(Ein etwas älterer Text aus einem meiner früheren Schreibversuche für einen Tenrasyl-Roman, würde heute einiges anders machen, auch im Bezug auf die Lesbarkeit. Dennoch, wer ein Faible dafür hat, viel Spaß beim Lesen )


Ghul Mrukas (Orklande) in der südlichen Folghurschlucht.
Frühling des Jahres …

„Branok, es ist Zeit Dich zu beweisen.“ Knarzig drangen die Worte des alten Schamanen und Lehrmeisters Radgern an die Ohren des noch recht jungen Orks, von vielleicht einmal zwanzig Dunkeln.
Er öffnete die pissgelben Augen und blickte in Richtung des Zelteingangs von welchem er die Worte seines Meisters gehört hatte, doch dieser war bereits wieder verschwunden. Branok gähnte herzhaft, wobei er seine beachtlichen Reißzähne und Hauer entblößte, als er sich dabei reckte zeichnete sich deutlich seine Muskulatur unter der kohlrabenschwarzen Haut ab, welche, im Gegensatz zu vielen seiner Artgenossen, mit nur einem sehr schütteren dunkelvioletten Fell bedeckt war. Dann erst richtete er sich zu seiner imposanten Größe von gut zwei Schritten auf und marschierte aus seinem Zelt hinaus.
Der Tag hatte bereits begonnen, wie sie wenigen und blassen Sonnenstrahlen bewiesen, welche es nur selten schafften den Grund der roten und felsigen Folghurschlucht vollständig zu erreichen, zumindest nicht in diesem Teil der größten Schlucht auf Meditress.
Unweit seines aus Wolfshäuten gefertigten Zeltes reichten sich viele ganz ähnlich gebaute Rundzelte aneinander. Die engen Pfade zwischen ihnen waren von einigen wenigen Pechfackeln erhellt, welche es zwar nicht schafften die dämmrige Dunkelheit in der Schlucht gänzlich zu vertreiben, aber diese schummrigen Lichtverhältnisse kamen einem Ork ohnehin viel eher entgegen als das gleißende Licht welches ihre Vettern die Elben bevorzugten.
„Der große Tag ist endlich da.“ Eine kahlköpfige Orkfrau im Alter Branoks neben ihn, sie war für orkische Verhältnisse bei weitem keine Augenweide. Viel zu ‚knochig’ und dabei auch noch viel zu großgewachsen. So konnte sie Branok stehend direkt ins Gesicht sehen, was sie auch ungeniert tat und ihn mit einem breiten Grinsen bedachte. „Du bist doch hoffentlich nicht aufgeregt Bruder?“ plapperte sie munter weiter.
„Ich brauche nicht aufgeregt sein, Bhalmor ist mit mir Kirja. Meister Radgern selbst sagte mir das ich von ihm gesegnet sei, so leicht wie mir die Übungen von der Hand gingen.“ brummelte er leise, während sie zusammen auf den Versammlungsplatz im Zentrum der Zelte zuliefen.
„Du darfst aber nicht vergessen was er auch noch sagte. Er sagte das Du Dich nicht allein auf diesen Segen verlassen dürftest, denn die Launen unseres Gottes sind unberechenbar.“ sie legte bei diesen Worten ihre Hand auf seine Schulter und bedachte ihn mit einem eindringlichen Blick.
„Was versteht ein Weib schon von solchen Dingen?! Die einzigen Gründe weshalb Du, ‚Schwester’, bei Radgern in die Lehre gehen durftest ist der das wir am selben Tag aus demselben Leib gekrochen sind! Ansonsten stünde es dir niemals zu überhaupt von einer Schamanenlehre zu träumen!“ knurrte er boshaft und schlug ruppig ihren Hand von seiner Schulter.
„Ich sorge mich nur um dein Wohl Branok…“ versuchte sie mit einem beschwichtigenden Tonfall etwas Schärfe aus der Situation zu nehmen, als sie jedoch von ihrem Bruder mit scharfen Worten unterbrochen wurde. „Mach Dir lieber Sorgen um Dich selbst, heute wirst du nämlich die Abrechnung für deine Anmaßungen erhalten. Ein Weib als Schamane?! Lachhaft!“
Er stieß sie derart ruppig beiseite, dass sie das Gleichgewicht verlierend und unkoordiniert mit den Armen rudernd in ein nahe stehendes Zelt stürzte und dieses fast umriss. Keuchend fand ihr Fall auf den Knien ein schmerzhaftes Ende. Als sie zu ihrem Bruder aufblickte, dachte sie einen kurzen Moment sie könne Reue in seinen Blicken erkennen. Jedoch verhärtete sich sein Blick fast augenblicklich wieder und er setzte sein Knurren fort.
„Das ist Dein Platz, auf den Knien vor den Männern des Stammes, gewöhn Dich besser daran. Mit der heutigen Prüfung endet dein Ausflug in die Welt der Männer, Schwester!“ Um diese Worte noch zu bekräftigen spuckte er vor ihr auf den Boden und schritt überheblich, mit einem selbstzufriedenen Grinsen, weiter in Richtung des Versammlungsplatzes.
Kirja biss leise knirschend die Zähne aufeinander, sie kannte diese Ausbrüche ihres Bruders schon lange genug und dennoch schmerzte es sie jedes Mal aufs Neue. Wenn die anderen Orks ihr dies an den Kopf warfen, berührte sie das nur wenig. Doch bei ihrem Bruder spürte sie jedes Mal erneut einen Stich im Herzen. Und dieser wandelte sich in Wut, als sie die leise tuschelnden und kichernden Schamanen an sich vorbeigehen sah. Erneut fühlte sie sich, wie in den vergangenen Tagen schon, als eine Aussätzige und nicht als Mitglied der Schamanenschaft. Sie wollte ihnen gerade einige unflätige Worte gegen die blasierten Köpfe schleudern, als sie eine alte faltige Hand sah, deren Finger in langen schwarzen Klauen ausliefen. Als sie aufblickte bemerkte sie das eingefallene und von tiefen Falten durchzogene Gesicht ihres Meisters, welcher sie mit einem milden Lächeln bedachte.
„Komm hoch Kirja, keiner meiner Schüler, nicht mal die Weiber müssen vor anderem im Dreck knien.“ Sie wusste genau dass ihr Meister nicht die Kraft hätte aufbringen können um ihr eine wirkliche Hilfe beim Aufstehen zu sein. Dennoch ergriff sie seine ledrige Hand, wäre eine Verweigerung doch einer Beleidigung gleich gekommen. Allerdings achtete sie beim Aufstehen sehr darauf dass der zerbrechlich gebaute, und vom Alter bereits stark gebeugte Ork davon nicht zu sehr in Anspruch genommen wurde. Als sie wieder aufrecht stand beugte sie respektvoll ihr Haupt.
„Gräme Dich nicht zu sehr. Wenn Du heute deine Prüfungen bestehst, wird Dir niemand mehr deine Weiblichkeit als Nachteil vorhalten.“
Leise seufzend blickte sie in Richtung des Versammlungsplatzes und fuhr sich über den kahl rasierten Kopf. „Und doch werden sie im Verborgenen immer darüber Lästern und…“
Mit einer herrischen Geste schnitt er der jungen Orkfrau das Wort ab, sein mahnender Blick tat ein Übriges dazu dass sie sofort verstummte. „Du bist etwas Besonderes Kirja, nicht nur das mit Dir, zum ersten mal seit langem, wieder eine Schamanin Einzug hält in unseren Kreis. Nein, du wirkst die Kräfte der Natur und Bhalmors anders als wir alt gediente. Ich habe es Dir schon einmal gesagt, und ich sage es nochmals. Du bist nach Ende Deiner Ausbildung zu großartigem bestimmt. Und auch Dein Bruder wird das eines Tages einsehen müssen.“ Die knarzig klingenden Worte des alten Schamanen umfingen sie wie warmer Honig und sie spürte wie die Zuversicht wieder Einzug in ihrem Herzen hielt, ein fein angedeutetes Lächeln zierte ihr Gesicht.
„Und nun lass uns endlich zum Versammlungsplatz gehen. Ich persönlich bin immer wieder aufgeregt wenn die Jungschamanen ihre Prüfungen erhalten sollen.“ Als der alte Schamane diesen Plauderton anschlug erinnerte sich Kirjia wieder an die vielen schönen Jahre der Ausbildung, die sie diesem alten Zausel zu verdanken hatte. Sie reichte ihm zuversichtlich nickend den Unterarm um ihn eine Stütze zu bieten, welche er dankend annahm. Und so kamen sie zusammen auf dem Versammlungsplatz an.

Schamanen aus allen Stämmen der Orklande hatten sich hier versammelt und bildeten ein buntes Bild, welches man nur selten außerhalb der schamanischen Versammlungen antraf. Die Grauorks mit den viel zu großen Äxten, aus den Nordbergen hatten eine Delegation entsandt. Ganz genauso wie die mit ihnen verfeindeten Steppenorks, der nordwestlichen Ebenen. Welche sich durch den besonders dichten und lockigen dunkelbraunen Pelz auf ihrer Haut auszeichneten.
Dazu kamen noch die verschiedensten Stammesverbände der Gluthäute aus dem feurigen Süden, deren Haut mit vielen rituellen aber auch ungewollten Brandnarben übersäht war.
Natürlich fehlten auch nicht die Stadtorks, die Folghurii und die Urdhanii, welche als einzige goldene und silberne Schmuckstücke trugen. Und dies noch dazu in einer Fülle, dass es so manchen Menschen die Gier in die Augen getrieben hätte.
Auch die Sumpforks aus dem Südwesten mit ihrer typischen Bekleidung aus Bast und Schilf hatten sich eingefunden.
Doch die Einträchtigkeit mit der die Schamanen beisammen saßen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einzelnen Orkvölker neben ihrer gemeinsamen Herkunft auch tiefe Gräben der Feindschaft trennten. Feindschaften welche teilweise seit vielen Generationen anhielten. So sah man deutlich das viele Orks sich gegenseitig versuchten so gut als möglich aus dem Weg zu gehen.
Zwar herrschte auf den Versammlungen der Schamanen Friedenspflicht für alle Beteiligten, aber es war ein Frieden auf einem Ölfass. Jedes noch so kleine Missverständnis konnte dazu führen, das sich die Schamanen gegenseitig den Schädel einschlugen. Und nur der Rat der Erzschamanen konnte diesen brüchigen Frieden, zumindest in der Zeit der Versammlung sichern.
Branok betrachtete, wie schon Tage zuvor fasziniert die verschiedensten Vertreter der Orkvölker. Vor dieser Zusammenkunft hatte er lediglich die Orks seines Stammes und nur selten welche aus den meist verfeindeten Nachbarstämmen kennengelernt. Was meist wenig erfreuliche Zusammentreffen waren.
Kirjia und der alte Radgern erreichten ihn ein wenig später und setzten sich wortlos neben ihn auf eines der zahlreich auf den Boden verteilten Felle. Als Branok seiner Schwester einen verachtenden Blick zuwarf und gerade dazu ansetzte ihr erneut einige sehr unfeine Worte, welche er sich zu Recht gelegt hatte, an den Kopf zu werfen hob sein Lehrmeister mahnend den knochigen Zeigefinger. „Wir sind Vertreter unseres Stammes Branok, denk daran und benimm dich entsprechend.“
Der junge Ork knurrte widerwillig und leise wobei er seinen Blick auf die Mitte des Versammlungsplatzes zwang, wo sich bereits drei der fünf Erzschamanen eingefunden hatten. Alle waren Orks mittleren Alters und mit den, für ihren Rang typischen Kronen aus schwarzen Obsidian geschmückt. Auch hatten sie alles abgelegt was ihre Volkszugehörigkeit verraten hätte.
Lediglich der Erzschamane Kurgusch war sehr deutlich an seiner von vielen Brandnarben verunzierten Haut als ursprüngliche Gluthaut zu erkennen. Und dessen eiskalten Augen betrachteten vor allem anderen Kirjia, prüfend, aber auch mit einer gehörigen Portion Verachtung.
Die junge Orkin begann kurz darauf zu frösteln und es fiel ihr schwer dem Blick des Erzschamanen lange stand zu halten, weshalb sie bald schon ihren Kopf demütig senkte.
Nach einer Weile kamen die letzten beiden Erzschamanen hinzu und das vielstimmige Gemurmel, welches eben noch den Platz erfüllt hatte, verstummte.
Die oberen Fünf tuschelten einen Moment leise miteinander und es wirkte so als würden sie über etwas angeregt diskutieren. Schließlich trat Kurgusch hervor und hob beide Arme an.
„Werte Brüder, ich möchte die Gelegenheit nutzen um meinen Unmut über einen Frevel an Bhalmor kund zu tun…“ er deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf Kirjia „Dieses Weib möchte in den erlauchten Kreis der Schamanen aufgenommen werden. Wir sollen es prüfen heißt es!“
Alle sahen zu der jungen Orkfrau hinüber und ein vielstimmiges Raunen ging durch die Menge. „Bhalmor hatte niemals gesagt das dieser Weg einer Frau nicht offen stünde!“ hörte sie sich selbst sagen und verfluchte sich im selben Moment schon dafür. Auch Radgern schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn und schüttelte seufzend mit dem Kopf.
„Wir haben dem Weib nicht das Wort erteilt! Aber es ist gut dass es sich so Vorlaut zeigt, zeigt es damit doch deutlich, dass es nur wenig von unseren Sitten hält! Was natürlich einer Befähigung, Schamane zu werden, widerspricht. Ich verlange das dieses Weibstück von den Prüfungen ausgeschlossen wird!“ tönte der narbige Ork immer lauter werdend über den Platz. Nicht wenige der versammelten Schamanen begannen daraufhin lautstark zu johlen und zu jubeln.
Branok grinste über das gesamte Gesicht als er diese Worte hörte und machte keinerlei Anstalten seine Häme vor seiner Schwester zu verstecken. Diese wiederum biss sich auf die Unterlippe als eine erneute Erwiderung über ihre Lippen drängen wollten.
Leise ächzend erhob sich Radgern und stützte sich dabei auf seinem Stock auf, das Jubeln und Johlen verklang sofort als er die Hand anhob. Zeitgleich nickte er seiner Schülerin aufmunternd zu.
„Bruder Kurgusch, Du bist ungerecht. Und Du setzt Dich mit deinen Worten über Bhalmors Willen hinweg. Denn es war eben Bhalmor, unser Gott, welcher dieses ungleiche Zwillingspaar erschuf.“ Bei diesen Worten deutete der alte Schamane auf seine beiden Schüler, welche keinen besonders begeisterten Eindruck machten. Branok hasste es immer zusammen mit seiner Schwester genannt zu werden, und Kirjia war das ganze Gehabe um ihr Geschlecht einfach zuwider.
Dennoch sprach Radgern weiter: „Beide wurden im Blutmond geboren und in beiden schlummert die Kraft Bhalmors. Es wäre viel eher ein Frevel gewesen Kirjia nicht auszubilden. Und heute, nach vielen Jahren der Ausbildung, unter meiner Obhut, ist sie soweit in unseren Kreis aufgenommen zu werden. Deshalb bitte ich die Versammlung darum zu bedenken, das wir im Sinne Bhalmors entscheiden müssen und nicht im Sinne persönlicher Vorlieben. Meine Schülerin Kirjia, wird eine großartige Schamanin werden, denn sie ging durch meine Schule. Eine Schule die von keinem der hier Anwesenden jemals angezweifelt wurde. Also zweifelt auch nicht an dem Produkt meines Schaffens.“
Die Schamanen begannen daraufhin angeregt miteinander zu diskutieren und Radgern setzte sich erneut neben seine beiden Schützlinge. Kirjia lächelte ihn dankbar an während Branok leise und verächtlich schnaubte und die Arme vor der Brust kreuzte.
„Oh, ich zweifle nicht Deine Schule an Bruder Radgern, ehemaliger Erzschamane. Aber ich bezweifle das dein Urteilsvermögen im Alter noch dieselbe Schärfe besitzt wie dereinst vielleicht in deiner Jugend! Das Weiber Magie wirken können, ist kein Geheimnis, aber das gibt ihnen noch lange nicht das Recht dazu sich Schamanen zu nennen! Außerdem sind Weiber ausgestattet mit zuviel Macht zu gefährlich! Oder muss ich Euch alle etwa an die Legende von Xinastra erinnern?“ rief Kurgusch nun gegen das vielstimmige Gemurmel an, in welches sich jedoch erneut der Jubel der Befürworter Kurguschs mischte.
Radgern stemmte sich erneut leise seufzend in die Höhe und stützte sich schwerfällig auf seinen knorrigen, mit bunten Federn geschmückten, Stock auf.
„Xinastra, hast Du selbst nicht erlebt Bruder, ich jedoch schon! In meiner Jugend, und ich sage dir Kirjia trägt absolut nichts von Xinastra in sich. Sie wird weder Bhalmor noch uns Orks jemals hintergehen. Doch wenn ihr denkt dass es nötig ist, so prüft ihr Wesen. Und ihr werdet erkennen, das meine Schülerin frei von jedem falsch verstandenen Eifer ist.“ erwiderte der alte Schamane ruhig, und dennoch schaffte er es das Gemurmel und den Jubel auf den Platz noch zu übertönen.
„Eine Prüfung des Wesens schwebt Dir also vor?“ Kurgush rieb leckte sich mit versonnen Blick über den abgebrochenen linken Hauer, bevor er mit nun feurigen Blicken die Arme von sich streckte um damit eine Geste zu vollführen welche alle Schamanen um ihn herum mit einschließen sollte.
„Ich sage nein, und jeder Ork mit Verstand wird es genauso sehen! Das Wesen eines Ork ist im steten Wandel, und verstellen kann sich jeder. Ich möchte etwas anderes vorschlagen.“ Der verschlagene Blick des vernarbten Orks schweifte zwischen Kirjia und Branok hin und her.
„Ich schlage vor das wir Deine beiden Schüler gemeinsam prüfen. Und zwar im Kampf, derjenige welcher den anderen besiegt, wird zum Schamanen ernannt. Dem anderen jedoch die Kraft entzogen und er wird verbannt.“
Branok sprang voller Empörung auf und es wirkte einen Moment als wolle er sich auf Kurgusch stürzen, besann sich jedoch eines Besseren und streckte mit einem leisen Knurren den Arm in die Höhe. Kurgusch grinste dreckig in Branoks Richtung und überließ ihn mit einer gönnerhaften Geste das Wort.
„Ich würde diese Entscheidung als unfair empfinden, was hat ihr Schicksal mit dem meinen zu tun? Nur weil wir aus demselben Leib gekrochen sind heißt das noch lange nicht dass ich mich diesem Weib in irgendeiner Weise verpflichtet fühlen muss. Verweist sie des Kreises und prüft mich, dann wäre der Gerechtigkeit genüge getan.“ Branok schluckte schwer als er die vorwurfsvollen Blicke seiner Schwester und seines Lehrmeisters auf sich ruhen spürte, dennoch er war fest entschlossen sich diesen Tag nicht von seiner Schwester nehmen zu lassen. Sie war nur ein Weib, sie gehörte nicht hier her.
„Nun, es waren doch die Worte Deines eigenen Lehrmeisters, dass wir uns dem Willen Bhalmors fügen sollten, das er selbst Deine Schwester erwählt hätte, mit Dir zusammen. Willst Du etwa andeuten das Bhalmor einen Fehler machte?“ Kurguschs Stimme nahm einen zuckersüßen Ton an und sein Grinsen glitt erneut ins Verschlagene ab.
„Ich… also, nein! Das wollte ich bestimmt nicht sagen aber ich…“ Branok versagte die Stimme. Niemals hatte ihn jemand in solcher Art der Ketzerei bezichtigt, und er wusste was es bedeuten mochte, wenn dieser Eindruck sich erhärten sollte.
„Dann stimmst Du also doch mit Deinem Meister und mit mir über ein das wir den Willen unseres Gottes zu respektieren haben?“
„Ja Meister Kurgusch, Du hast sicherlich recht.“ Murmelte der junge Ork kleinlaut und setzte sich ermattet seufzend wieder auf sein Fell.
„Bhalmor wird uns bei diesem Zweikampf zeigen ob er seine Entscheidung bekräftigt, oder aber nicht. Wer weiß, vielleicht gewinnen ja beide den Zweikampf, dann werde ich auch die Entscheidung ein Weib in unseren Kreis aufzunehmen akzeptieren. Denn dann sah ich Bhalmors Werk!“
Die Schamanen jubelten erneut, viele von ihnen gröhlten wie im Chor immer wieder „Zweikampf“ und damit war die Entscheidung gefallen. Die beiden Geschwister würden gegeneinander kämpfen müssen.
„Gut gemacht Branok, ich hoffe Du bist zufrieden mit dem Ergebnis. Bhalmor steh euch beiden bei, wenn Du nicht vorher weißt was du kluges zu sagen hast, dann sag lieber gar nichts!“ zischte Radgern leise in Richtung seines Schülers, dann nahm er die in den letzten Minuten immer bleicher gewordene Kirjia beim Arm und ging mit ihr in Richtung der Zeltstadt davon.
Branok blieb allein zurück und hing seinen Gedanken nach. Die weiteren Besprechungen der Schamanen bekam er nicht mehr wirklich mit. Bhalmor ist mit mir, er wird für mich entscheiden. Den Irrtum aufklären, ganz sicher.


Es war noch dunkel und empfindlich kalt als Branok, am nächsten Morgen auf dem Versammlungsplatz der Schamanen eintraf. Er hatte nur wenig geschlafen, denn konnte er sich wirklich Bhalmors Gunst sicher sein? Und waren es nicht auch Bhalmors Worte gewesen, das nur der Ork seine Gunst gänzlich sicher sein könnte, welcher sich auch und vor allem auf seinen Verstand verließ? So würde er es hier nun auch handhaben, es sollte keinen Zweifel an der Rechtmäßgkeit seines Anspruches geben, und seine Schwester würde in Ungnade fallen. Der junge Ork bleckte grinsend die Hauer bei den Gedanken an seinen bevorstehenden Sieg.
Er betrachtete den Duellplatz genauestens und begann mit bloßen Händen zu graben, seine Schwester würde ihn niemals aufhalten können, dafür würde er schon zu sorgen wissen, und Bhalmor war auf seiner Seite, das spürte er ganz deutlich.