Am Tag, als der Regen fiel, saß der junge Magier morgens in seinem Zimmer und sah missmutig aus dem Fenster. Er mochte keinen Regen. Er hasste das Gefühl von Nässe auf der Haut und hasste es jedes Mal von Neuem, bei diesem Wetter auf die Straße zu müssen.
'So kann das nicht weiter gehen', dachte er sich. 'Ich bin Magier, die ganze Welt liegt in meiner Hand, dagegen muss ich doch etwas tun können!' Also packte er seinen Rucksack und machte sich auf in die Akademie, um einen Wetterzauber zu suchen.
Triefend nass stapfte der junge Magier über die Pflasterstraßen der Stadt, bis er endlich die Akademie mit der angeschlossenen Bibliothek erreicht hatte. Fröstelnd schüttelte er das Wasser aus seiner Kleidung und machte sich an die Arbeit. Stundenlang brütete er über den Büchern, las Querverweise und langweilige Passagen über Wettermanipulation und ihre Auswirkungen, bis er sich sicher war, dass es für ihn keine Möglichkeit gab, so etwas zu erlernen. Auch wenn die Welt in seinen Händen lag, gab es doch keinen Magier, der schnell genug zaubern konnte um alle Effekte unter Kontrolle zu halten. 'Also gut!' dachte er sich. 'Ich frage einen Freund von mir!'
Am Tag, als der Regen fiel, lief der junge Magier gegen Mittag klatschnass zwischen den Marktständen der Stadt entlang, um einen alten Freund zu besuchen. Der alte Freund lebte etwas außerhalb der Stadt und leider fuhr keine Straßenbahn dort hin, also musste er ein gutes Stück durch den Regen laufen ehe er endlich dort war. Er hängte den vom Wasser schweren Mantel an einen Haken, ehe er seinen Kollegen begrüßte. „Du bist ein Technomant!“ sagte er. „Du kannst Maschinen bauen, die schneller zaubern als jeder Magier! Bau mir bitte eine Maschine mit der ich den Regen aufhalten kann.“
Sein Freund überlegte lange und begutachtete die Theorien und Abhandlungen, die der junge Magier mitgebracht hatte. Nach langer Planung war sich der Technomant jedoch sicher: „Das kann ich nicht! Meine Maschinen können vielleicht schnell genug zaubern, aber sie können nicht selbst denken. Wetter ist etwas zu Kompliziertes, dort kann man kein festes Schema anwenden. Doch frage einen Druiden, vielleicht kann dir so einer helfen!“
Am Tag, als der Regen fiel, schlurfte der junge Magier missmutig und klitschnass am Nachmittag zu einem nahen Hain, um den dortigen Geisterpriester, den dortigen Druiden, um Hilfe zu bitten. Wenigstens gab es dort eine kleine Hütte und so konnte er sich an einem Feuer aufwärmen, während er dem alten Mann sein Anliegen erklärte. „Ich kann dir nicht helfen!“ sagte dieser schließlich. „Zwar kann ich das Wetter beeinflussen, aber nicht so wie du es dir wünscht. Zudem dürfen wir das nicht einfach so ohne Grund tun. Das Wetter ist Teil der Natur und wir wachen über die Natur und kontrollieren sie nicht. Jeder Eingriff kann unvorhergesehene Folgen haben!“
Inzwischen war es Abend geworden. Der junge Magier machte sich traurig zurück nach Hause. Verwirrt und durchweicht kroch er durch die Straßen der großen Stadt und dachte nach. All seine Macht, alle Forschungen, alle Wissenschaft und Esoterik der Welt konnte ihm nicht bei seinem Problem helfen. Er fühlte sich hilflos und verlassen.
Am Tag, als der Regen fiel, begegnete dem jungen Magier eine einfache Magd im Schein einer trüben Gaslaterne. Er stutzte und schlug sich mit der flachen Hand auf die triefende Stirn. Die Magd trug einen einfachen Regenschirm...
An die Geschichte erinnere ich mich und sie ist immer noch toll! Sie erinnert an die (falsche) Geschichte darüber, wie die Amerikaner versuchten, einen Kugelschreiber zu entwickeln, der in der Schwerelosigkeit funktioniert, und die Sowjets einfach einen Bleistift benutzten. Ist die Geschichte denn in deiner Welt wahr, oder ist sie eine Story, die man sich ebenso erzählt wie in unserer Welt die mit dem Kugelschreiber?
Eine schöne Moral auf jeden Fall; warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Zitat von Elatan im Beitrag #2Ist die Geschichte denn in deiner Welt wahr, oder ist sie eine Story, die man sich ebenso erzählt wie in unserer Welt die mit dem Kugelschreiber?
Es ist eine Parabel in meiner Welt, also nicht wahr. Sie soll einfach nur sagen: überdenk Sachen nicht, es gibt immer einen einfacheren Weg und vor allem: nutze nicht unnötig Magie wenn es auch anders geht
OutWorld hab ich die geschrieben weil mich in den Rollenspielgruppen in denen ich war genervt hat dass die erste Frage der Spieler, wenn es darum ging ein Problem zu lösen, war: Hat der Magier nen Zauber dafür? Das hat vieles ziemlich langweilig gemacht imho...
Ich mag deine In-Welt-Parabel, weil sie nicht nur eine Botschaft vermittelt, sondern auch noch Elemente deiner Welt vorführt. Außerdem gefällt mir das wiederholende Element.