Der Hochzeitstag[Ist eher ein WIP, da ich es trotz der Zeit nicht geschafft hab, einen Schluss dafür zu schreiben, aber ich wollte nich zu spät nachreichen. Mi scusi.]
„Wissen Sie denn nicht, was heute für ein Tag ist?“, zitterte die Stimme hinter der halb geöffneten Türe. Das Gesicht des Wirtes war im Halbschatten des grauen Abends nur schemenhaft zu erkennen. Seine weit aufgerissenen Augen glühten jedoch.
„Es ist Sonntag, guter Mann“, meinte Serion trocken und blickte vielsagend zu Liva. „Oder haben Sie sonntags keine Gästezimmer mehr zu vermieten?“
„Sie sollten schleunigst hier verschwinden!“, rief der Wirt, sichtlich aufgebracht, hinter der Tür hervor. „Ich will keinen Ärger!“ Sein Versuch, die Türe zuzuschlagen, wurde von Serions Fuß gekontert.
„Wir ebenfalls nicht! Was wir aber möchten, ist wenigstens eine gute Antwort, weshalb Sie uns kein Zimmer geben möchten! Die Kutsche ist bereits gefahren und dieses Dorf ist wie ausgestorben, wie stellen Sie sich vor sollen meine Frau und ich von hier verschwinden?“
Kurz regte sich nichts, dann öffnete der Wirt den beiden die Türe und bot sie herein.
„Na geht doch“, murmelte Serion. Liva seufzte erleichtert.
Die kleine Empfangsstube, die sie betraten, wurde halbwegs von einer kümmerlichen Kerze erleuchtet, die beim nächsten Windstoß wohl ausgehen würde. Bis auf einen Tresen und eine Garderobe konnten sie nicht viel erkennen.
„Mein Guter, machen Sie doch bitte die Fensterläden auf, hier erkennt man ja seine Hand vor Augen nicht!“, schimpfte Liva, doch der Wirt überhörte sie gekonnt.
„Sie können eines der oberen Zimmer haben, für 100 Ker“, erklärte der Wirt, während er die Türe wieder schloss und mit mehreren Eisenschlössern sicherte.
„100 Ker für eine Nacht!? Welch Wucher! Wodurch rechtfertigen Sie diesen Preis?“, wollte Serion entrüstet wissen.
„Durch Ihre Leben“, meinte der Wirt. „Andere Zimmer werden Sie nicht finden und wenn Sie diese Nacht überleben wollen, schlage ich vor, dass Sie den Preis bezahlen.“
„Wollen Sie uns etwa drohen?“
„Ich will Ihnen einen guten Rat geben. Sobald Ihr Gepäck verstaut ist, werde ich Ihnen unten alles erklären. Es sei denn, Sie möchten die Nacht auf der Straße verbringen?“ Damit war das Gespräch für den Wirt beendet. Er führte den fluchenden Serion und die bestürzte Liva im Schein der schwachen Kerze nach oben.
Einige Zeit später saßen die Drei im leeren Schankraum des Gasthauses. Die meisten Stühle und Bänke waren auf die Tische gestellt, nur für sich und seine Gäste hatte der Wirt einige Stühle aufgestellt. Draußen musste die Sonne untergegangen sein, doch durch die verschlossenen Fensterläden konnten sie es nicht genau sagen.
„Also, was soll nun diese Geschichte mit unseren Leben?“, hakte Serion nach. „Was geht hier vor?“
„Heute jährt sich der Hochzeitstag von Saën und Naën“, sprach der Wirt mit bedeckter Stimme.
Serion und Liva schauten sich fragend an.
„Ist das nicht ein Grund zu Freude?“, meinte Liva.
„Ganz im Gegenteil. Es ist ein Grund zur Furcht. Sie haben Glück, dass sie vor Sonnenuntergang gekommen sind, sonst hätten sie auf der Hochzeitsgesellschaft tanzen dürfen.“
„Ich glaube, Sie müssen uns schon ein wenig mehr erzählen“, drängte Serion.
„Saën und Naën heirateten heute vor fast 100 Jahren, hier in der Dorfkirche. Es sollte ein wunderschöner Tag werden, die Sonne schien und es war recht warm. Fast das ganze Dorf war zusammengekommen, um zu feiern, nachdem das Paar frisch getraut war. Doch dazu kam es nicht mehr. Der Festzug, der von der Kirche zur Festwiese durch das ganze Dorf zog, kam niemals dort an.“
„Wie kann das sein?“, fragte Liva neugierig.
„Zuerst kippe Saën tot um, die aufgelöste Naën brach über ihm zusammen. Einer nach dem anderen fielen sie um, nur diejenigen, die nichts vom Festwein getrunken hatten, blieben stehen und konnten sich vor Entsetzen nicht rühren. Es heißt Naën hätte sie nochmal mit verzerrtem Gesicht erhoben und unter Tränen geschrien, dass ihr Weg noch nicht zu Ende sei. Dann blieb auch sie liegen.“
Liva hatte sie vor Schreck die Hände vor den Mund gehalten. Serion schien wenig beeindruckt.
„Ein Jahr später, am Abend ihres Hochzeitstages, hörten die übrigen Dorfbewohner Krach und lautes Geschrei, wie von einem Kriegshaufen. Als sie auf die Straße blickten, erkannten sie Saën und Naën, die einen Zug aus Schemen anführten. Sie sahen grässlich aus, Geister ihrer selbst. Diejenigen, die sich nicht schnell in ihre Häuser geflüchtet hatten wurden von ihnen eingeladen, sich der Hochzeitsgesellschaft anzuschließen und wurden ebenfalls zu Schemen.“
Serion musste lachen. „Sie wollen uns wegen einer Geistergeschichte bis aufs letzte Hemd ausnehmen? Ihre Angst ist ja überzeugend, aber wenn Sie glauben …“
Ein Schlag ließ die Drei zusammenzucken. Etwas war gegen die Fensterläden gedonnert. Serion blickte verwirrt Richtung Fenster. Irgendwo draußen hörte er eine Rassel, dann Trommelschläge. In den Lärm mischten sich nach und nach Rufe und Schreie von Menschen. Sie sangen fröhliche Lieder in einer schrillen Melodie, die nicht dazu passte. Die Fensterläden bebten.
Die Luft im Schankraum war bedrückend. Keiner wagte es sich zu rühren. Liva zitterte am ganzen Leib und versuchte krampfhaft nicht zu schreien, auch Serion konnte sich nicht aus der Umklammerung seiner Angst lösen und starrte auf die Fenster. Der Wirt hatte seinen Kopf gesenkt und die Arme darüber geschlagen.