Das Imaginarium » Bastelaktionen, Workshops & Tutorials » Speedbasteln » Einhundertfünfundfünfzigstes Speedbasteln am 27. Januar 2021: Verdeckte Invasionen

Wir werden in letzter Zeit ein bisschen schlusig, was das Speedbasteln angeht, daher will ich mal eine neue Herangehensweise testen: Ich poste hier einen Link zu einer Dudle-Umfrage für den nächsten Termin, ihr stimmt ab (und gebt euren Nick ein, damit es nachvollziehbar bleibt), ich schaue dann, wie Samstag um 18:00 Uhr das Ergebnis ist, passe den Threadtitel dann an und poste hier in den Thread wie gewohnt eine Ankündigung. Was meint ihr zu dieser Vorgehensweise?


Nun aber hat das Warten ein Ende! Am Mittwoch ist es wieder soweit; Vorbesprechung ab 20:00 Uhr im Chat, Startschuss hier um 20:30 Uhr!

Zitat von Aguran im Beitrag #3
Grundsätzlich gute Idee, leider war mir das etwas zu flott, konnte nicht mit abstimmen. Und habs auch erst heute angezeigt bekommen. img]
Ärgerlich, aber ab jetzt will ich die Umfrage auch früher starten. Das einzige Problem, das ich sehe, ist, dass sich die Umfrage dann ein bisschen mit dem aktuellen Speedbasteln in die Quere kommen könnte, aber ich glaube, davon sollte niemand hier überfordert werden.

EDIT: Umfrage gestartet.


"Du bist doch verrückt!"
"Nein, wir werden unterwandert, glaub mir!"
"Ich glaube, es ist besser du nimmst deine Tabletten"
"Aber, nun glaub mir doch, das heutige Thema lautet: Verdeckte Invasionen!"

Ein historisches Ereignis, in Fragmenten
„Dies ist der Beschluss, den der König fasst, im Namen der Götter und seines Volkes. Es soll verkündet werden, dass die Schiffe aus Kaphta die Häfen anlaufen dürfen und ihre Händler aus Kaphta ihre Waren am Hafen verkaufen und Waren vom Volk kaufen dürfen.“
- Königliches Edikt, 1139 NACH, Essam
„Mein Freund, die folgenden Worte sind nur für dich bestimmt, niemand anderes deiner Handelsexpedition darf von ihnen wissen: Vernichte dieses Schreiben, nachdem du es gelesen hast. Mit diesem Brief hast du eine Flasche erhalten, sorge dafür dass jede Ampha Getreide, die du nach Essam verkaufst, mit einigen Tropfen aus der Flasche bestrichen wurde; am besten an den Verschlussseilen. Mach dir keine Sorgen, weder dir noch deiner Mannschaft wird ein Schaden dadurch entstehen; frage dich zu deiner eigenen Sicherheit aber nicht, worum es sich dabei handelt. Im Vernehmen mit dem Geheimen Rat und der Isthiri werden dir ¼ deiner Schulden für diese Gefälligkeit erlassen. Dein Freund, N.“
- auf etwa 1143 NACH datierter Brief, der bei Ausgrabungen in Sor in einer Latrine entdeckt wurde.
„Dies ist der Beschluss, den der König fasst, im Namen der Götter und seines Volkes. Es soll verkündet werden, dass jeder Bauer auf einem Teil seines Ackerlandes, der nicht kleiner als 1/3 desselben sein soll, das Getreide aus Kaptha anbaut.“
- Königliches Edikt, 1145 NACH, Essam
„Der Botschafter aus Essam hat berichtet, dass der junge König sehr empfänglich für unsere Entwicklungshilfe ist. Um sein Volk vor weiterem Hunger zu bewahren, hat er angeordnet, dass alle Bauern unser ertragreicheres Getreide anbauen müssen. Es wurde auch angedeutet, dass er der Idee, Gelehrte zur Unterrichtung in fortschrittlichen Ackerbaumethoden, Landvermessung und -erschließung, willkommen zu heißen.“
- Fragment eines Berichts im Archiv des Äußeren Rates, Kaphta, etwa 1145 NACH
„Dies ist der Beschluss, den der König fasst, im Namen der Götter und seines Volkes. Es soll verkündet werden, dass jeder Bauer auf seinem Ackerland nur noch das Getreide aus Kaptha anbauen soll, um den Hunger unter dem Volk zu stillen.“
- Königliches Edikt, 1150 NACH, Essam
„Aufgrund der zahlreichen Sünden gegen die Heilige Menschenwürde verhängt die Regierung von Kaptha heute ein Embargo gegen Essam: Die Getreidelieferungen aus Kaphta werden bis auf weiteres gestoppt; die Kaufmannsgilden fordern eine Entschädigung für ihre ausbleibenden Gewinne.“
- Fragment einer Kaphtenischen Zeitung, Kaphta, 1154 NACH
„Hungersnot. Das kaphtenische Getreide gedeiht auf den essamitischen Äckern nicht gut, die Versorgung der Bevölkerung bricht zusammen. Das Volk geht auf die Straßen. Sie haben Hunger und machen den König verantwortlich.“
- Eintrag aus dem Tagebuch des Kaphtenischen Botschafters in Essam, 1155 NACH
„Die Kaphtenische Regierung hat, angesichts der humanitären Katastrophe in Essam und jüngster Reformen des essamtischen Königs, das Embargo aufgehoben. Neben großzügigen Hilfsleistungen, werden Kaphtenische Landwirtschaftsbeamte nach Essam entsandt, um die Bevölkerung beim Anbau des kaphtenischen Getreides zu unterstützen.“
- Fragment einer Kaphtenischen Zeitung, Kaphta, 1156 NACH
„Aufstand. Die Essamiten erheben sich gegen König und Adel, es scheint, dass sie vom Propheten selbst beseelt wurde. Auch diese Monarchie wird enden!“
- Eintrag aus dem Tagebuch des Kaphtenischen Botschafters in Essam, 1159 NACH
„[…] so ist es heute als erwiesen zu sehen, dass die Essamiten von ihren kaphtenischen ‚Aufsehern‘ mit den Lehren des Propheten Kur Kazdat gegen ihren einheimischen Adel aufgehetzt wurden. ‚Entwicklungshilfe‘ war hier, wie noch anderswo in Geschichte und Gegenwart nur ein Deckmantel für die Dscha’ilisten, ihre widerwärtige Demokratie unter die Ungebildeten zu bringen.“
- Aus einem Arvelischen Geschichtsbuch für den Schulunterricht; 1964 NACH
„Nach einer Reihe verheerender Hungersnöte, die auch durch die Unterstützung und Entwicklungshilfe Kaphtas nicht hinreichend behoben werden konnten, begehrte das unterdrückte Volk gegen König und Adel auf. Nach einem dreijährigen Bürgerkrieg wurde der Adel gestürzt und eine Regierung des Volkes unter den Lehren des Propheten gebildet; aus Dankbarkeit für die geleistete und die noch zu leistende Hilfe Kaphtas beschlossen die gewählten Vertreter des Volkes von Essam, Land und Volk unter den Schutz Kaphtas zu stellen.“
- Aus einem Qaftenischen Geschichtsbuch für den Schulunterricht; 1964 NACH
„Dies ist das Elixier, dass deinen Garten erblühen und die Bäume Früchte tragen lässt. Verteile nur einen Tropfen auf deinen Händen und bringe mit ihnen die Samen aus. Sie werden sprießen und gedeihen, ungeachtet des Bodens, in dem du sie aussäst. Aber höre die Warnung: Die Magie dieses Elixiers wird den Boden auslaugen und es wird auf lange Jahre nichts anderes dort wachsen, als das, was mit dem Elixier in Kontakt kommt.“
- Fragment aus einem Folianten über Landwirtschaftsalchemie, Kaphta, um 1100 NACH

Der Erste Kontakt
William Dyer starrte den Bildschirm an. Als das, was auf ihm nun zu sehen war, das erste Mal angezeigt wurde, war er sich sicher gewesen, dass es ein Fehler sein musste. Fehler passierten ständig, auch ihm, der eigentlich peinlich darauf bedacht war, dies zu verhindern. Gerade für ihn war es absolut notwendig, keine Fehler zu machen, denn wenn er einen Patzer machte, dann würden die Anderen sich bestätigt in der Ansicht finden, dass Will einfach nur ein technophober Sonderling war, den man getrost mit den Rednecks und Hinterwäldlern in eine Tonne stecken konnte, welche die letzten hundert Jahre komplett verschlafen hatten und jegliche kybernetische Verbesserung ablehnten. Für Will waren es ohnehin keine Verbesserungen. Er war in New York aufgewachsen, wo Armut und Kriminalität dafür gesorgt hatten, dass die Regierung der nicht mehr ganz so Vereinigten Staaten sich zurückgezogen und die Stadt sich selbst überlassen hatte. Armut war allgegenwärtig und dass die Leute das wenige Geld, was sie mal überhatten, in kybernetische Implantate steckten, machte es nicht besser. Er hatte erbärmliche Geschöpfe gesehen, deren menschlicher Kern in veralteten Maschinen steckten, für die es keine Ersatzteile mehr gab und auch keine Software-Updates. Als Will ein Kind war, hatte er die Fifth Avenue, Ecke 56th Street immer gemieden, an der ein in den Ruinen eines Wolkenkratzers lebte, dessen zerfetztes Synthfleisch einen Blick auf sein metallenes, rostendes Skelett und die Computerteile bot und der immerzu mit blecherner Stimme schrie, dass die Stimmen doch endlich schweigen sollten: Da die Neuroimplantate nicht mehr vom Hersteller unterstützt wurden, konnten alle möglichen Computerviren sich in seinem Gehirn einschleichen und mit Gott-wer-weiß-was überlasten.
Heute galt es als ausgeschlossen, dass einem so etwas passieren könnte, doch Will war immer schon ein Skeptiker gewesen und daher hatte er sich auch nie kybernetisch verändern lassen, was gerade für einen Computerspezialisten höchst ungewöhnlich war. Nach seinem Abschluss hatte ihn deshalb auch keine Firma genommen und er hatte sich einen Namen als Freelancer machen müssen – und es tatsächlich geschafft.
Und dass es nicht nur eine seltsame Eigenheit von ihm war, eine grundlose Paranoia und Angst vor der Entmenschlichung durch die Verschmelzung des Fleisches mit der Technik, bewies nun die Auswertung der Daten, die er hier auf seinem Computer hatte. Ein paar Leute waren ausgeflippt und hatten einen Amoklauf gemacht, ohne dass sich irgendjemand einen Reim daraus hätte machen können. Sie alle hatten mitten im Leben gestanden, hatten Freunde und Familien, die es sich nicht erklären konnten, warum ihre Liebsten plötzlich auf offener Straße, bei der Arbeit oder daheim beim Sonntagsfrühstück plötzlich zu mordenden Bestien wurden. Daher hatte sich die CSA schließlich an Will gewandt und ihn gefragt, ob er sich einmal die Gehirne der Amokläufer ansehen könnte – oder besser gesagt das, was in ihnen steckte.
Und daher war Will hierher nach Boston ins Hauptquartier der CSA gekommen, hatte einige Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnet und sich an die Arbeit gemacht, die Daten aus den Speichern der Gehirne anzuschauen. Schwierig war es bereits gewesen, sich überhaupt erst in sie hineinzuhacken, aber es hatte schließlich funktioniert; das wurde von den Herstellern der Implantate zwar immer als Unmöglichkeit dargestellt, aber offensichtlich war es das nicht. Das Bearbeiten der Daten der Neuroimplantate dagegen hätte wirklich unmöglich sein müssen. Doch auch hier kam Will hinein. Der Schreibschutz war quasi aufgehoben worden – und nicht von ihm. Er hatte gesehen, dass einige Änderungen vorgenommen worden waren. Diese Amokläufe waren keine Amokläufe von verwirrten Einzeltätern gewesen. Die Verwirrten waren lediglich die Waffen eines raffinierten Täters gewesen.
Will hatte versucht, herauszufinden, wer sich in die Gehirne eingehackt hatte und auch hier hatte er schließlich Erfolg gehabt. Anfangs hatte er geglaubt, dass das, was er herausgefunden hatte, Unsinn sein musste. Es konnte schließlich nicht sein, dass der Hacker sich irgendwo im Weltall hinter dem Pluto befand. Doch Will hatte es immer wieder überprüft und kam immer wieder auf dasselbe Ergebnis. Nun ja, nicht ganz dasselbe. Je länger die Tat zurücklag, von desto weiter weg war das Signal gekommen, das alles im Neurochip umgeschrieben hatte. Beim letzten Täter – oder besser gesagt Opfer – war das Signal schließlich von irgendwo beim Jupiter gekommen.
Will rieb sich die Schläfen und starrte die Lautsprecherboxen an. Der Nachrichtensprecher erzählte gerade davon, dass der Kontakt zu einigen Bergbauaußenposten zwischen Mars und Jupiter abgebrochen sei und sich nun China und Indien darüber stritten, in wessen Zuständigkeitsbereich es fallen würde, nach dem Rechten zu sehen.
»Und wie läuft's?«, fragte Agent Peterson. Der bullige Geheimdienstler war abgestellt worden, um dafür zu sorgen, dass William sich schön an alle Regeln hielt und auf keinen Fall etwas von dem, was er hier herausfand, an die Öffentlichkeit gelangte. Will drehte sich zu ihm um und er musterte Peterson. Der Mann war ein Cyborg. So wie die meisten Menschen. Will hatte plötzlich ein ungutes Gefühl.
»Ich muss das alles noch einmal durchgehen«, sagte er und begann, etwas zu tun, was ihn nicht nur seinen Job kosten konnte. Er würde dafür lebenslänglich in den Bau gehen. Gerade als er die Ergebnisse seiner Untersuchungen frei verfügbar für alle ins Netz laden wollte, hörte Will einen Knall. Er starrte den schwarz gewordenen Bildschirm mit dem Einschussloch an und hörte den zweiten Knall nicht mehr.

Uuund Ende! Heute gab es sogar ein paar Minuten mehr.

@Elatan Spannend und gruselig. Würde sich gut als Basis für einen SciFi-Thriller machen, reich das doch mal bei Netflix ein

@Nharun: Eine überaus perfide Strategie. Sehr schön, wie diese kurzen Ausschnitte aus verschiedenen Texten so ein Gesamtbild erzeugen!
Zitat von Nharun im Beitrag #9
@Elatan Spannend und gruselig. Würde sich gut als Basis für einen SciFi-Thriller machen, reich das doch mal bei Netflix ein :D
Das sollte ich definitiv tun.
