retten, auch wenn es unter den derzeitigen Umständen schwer werden könnte. Während der Oberst ihm noch etwas wichtiges sagen wollte, verlor jedoch auch Barint das Bewusstsein.
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Eine Stadt, teils in Trümmern, teils intakt.
Kein Überlebender, die Verstorbenen im Moment ihres Dahinscheidens überrascht.
Ein militärisches Einsatzkommando, das zum Heimatschutz in die Hauptstadt zurückbeordert wurde.
Soldaten, die eine zerstörte Heimat vor sich sehen, und ihren Lebenswillen verlieren.
Diese Geschichte trägt einen Irrtum in sich, der schwerwiegende Folgen haben wird. Doch was ist passiert?
Wir werden es sehen – in vier Jahren!
(Ein Blick in die Zukunft – Takluncia, 1990)

Die unsichtbare Stadt
In einer stürmischen Nacht im Nefelmacha erzählte ein alter Mann im Mjudechol zu Ruchaim an der narvischen Küste von Devaulja, der düsteren Insel draußen vor Küste, mit der Stadt, die es nicht gab. Seine Schilderungen waren lebhaft. Er berichtete so detailliert von den Wohnhallen, dem großen Festplatz und sogar der Ordnung in der dortigen Bibliothek, dass ich den Eindruck gewann, er habe die Stadt mit eigenen Augen gesehen, als sei er dort aufgewachsen. Bei vielen Orten, von denen er erzählte, wusste er die Namen der Bewohner und oft sogar eine kleine Anekdote zu erzählen, wie bei der Halle der Schiffsbauer: Der Horger Lamer habe einmal, als er noch spät in der Nacht an einem Schiff arbeitete, seltsame Geräusche gehört, von denen er zunächst annahm, sie kämen aus dem Holz. Er hatte schon drei Gebete zum Erlöser gesprochen, als eine Ahnung und ein Schluck flüssigen Mutes ihn dazu brachten, in den Schiffsrumpf hineinzusteigen, nur um seine beiden Jungs Gaiwig und Eskar beim Aale suchen zu ertappen.
Er wusste noch mehr zu erzählen und erzählte auch noch weiter, als ich mich, von der Müdigkeit überwältigt, ins Bett zurückzog. Doch mein Schlaf war nur kurz. Es waren nicht nur die Geräusche des Sturmes, die mich wieder und wieder aus dem Schlaf rissen, nein, es waren die Gedanken an die geheimnisvolle Stadt auf Devaulja, die mich nicht losließen. Ich blickte auf die Karte, doch kein Ort war auf dieser Insel verzeichnet, nicht einmal ein Anleger.
Am nächsten morgen wollte ich den Alten nach Weiterem befragen, doch er war fort und niemand konnte mir sagen wo er wohnte, oder sogar wie er hieß. Als wäre das noch nicht seltsam genug gewesen, wollte mir keiner im Mjudechol noch etwas über die Devaulja-Stadt erzählen – obwohl sie alle mit mir den Geschichten des Alten gelauscht hatten. Auch draußen im Ort konnte oder vielmehr wollte man mir nichts über eine Stadt auf Devaulja erzählen; mehr als ein „die Insel ist verlassen, da ist nichts“ konnte ich keinem entlocken.
Meine Neugier gewann nun vollends die Kontrolle über mich und ging hinunter zum Hafen von Ruchaim. Ich glaube, ich sprach mit jedem der Fischer und bot ihnen eine große Summe, mich nach Devaulja überzusetzen. Doch alle weigerten sich. Sie zogen es nicht einmal in Betracht, egal wie hoch der Betrag war, den ich ihnen in Aussicht stellte. Nunja, nicht alle. Da war ein Fischer, den der Sturm der letzten Nacht hart getroffen hatte. Die stürmische See hatte sein Boot aufs Land geworfen und dort lag es nun schwer beschädigt. Er war so verzweifelt, dass er mir ein kleines Beiboot vermiete.
Nachdem wir es ins Wasser getragen und er mir erklärt hatte, wie ich den Antrieb benutzen müsste, machte ich mich auf den Weg. Die Sinne sind trügerisch, musste ich bald feststellen. Denn obwohl man Devaulja von der Küste aus gut sehen kann, dauert die Fahrt dorthin doch sehr lange. Ich habe keine Erfahrung auf dem Meer, so dass ich nicht sagen könnte, ob es normal war, ich mich einfach geirrt hatte oder eine starke Strömung mein Vorankommen hinderte. Aber wie dem auch sei, obwohl ich noch vor Mittag aufgebrochen war, kam ich der Insel erst näher als es Abend wurde. Noch bevor es dunkelte und der Nebel sich auf die Insel zu legen begann, konnte ich die Insel sehen. Die grüne Insel, denn ich sah nichts als Grün auf der hügeligen Insel, wobei ich nicht sagen konnte ob es Gras oder ein anderer Bewuchs war, oder sogar Wälder, denn dafür war ich noch zu entfernt.
Bevor Nebel und Dunkelheit die Aussicht ganz verschluckten, konnte ich kein Anzeichen für eine Stadt ausmachen. Ich wusste, dass ich auf der Insel landen muss, denn ich traute mir nicht zu im Dunkeln die Rückfahrt zu wagen. Wie sehr bereute ich es, durchgefrorenen vom Nebel mich nicht ausreichend auf diese Fahrt vorbereitet zu haben. Zumindest waren im Notkoffer des Bootes Zauber für einige Notrationen und einen einfachen Witterungsschutz – ich würde die Nacht wohl überleben, es aber definitiv nicht bequem haben.
Die Küste von Devaulja entpuppte sich als felsig, von Klippen geprägt und ich brauchte Stunden um mit Hilfe des Scheinwerfers eine Stelle zu finden, bei der ich mit meinen zu spärlichen Kenntnissen anlegen konnte, ohne das ich drohte an Felsen oder Klippen zu zerschellen.
Es muss um Mitternacht herum gewesen sein, dass ich einen steinigen Pfad – oder das was ich im Taschenlicht dafür hielt – entlang stapfte. Der Zauber des Taschenlichts wurde bereits schwächer, meine Glieder steiften vor Nasskälte, dass ich in einer engen Klamm ins Stolpern geriet und fiel.
Zuerst dachte ich, ich sei zu heftig auf den Kopf gefallen, denn ich erwachte in einer Halle und erkannte im schwächer werdenden Taschenlicht die lange Tafel auf der noch Geschirr stand, sah Decken, Spielzeug – all das, was man in einer Wohnhalle zu finden vermutet. Instinktiv rief ich nach jemandem, doch niemand antwortete. Er später erkannte ich, das alles von Dreck und Moos bewachsen war. Doch obwohl ich neugierig war, war ich müde und mir war kalt. Ich wickelte mich in einige muffig-moosbewachsene Decken und nutzte den Witterungsschutz aus dem Notkoffer. Wider meinem Erwarten fand ich schnell in den Schlaf.
Am nächsten Morgen fand ich mich in der seltsamen Stadt auf Devaulja wieder, deren Häuser und Hallen fast so wirkten, als wären die Bewohner gerade erst aufgebrochen. Aufgrund der Erzählungen des Alten erkannte ich viele Orte, sah beinahe die Gespenster der Menschen durch die Straßen wandeln, auf Plätzen spielen und glaubte fast Lamer, Gaiwig und Esker in der Halle der Schiffsbauer hören können, in deren Werft sich noch immer ein unfertiger Schiffsrumpf befand.
Die Stadt war über und über von Ranken und Moosen bewachsen, die Mauern und Dächer so grün wie die Felsen – ich verstand warum man aus der Ferne keine Spur dieser Stadt auf der Insel zu sehen vermochte. Was war hier nur geschehen, dass die Stadt aufgegeben wurde?

Wenn Reisende der Straße am Nurnenwald entlang nach Norden folgen, werden sie, kurz nachdem sie Ribiken verlassen haben, die Ruinen von Colicaros erblicken. Wie eine Insel ragt der von der einstigen Festung gekrönte Hügel aus dem düsteren Wald empor und der Pfad, der zu führt, ist überwuchert und zeugt davon, dass ihn lange keiner mehr beschritt.
Der atamerische Magierfürst Menesander ließ die imposante Burg im Jahre 425 VZ errichten, nachdem seine Truppen dabei gescheitert waren, die Elbenstadt Elcira einzunehmen, da ihr Fürst die als Juwel des Nordens bezeichnete letzte Bastion der Elben von Alvaryn auf dem Festland lieber den Flammen als seinen Feinden überließ. Menesander entschied sich dagegen, die Stadt wieder aufzubauen, um sie zu seinem Herrschaftssitz zu machen und zwang stattdessen unzählige versklavte Männer und Frauen von den Stämmen der Stedthiad und Ribiker dazu, ihm eine Festung zu errichten. Doch nur kurz nachdem der Bau beendet war, erreichte Menesander die Nachricht, dass die Herrschaft der Magierfürsten in Atamerés ein blutiges Ende gefunden hatte, da das Volk sich gegen die untereinander zerstrittenen Zauberer aufgelehnt hatte. Menesander selbst konnte noch drei Jahre über den von ihm unterworfenen Norden herrschen, bevor auch er vor seinen eigenen Soldaten fliehen musst; nicht jedoch, ohne einen Fluch auszusprechen, der besagte, dass niemand länger als er selbst über Colicaros herrschen solle.
Die folgenden Jahre waren unruhig für die Garnison Colicaros’, die immer wieder mit den einheimischen Stämmen aneinandergeriet, aber den Norden inzwischen als neue Heimat sah und nicht mehr an Atamerés zurückdachte. Als nun jedoch im Jahre 377 VZ der atamerische Kaiser ohne einen Erben starb, sollten die Soldaten aus Colicaros zurück nach Atamerés kommen, um dabei zu helfen, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Sie verweigerten dies allerdings und erschlugen den Gesandten, was dazu führte, dass eine Strafexpedition unter dem Feldherrn Arales einige Jahre später nach Colicaros geschickt wurde, die allerdings keinen Erfolg hatte. Arales, der in Atamerés allerdings einige persönliche Probleme hatte, beschloss, nicht in Schande zurückzukehren, sondern konnte seine Soldaten dazu überreden, mit ihm nach Norden zu ziehen, um sich dort anzusiedeln und in Frieden zu leben.
Arales herrschte bis 369 VZ, doch hatten die Ribiker nicht die Untaten der Atamerer unter ihren Magierfürsten vergessen und es war ihnen völlig gleich, wer nun dort im fernen Süden herrschte. So kam es, dass der ribikische König Frigbeorn die Festung eroberte und Arales erschlug, um dort fast dreißig Jahre zu herrschen, bevor er eines Morgens mit aufgeschlitztem Bauch in seinem Schlafgemach gefunden wurde. Der Täter wurde nie gefasst und so konnten lediglich die Wachen hingerichtet werden, welche wohl geschlafen haben mussten, sodass ein Mörder zu ihrem Herrn gelangen konnte.
313 VZ tötete eine Seuche die meisten Bewohner Colicaros’ und den neuen König, was Platz für dessen Sohn Iserik auf dem Thron schuf, der als schrecklicher Tyrann in die Geschichte einging, der seine eigenen Söhne ermorden ließ, da er glaubte, sie würden gegen ihn intrigieren. Daraufhin ermordete ihn aus Rache seine Tochter Erndis im Schlaf. Aufgrund des Vatermordes sollte Erndis hingerichtet werden, wofür ein Jäger sie in den Wald führte; der Sage nach ließ er sie allerdings entkommen und niemand nahm es ihm übel.
Die nächsten Jahrhunderte wurde Colicaros nur noch von wenigen bewohnt und auch die Könige der Ribiker hatten kein Interesse mehr daran, die mächtige Festung als ihren Herrschaftssitz zu erhalten, da die Geschichte des Ortes mit zu viel Blut geschrieben war. Als jedoch im dritten Jahr nach der Rückkehr der Amnúrer aus dem Westen erneut Atamerer unter dem Kommando des späteren Kaisers Palandos in den Norden kamen, gewann Colicaros wieder an Bedeutung, da dieser gefangen genommene Ribiker dazu zwang, die Festung wiederaufzubauen. Er übergab sie allerdings seinem Feldherrn Decullur von Tiumea, da er selbst wieder nach Atamerés gehen musste, um die Unruhen dort niederzuschlagen.
Decullur war zwar ein fähiger Befehlshaber, doch wurde es ihm zum Verhängnis, dass in der Schlacht am Tadelith die Söhne des ribikischen Königs Thandol fielen, der daraufhin auf Rache sinnte, die ihm der amnúrische König Thyon ermöglichte, als er Colicaros nach einer einjährigen Belagerung, die in einer Meuterei endete, einnehmen und Decullur ausliefern konnte.
Die Amnúrer wollten Colicaros zunächst besiedeln, unterließen dies jedoch, da der Ort einen zu schlechten Ruf hatte. So kam es, dass Colicaros in den nächsten tausend Jahren verfiel und niemand die Burg noch einmal längere Zeit beherrschte, wenngleich es hin und wieder Ambitionen gab.
Doch auch, wenn niemand mehr zwischen den Mauern Colicaros’ lebt, so soll die Burg doch nicht unbewohnt sein und Reisende tun gut daran, ihr Nachtlager nicht in ihrer Nähe aufzuschlagen.

Wenn keiner zumacht, mach ich es halt: Aus für heute. Ab jetzt wird nachgereicht!

*Lobsbeeren verteil*
@Nharun: Das ist definitiv eine Stadt, über die ich mehr erfahren will! Was ist passiert, wer ist dieser alte Mann und warum spricht keiner über die Stadt?
@Elatan: Das ist ein interessanter Teil der Geschichte! Auch wieder schön, einen alt-bekannten Namen [Thyon] zu lesen!
Zitat von Elatan im Beitrag #6
Aufgrund des Vatermordes sollte Erndis hingerichtet werden, wofür ein Jäger sie in den Wald führte; der Sage nach ließ er sie allerdings entkommen und niemand nahm es ihm übel.
Erndis. So hieß Schneewittchen also wirklich! :O

@Chrontheon Zwei packende Augenzeugenerlebnisse. Die Details, die hier und dort erwähnt werden klingen nach einem Angriff mit einer schrecklichen Waffe, etwa einem Atomschlag oder ähnlichem. Ich weiß nur nicht, wie ich den dritten "Schnippsel" einordnen soll, ist es eine Prophezeiung? Die Werbung für einen Spielfilm oder eine Dokumentation?
@Elatan Ich finde es faszinierend, wie durch die Chronologie eines einzigen Ortes das Gefühl einer unglaublich dichten und interessanten Weltgeschichte entsteht, ohne dass es in ein künstliches "Zuviel" umschlägt. Das war sehr angenehm zu lesen!

@Chrontheon: Was ist denn das für eine schlimme Technologie?
@Nharun: Sehr mystyryös! Ich schließe mich Chrontheons Frage an.

@Chrontheon & @Elatan Danke für eure Rückmeldungen, aber ich glaube ich werde eure Fragen nicht beantworten, durch die Ungewissheiten behält die Geschichte ihr Mysterium und das finde ich ganz reizvoll.

@Chrontheon Ein Text der viele Fragen aufwirft!
@Nharun Ein unheimlicher Text, wo man sich dieselbe Frage stellt, wie der Erzähler. Was ist dort nur geschehen?
@Elatan Eine lange und blutige Geschichte. Kein Wunder, dass man sich Gruselgeschichten über diese Burg erzählt.

Eine Wand aus schwüler Hitze, voll von unbekannten Gerüchen und Geräuschen, das war Dirikas erster Eindruck, als sie das Landungsschiff verließ.Viel zu hell war es auch noch, immerhin spendete die Vegetation genug Schatten, als sie erst einmal das improvisierte Flugfeld verlassen hatte und den Weg zu den Ruinen eingeschlagen hatte. Es waren nur zehn Minuten zu Fuß, aber in diesem Klima war jede Bewegung schon eine zu viel.
Die Ausbilder hatten ein kleines Zelt am Eingang der Ruinen errichtet und Dirika nahm dankbar eine Flasche kaltes Wasser entgegen, als sie dort ankam. Sie trank gierig ein paar Schluck und kippte sich dann den Rest über den Kopf. Den anderen erging es nicht besser.
„Wie kann man so leben?“ fragte Tanis den Ausbilder.
„Man gewöhnt sich daran“, war die Antwort.
Dirika hatte sich unter eine der riesigen Pflanzen gesetzt – Bäume nannte man sie – und schaute zu den Ruinen hinüber. Inzwischen hatten sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt und sie konnte die zerstörte Stätte recht gut erkennen.
Massive graue Mauern ragten immer noch empor, wo die Vegetation sie nicht längst überwuchtert hatte. Ein paar rostige Metallträger ragten daraus hervor. Der größte Teil der Fenster war längst zerbrochen und hier und da steckten Bäume grüne Auswüchse hindurch.
„Seid vorsichtig, wenn ihr hinein geht“, erklärte der Ausbilder. „Diese Gebäude sind alt und jedes Jahr holt sich der Dschungel mehr zurück.“
Im Inneren war es zuerst viel zu dunkel, um etwas zu sehen. Kahle graue Wände, große Räume, viele Galerien und kleine Zimmer, bei denen die Wände fehlten. Überall lagen Glassplitter herum. Grüne Vegetation hatte sich ihren Weg hinein gesucht und die Wände teilweise zerstört. Dirika und Tanis kletterten durch die zerstörten Wände in einen Raum, in dem sie einige verrostete Metalltische mit alten Werkzeugen darauf fanden.
„Was das wohl für ein Ding war?“ fragte Dirika und deutete auf ein Gerät, das größer war als sie selbst, ausgestattet mit mehreren langen Greifarmen, die kraftlos herunter hingen.
„Das war ein medizinischer Roboter“, sagte Tanis und deutete auf die Werkzeuge, die um ihn verteilt waren. Die meisten waren schon so verrostet, dass man ihren Zweck nicht mehr erkennen konnte, doch bei genauerer Betrachtung waren einige vielleicht einmal Skalpelle gewesen.
Tanis hob einen dünnen Metallstab auf und hielt ihn hoch. „Das ist ein Bohrer“, verkündete er und ließ den Stab in einer Tasche verschwinden.
Dirika fröstelte trotz der Hitze. Die Ausbilder wurden nicht müde, ihnen zu erzählen, wie es früher gewesen war.
„Ich gehe zurück“, sagte sie und kletterte wieder durch den Spalt in der Wand zurück. Sie eilte durch die zerstörten Gänge. Es war ihr egal, dass ihr der Schweiß in Strömen ausbrach, sie wollte nur nach draußen und wieder zurück zu dem Zelt, in dem immer noch die Ausbilder warteten. Hinter sich fühlte sie, wie Tanis ihr eilig durch das Loch in der Wand folgte. Sie hörte ihn noch rufen, doch sie blieb nicht stehen.
***
Viel später saß sie im kühlen klimatisierten Landungsschiff und trank Fruchtsaft, den jemand aus einer der größeren Siedlungen hergebracht hatte. Die anderen unterhielten sich über ihre Funde in den Ruinen. Tanis saß am Ende des Tisches und schmollte immer noch, weil sie ihn allein gelassen hatte. Sie fühlte sich bedrückt deswegen und wegen dem unheimlichen Raum.
Sie stand von ihre Platz auf, um sich bei Tanis zu entschuldigen, als die Ausbilder hereinkamen. Sofort wurde es still.
Einer schaltete den Holoprojektor ein und ein Bild der Ruinen erschien, wie sie wohl früher einmal ausgesehen hatten.
„Vor langer Zeit war Kultain ein Ausbildungszentrum“, erklärte einer der Ausbilder. „Hier wurden die Kinder hergebracht, um zu lernen, sobald sie zehn Jahre alt waren.“
Er redete noch eine ganze Weile weiter, doch Dirika hörte ihm kaum zu. Für sie war unvorstellbar, ihre Familie zu verlassen, egal wie wichtig es war.
„Dirika!“ Sie schreckte hoch. „Warum sind wir heute hierher gekommen? Irgendeine Idee.“
Dirika schluckte. „Damit wir nicht vergessen, wo wir herkommen“, sagte sie.
Der Ausbilder nickte zufrieden. „Damit wir nicht vergessen, wo wir herkommen“, wiederholte er. „Vor nicht einmal hundert Jahren wurden unsere Vorfahren von den Menschen dorthin gebracht, um sie zu Sklaven zu machen. Vergesst das nie.“