Zylinderwelten, Träne der Götter, Kugelkontinente Orbret, Forschungskomplex MZZ-1701-alpha
[WBO 2018]
Die Gebirgsklopfkäfer der Tiefen Zwerge
(aus: Händlergilde von Mittelstett (Hg.), Nutzvieh der Träne, Mittelstett Jahr der Vampirschildkröte, p. 53-59.)
Selten eignen sich Insekten zur Domestizierung. Selbst ein Imker bietet seinen Tieren einfach einen geeigneten Raum für den Nestbau, erntet einen Teil des Nektars und lässt seinen Bienen ansonsten ihre Freiheit. Versuche weitergehender Domestizierung von Insekten sind meist fehlgeschlagen, manchmal mit spektakulärem Ergebnis. Erinnert sei hier nur an die Versuche, Ameisen zur Bodenverbesserung einzusetzen, die zum wohl höchsten Ameisenhügel der Götterträne geführt haben und einen guten Teil der Bevölkerung Mittelstetts mit der Beseitigung der Folgen beschäftigte.
Zu den seltenen Ausnahmen gehören die Klopfkäfer, genauer die Gebirgsklopfkäfer. Diese Tierchen, die uns so ganz und gar nicht putzig erscheinen, sondern aufgrund ihrer großen äußerlichen Ähnlichkeit zur gemeinen Küchenschabe gewöhnlich Ekel hervorrufen, haben eine Kommunikationsform entwickelt, die auch Wesen höherer Intelligenz verstehen können. Mehr noch, durch diese Kommunikationsform ist es möglich auch den Insekten Nachrichten zu vermitteln und sie so zum Nutzen des Bergbaus zu lenken. Denn die Gebirgsklopfkäfer leben in Höhlen unter dem Gebirge und wurden von den Tiefenzwergen domestiziert, deren ganze Lebensform auf dem Bergbau beruht, während dies bei anderen Zwergen oft nur die Wirtschaft betrifft.
Im Aussehen gleichen sie fast größeren Exemplaren der schon erwähnten Küchenschabe. Nur ist die Farbe ihres Panzers bleicher und sie besitzen im Nacken einen kleinen Leuchtpunkt, wohl der Grund, warum sie nicht wie andere Höhlenbewohnende Insekten ihre Farbe ganz verloren haben.
Die erwähnte Kommunikation erfolgt auf zweierlei Weise. Zum Einen klopfen sie auf die Panzer anderer Tiere, die nun aus dem Rhythmus das Gemeinte erkennen können, zum Anderen klopfen sie, dann jedoch nicht individuell, sondern in großen Gruppen, auf den Boden. Während wir diese zweite Methode nur beobachten können, müssen die Tastsinne der Klopfkäfer so empfindlich sein, dass sie das Klopfen noch durch mehrere Meter Gestein erspüren können. Aufgrund unserer seltenen Kontaktmöglichkeiten zu den Tiefenzwergen können hier keine genaueren Angaben erfolgen. Es ist uns nur bekannt, dass getestet wurde, wie weit die Käfer auf diese Weise kommunizieren können.
Die Zwerge nutzen dies, indem sie mit einzelnen, etwas versteiften Borsten rhythmisch gegen die Panzer der Tiere klopfen oder ebenso rhythmisch mit einer Art Spezialbesen, deren Borsten sehr weit auseinanderstehen, auf den Boden, gegen die Decke oder vor die Seite eines Minengangs klopfen. Sie reden tatsächlich von 'Klopfen' oder gar 'stampfen', obwohl doch viel zartere Berührungen gemeint sind, da die Gebirgsklopfkäfer zu starke Signale ignorieren. Begreiflicherweise können die Zwerge durch stärkeres Klopfen größere Strecken festen Gesteins überbrücken als die Käfer, wenn sie in Kauf nehmen, dass ihre Nachrichten nur von Käfern verstanden werden, die so weit entfernt sind, dass die Signale nicht zu stark sind.
Die Mitteilungen der Käfer zu verstehen, ist etwas komplizierter. Natürlich kann das Klopfen eines oder mehrerer Tiere einfach beobachtet werden. Doch bedarf es schon einiger Arbeit mit den Tieren, bis diese ihren Fluchtreflex überwinden können und den Zwergen nicht mehr ausweichen. Ein höheres Ziel ist schon, zu erreichen, dass Käfer gegen den Finger eines Zwergs klopfen. Dies gilt allerdings für einen Meister dieser Kommunikationsform als selbstverständliche Voraussetzung und gehört zur noch zu beschreibenden Eignungsprüfung. Technischer Natur ist hingegen eine Vorrichtung, die es erlaubt, das Gruppenklopfen der Klopfkäfer durch dazwischenliegendes Gestein wahrzunehmen. Die Vorstellung von Zwergen, die mit Höhrrohren das Gestein abhören, wie es in letzter Zeit die kleinen Jahrmarktstheater zeigen, ist hier völlig abwegig. Die genaue Funktionsweise wollten oder konnten die Zwerge, die uns besuchten, bisher nicht preisgeben, doch kommt dabei kleinsten Federn, einer Membran, etwas Wasser und ein wenig 'Kork' eine Funktion zu. Wahrscheinlich funktioniert es ähnlich einer Erbsenprobe bei einer Belagerung. Dabei kann festgestellt werden, ob Minenarbeiten im Gange sind, indem getrocknete Erbsen auf die Membran einer Trommel gelegt werden. Hüpfen sie, zeigt dass Erschütterungen im Boden an. Wahrscheinlich reicht bei der zwergischen Abtastmaschine eine einfache Membran nicht aus, so dass in der Membran etwas Wasser gesammelt ist, dessen Bewegungen anhand kleiner 'Korkstücke' beurteilt wird. 'Kork' scheint allerdings eine ungenaue Übersetzung zu sein, weshalb wir wohl besser von 'Zwergenkork' oder 'Steinkork' reden sollten. Es handelt sich wahrscheinlich eher um einen besonders leichten und schwimmfähigen Stein denn um gewachsenes Material. Da diese Apparate sehr klein sind, da die erwähnten Federn, die die Membran tragen, wiederum keine große Last tragen können, wird der Zwergenkork mit Lupen beobachtet. Wir hörten auch von Versuchen mit kleinen Nadeln, um die Nachrichten unmittelbar erspürbar zu machen. Denn laut Aussage der Zwerge ist diese Kommunikation leichter erspürt als ersehen.
Worin liegt nun der Nutzen der Kommunikation mit den Gebirgsklopfkäfern? Er liegt für die Zwerge in dreierlei Art von Informationen und bedeutet für die Käfer zweierlei Sicherheit. Denn die Käfer nutzen ihre Kommunikation, um Informationen über den Verlauf der von ihnen genutzten Spalten und Höhlungen weiterzugeben und dabei auf Gefahren und Nahrungsquellen hinzuweisen. Die Bergleute der Zwerge wissen nun aus solchen Angaben manch Nützliches zu Gefahren wie unsicherem Gestein oder einsturzgefährderten Minen in Erfahrung zu bringen, den Verlauf bestimmter Schichten und sogar von Adern wertvoller Mineralien zu erfahren und nicht zuletzt Vorkommen der wenigen in der Tiefe lebenden Pflanzen zu entdecken. Auf der anderen Seite stellen die Zwerge den Käfern Nahrung und gute, meist von ihnen ideal aus dem Felsen herausgearbeitete Plätze für ihre Bauten zur Verfügung.
Weniger augenfällig ist die Kommunikation zwischen nahen Stollen, wodurch es z.B. leichter wird, zwei Stollen genauestens aufeinander treffen zu lassen. Hierbei stellen die Klopfkäfer eher das Medium dar, über das kommuniziert wird und nicht den Kommunikationspartner selbst.
Auch für uns auf der Erde wohnende zeichnet sich ein Nutzen ab: Da auch Zwerge die üblichen Probleme mit Kakerlaken haben, nutzen sie die Kommunikation auch, um wenigstens die Klopfkäfer von ihren Nahrungslagern und Wohnungen fern zu halten. Versuche, Schädlinge unter Verwendung der Klopfkäfer fern zu halten, schlugen anscheinend bisher fehl. Gelingen diese, würde es für unseren Handel ein weiteres wichtiges Gut bedeuten. Um hier nicht von anderen Städten der Träne abgehängt zu werden, sollte diese Entwicklung weiter verfolgt werden und geprüft, ob eine Förderung der zwergischen Forschungen gegen Vergünstigung beim Handel mit den Gebirgklopfkäfern realisiert werden kann. Erste Gespräche mit Tiefenzwergen zeigen allerdings eine gewisse Scheu davor, Lebewesen an die Oberfläche zu verhandeln, welche sie selbst so sehr verabscheuen, dass sie nur einzelne Expeditionen zu uns unternehmen. Da diese Expeditionen in letzter Zeit häufiger werden, steht zu hoffen, dass die Schrecken, die die Zwerge an der Oberfläche vermuten, weniger werden und ein Handel mit Insekten mit der Zeit nicht mehr auf so große Ablehnung bei ihnen stößt. Zudem können wir darauf verweisen, dass es an der Oberfläche mit den Sand- und den Gartenklopfkäfern auch Klopfkäfer gibt. Diese weisen zwar geringe farbliche Unterschiede - sand- beziehungsweise humusfarbene Panzer und ein roter Punkt statt einem glühenden Fleck im Nacken - zu den Gebirgsklopfkäfern und untereinander auf, doch kommunizieren sie ebenfalls durch klopfen. Wenn es dabei auch nur um die Fortpflanzung und eventuell Nahrungsquellen geht, dürfte ihre Existenz den Zwergen doch zeigen, dass die Oberfläche für Klopfkäfer geeignet ist.
Konkretere Kenntnis der Rhythmen, mit denen kommuniziert wird, liegt noch weitgehend im Dunkeln. Lediglich einige Beispiele sind bisher mitgeteilt. Dennoch kann daraus schon einiges zur Struktur dieser "Sprache" erläutert werden:
Zunächst sei erwähnt, dass die Zwerge -zusätzlich zu den Zeichen der Käfer- Rhythmen geschaffen haben, die die Zeichen ihrer Sprache und ihre Ziffern gleichsam kodieren. Diese werden durch die Klopfkäfer wohl nur weitergegeben, denn wie sollte ein so kleiner Käfer solche Konzepte wie Schrift verstehen.
Die Rhythmen bestehen aus einer kurzen, einer mittleren und drei langen Pausen. Die kurze Pause wird als "." notiert, die mittlere als "," , die erste lange Pause als "^", die zweite als "-" und die dritte als "_". Daneben kommt auch der Betonung einzelner Klopfimpulse eine Bedeutung zu. Betonte Impulse werden als " ' " zwischen den Pausen notiert. Die dritte Länge ist doppelt so lang wie die erste, die zweite liegt dazwischen, kann aber variieren, was eine Schwierigkeit beim Erlernen dieser Kommunikationsform darstellt. Die Länge der mittleren Pause beträgt etwa ein Drittel der zweiten langen Pause. Die zweite große Hürde bleibt die Geschwindigkeit der kurzen Pause, die von den Zwergen nur durch lange Einübung verschiedener Tricks erreichbar ist, da sie ganz einfach nicht so schnell klopfen können, wie die Käfer. Für bestimmte schwierige Kombinationen werden sogar Apparate an den Klopfbesen angebracht, die, wenn sie aufgezogen sind, ähnlich einer Spieluhr, die entsprechenden Impulse an den Besen weitergeben.
Bemerkenswert ist das allgemeine Zeichen für Gefahr, dass in vielen Welten dem selben Rhythmus zu folgen scheint: ",,,---,,,". Jedenfalls war ein solches akustisches Zeichen bisher in jeder Welt, in die die Träne der Götter versetzt wurde, in der einen oder anderen Weise ein Hinweis auf Gefahr oder ein Hilferuf.
Bei den Zeichen für Nahrung wird zwischen verschiedenen Nahrungsquellen differenziert. So sind Große Höhlenpilze "'_ _.^-", während der Gelbfleckige Grünsporling mit "'_^'_^.-" wiedergegeben wird. "',.,-" bezeichnet den gewöhnlichen Schimmelpilz, den unsere Käfer im Gegensatz zu den Zwergen bedenkenlos verzehren können.
Wichtig sind auch Kombinationen. So bedeutet die Kombination von Gefahr und Großer Höhlenpilz - ",,,---,,,'_ _.^-" - den Höhlenpilzartigen Giftmorchling, eines der giftigsten Gewächse der tränischen Unterwelt.
Zu den wenigen bekannten Ausdrücken gehören:
",'---.," kleiner Spalt nur für Käfer ",'---.,--" Höhle in Zwergengröße ",'---.,..." regelrechte Kaverne "^.'^.^.--" Steinsturz "^.'^.^...." Bergrutsch "---'--" Tropfsteine "'^.-" Bewegung/bewegen "'_._._._" Erschütterung "'_._._._--" Höhlenbeben "'_._._._..." Erdbeben "'^.--" Bewegungseinheit
Aus diesen Beispielen ergibt sich die Vermutung, dass durch das Anhängen von "--", bzw. "..." eine Steigerung ausgedrückt wird, auch wenn es aufgrund der wenig bekannten Ausdrücke nur vermutet werden kann.
Neben Ausdrücken für einzelne Wörter können längere Wörter auch durch Wörter aus drei oder vier Zeichen zusammengesetzt werden. Doch werden die Nachrichten hierdurch unzuverlässiger und nicht alle Käfer beherrschen diese Kombinationsmöglichkeit.
Richtungen werden in Bezug auf eine gedachte Strecke zwischen dem Ausgangspunkt einer Nachricht und dem eigenen Standpunkt sowie der Richtung der Schwerkraft wiedergegeben. Schon für Zwerge ist dies schwierig, für uns Oberflächenbewohner wohl unmöglich. Der Entfernungsbezug ist auch für die Zwerge problematisch. Er bezieht sich auf die Zeit, die die Käfer für eine Strecke gebraucht haben, so dass ein Klopfkommunikator nicht mehr als eine im besten Fall ungenaue Schätzung abgeben kann. Da die Käfer Zahlen nur bis zur vier beherrschen, ist dies allerdings nicht ganz so tragisch. Eine Zahl wird durch "..--,," eingeleitet. Dann folgen "_" entsprechend des Betrags der Zahl, im Fall der Käfer also "_", "_ _", "_ _ _" oder "_ _ _ _".
Das Konzept der Zeit, wie wir es kennen, verstehen die Gebirgsklopfkäfer nicht. Für sie ereignet sich etwas einfach, wenn es sich ereignet. Es muss also immer ein relativer Bezug ausgesagt werden. Etwa in der Art "Höhle und Erschütterung dann Einsturz" oder "Höhle und Erschütterung dann laufen 4 Bewegungseinheiten dann Einsturz". Letzterer Auszug zeigt eine Ausnahme: Eine Dauer kann sehr wohl angegeben werden, während ein absoluter Zeitpunkt nicht benannt werden kann. Diese Dauer bezieht sich in der Regel nur auf Wegstrecken.
Da die Kommunikation zwischen den Tiefen Zwergen und den Gebirgsklopfkäfern oftmals sicherheitsrelevant ist, müssen diejenigen unter den zwergischen Bergleuten, die sich mit dieser Tätigkeit befassen, strenge Prüfungen ablegen. Dass die Genauigkeit der Kommunikation im Vordergrund steht, wäre zwar zu erwarten, aber sie scheint mir fast als Nebenaspekt geprüft zu werden, wenn dies auch an der prosaischen Einfachheit eines solchen Tests liegen mag. Jedenfalls stellten die befragten Zwerge das Erfühlen und eine gewisse Intuition für die Käfer, das Wissen um ihre Verhaltensweisen und als Meisterstück schließlich eine Art mit den Käfern eingeübte Choreographie des ästhetischen Klopfens -wenn dies richtig übersetzt wurde- in den Vordergrund. Als besonders entscheidend gilt, dass gezeigt werden kann, dass die Käfer dem zwergischen Klopfer vertrauen, indem -wie schon oben angedeutet- die trainierten Käfer den Fluchtreflex abgelegt haben. An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich nicht nur Bergleute mit dieser Kommunikationsform befassen, diese jedoch bei weitem die größte Gruppe zwergischer 'Klopfkommunikatoren' stellen, wie sie korrekt zu benennen sind. Die verkürzte Benennung als 'Klopfer' wird eher als Geringschätzung ihrer Tätigkeit aufgefasst.
Die Gebirgsklopfkäfer leben in Bauten, die sie in kleinen Felsspalten anlegen und nehmen gern auch künstlich geschaffene Lebensräume in Anspruch. Mehr über ihr Leben und ihr Verhalten herauszufinden bleibt jedoch Forschungsdesiderat, da ihre Kommunikation und ihre Verwendung als Nutztiere meist im Zentrum des Interesses stehen und letzteres leider bei vielen Gesprächspartnern der so selten zu treffenden Tiefenzwerge schon aufbrauchen.
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Der Oberflächensimulationsverein und die Tiefen Zwerge
Für viele Zwerge bedeutet der neuerdings von jungen Zwergen gegründete Oberflächensimulationsverein ein Ärgernis, dass die Verantwotungslosigkeit der jungen Generation zeigt. Schaut man genauer hin, ist allerdings festzustellen, dass nur eine sehr geringe Minderheit der jungen Zwerge, obwohl der Verein durchaus einige Zweigstellen hat, in ihm tätig ist.
Doch sei zunächst geschildert, worum es sich bei diesen Vereinen handelt und wieso sie so umstritten sind. Die Tiefen Zwerge leben tief unter dem Gebirge und kommen nur selten im Rahmen von Expeditionen an die Oberfläche, die sie für ausgesprochen gefährlich halten. Hierum ranken sich mittlerweile viele Geschichten und es entwickelten sich einige Simulationsspiele, bei denen es darauf ankommt, seine Zwerge ein Ziel an der Oberfläche erreichen und sicher zurückkehren zu lassen. Nun kam ein junger Zwerg auf den Gedanken, ein Spiel zu simulieren, bei dem Zwerge die Oberfläche besiedeln und die Gefahren zurückdrängen. Doch erst als diese Simulation vereinfacht wurde, so dass die Simulation in vielem nur noch einem Spiel gleicht, fanden sich genug junge Zwerge, um einen Verein zu gründen und entsprechende Spielstollen aus dem Fels zu hauen.
Nun ist die Ablehnung der Oberfläche ein wichtiger Bestandteil der Kultur der Zwerge, weshalb die Mitglieder des Vereins bei vielen Zwergen im Verdacht stehen, Traditionen umstürzen zu wollen und so die Gemeinschaft zu gefährden. Rational betrachtet, steht der Großteil der Vereinsmitglieder in der Tradition der Ablehnung der Oberfläche. Allerdings bietet der Verein den oberflächennahen Zwergen eine Möglichkeit sich unauffällig zu treffen. So haben Bestrebungen, den Verein zu verbieten keine Aussicht auf Erfolg, da die 'verständigeren' Zwerge darin eine Möglichkeit sehen, problematische Oberflächennähe rechtzeitig zu erkennen, bevor die davon erfassten Zwerge "einen Weg nach oben" finden, was in der Sprache der Zwerge gleichzeitig ein Bild für "einen Weg in das Verderben" ist.
Oft bahnen sich in dem Verein und seinen Zweigstellen eher Unkenntnis und Vorurteile sowie das Verlangen nach Unterhaltung ihren Weg, während ernsthaftere Zwerge eher an tatsächlicher Simulation zumindest einzelner Aspekte der Oberfläche interessiert sind. Mitunter führen diese unterschiedlichen Interessen zum Streit und ernsthaftere Simulationen werden häufig eher im Hintergrund gepielt, um dem Streit aus dem Weg zu gehen. Dieser Streit zwischen 'Oberflächenfetischisten' und 'ungebildeten Spaßspielern' liefert auch den Gegnern der Oberflächenspiele oftmals ihre Argumente. Gefährliche Unkenntnis und Vorurteile bezüglich der Oberfläche innerhalb der Jugend seien ob der schrecklichen Realität der dortigen Schrecken nicht nur ein Nachteil für zukünftige Expeditionen, sondern geradezu unmoralisch und fast obszön. Schließlich würden regelmäßig tapfere Zwerge bei den Expeditionen Leib und Leben nicht nur riskieren, sondern verlieren. Ebenso sei ein Fetisch unpassend, der zu einem Drang nach oben führen könne.
Dennoch treffen sich regelmäßig Spieler in ihren Spielstollen. Diese sind gemäß des Themas gestaltet, was gestandenen Zwergen einen Schauer über den Rücken laufen lassen kann. Die Ausmalung des Himmels zeigt Wolken, Sonne oder den Sternenhimmel, die Wände eine Landschaft der Oberfläche, der Boden jedoch ist meist als sicherer Fels gestaltet, weil die Spieler selbst die davon ausgehende Sicherheit brauchen. Da kaum einer der spielenden Zwerge größeres Wissen um die Oberfläche gesammelt hat, werden bei dieser Gestaltung auch große Missverständnisse deutlich. Das Konzept des Horizonts wird nicht beachtet, so dass die Landschaft wie ein Loch wirkt, aus dem man in den Himmel schauen kann. Auch sind Pflanzen und Gebäude häufig eher der Fantasie entsprungen als der Realität nachempfunden.
Mehr Realität vermitteln die Landschaften, die auf den Tischen, die als Spielfläche dienen, nachgebaut werden. Hier hilft, dass in dem verkleinerten Maßstab falsche Details weniger oder gar nicht auffallen. Nach einigen Regeln wird auch nur eine schematisierte Landschaft gezeigt. In diesen Landschaften werden nun Figuren, die oft kunstvoll bemalt sind, bewegt und Bauwerke aufgestellt. Die Figuren stellen Zwerge, die Spezies der Oberfläche, Tiere und Ungeheuer dar.
Wie schon angedeutet gibt es verschiedene Arten der Simulation, bzw. der Spiele. Es kann sich darum handeln, dass eine kleinere oder größere Gruppe von Zwergen ein begrenztes Ziel erreichen oder einer bestimmten Gefahr entgehen müssen. Sei es, dass sie eine Ware oder Botschaft transportieren, einem Zwerg in Schwierigkeiten zur Hilfe kommen müssen oder nur einen bestimmten Ort erreichen sollen. Je nach Spiel können sie sich entsprechend ihrer Reichweite frei bewegen oder werden über markierte Felder gezogen. Kommt es zu Begnungen mit gefährlichen Wesen, entscheidet der Würfel über ihr Schicksal. Auch gefährliche Ereignisse wie Gewitter oder ein freier Himmel ohne Wolken, der jeden Zwerg ob seiner Angst vor großen Höhen vor eine ernsthafte Probe stellt, werden erwürfelt. Bekannte Spiele dieser Art sind 'Freiflächen & Greifvögel' oder 'Lied von Blitz und Hagel'.
Während bei diesen Spielen die Schicksale von ca. fünf bis fünfzig Zwergen dargestellt wird, werden selten oberflächliche Schlachten mit richtigen Truppenkörpern dargestellt. Da sich diese Art der "Simulation" nur auf einige Sagen und Legenden berufen kann, ist dies besonders umstritten. 'Von den Schlachten der Oberfläche' oder 'De Bellis Superficiis', um die Verwendung der zwergischen Ritualsprache nachzuempfinden, ist hier ein gängiges Spiel.
Spiele, die den Aufbau zwergischer Siedungen an der Oberfläche darstellen sind, wie schon angedeutet, beliebter. Auch über die Kreise des Oberflächensimulationsvereins hinaus ist das Spiel "Die Zwergler" beliebt, dessen Titel darauf anspielt, dass ein Zwerg an der Oberfläche kein richtiger Zwerg sein soll, und bei dem eher schematisch auf zufällig aneinandergelegten Achteckigen Feldern das Wachsen kleiner Gruppen von Siedlungen und Städten durch Ausbeutung der auf den Feldern angezeigten Ressourcen dargestellt wird. Dabei treffen verschiedene Oberflächliche Katastrophen eher schematisch über die Siedlungen herein, die so Ressourcen verlieren oder zurückgestuft werden können. Zu den Zielen des Spiels gehört es, Maßnahmen dagegen zu treffen. Auch viele Konservative Zwerge akzeptieren dies Spiel, wenn auf diese Maßnahmen verzichtet wird und die Oberfläche somit nicht verharmlost wird. Obwohl dies Spiel von fast allen Zwergen zumindest toleriert wird, wurde eine Version entwickelt, die im Untergrund spielt, um Zwerge vom oberflächlichen Spiel abzuhalten.
Bei einem anderen Spiel werden Steinklötze zur Darstellung verschiedener Landschaften genutzt und auch die Figuren und Bauwerke sind durch Steinklötze ersetzt. Diese 'Oberflächensimulation' eines Zwergs mit dem Pseudonym Ratzwatz gilt dennoch als eine der realistischeren Simulationen. Entscheidend wurde aber eine Version dieser Oberflächensimulation, die auf Karten gespielt wird, wie sie die Zwerge in dieser Form sonst nicht kennen. Zeichnungen ihrer Minen und Stollen können und müssen ja in vielerlei Hinsicht von den an der Oberfläche gebräuchlichen Karten abweichen. Auch die Klötze wurden fortentwickelt, so dass sie andere Klötze und kleine abnehmbare Markierungen tragen können. Unklar ist, ob hier ein anderer Zwerg unter demselben Pseudonym veröffentlichte oder es sich um denselben Autor handelte. Jedenfalls begann die Verbreitung der Oberflächensimulationen mit diesen Regeln, bei denen sich der Aufwand des Spiels erheblich reduzierte.
Der Verein insgesamt und auch die einzelnen Zweigstellen haben Obersitzer als Vorsitzende, was wiederum von konservativen Zwergen als Verhöhnung der tiefen Kultur verstanden wird. Dazu kommen Schatzmeister und Schriftwarte. Ihre Versammlungen bezeichnen sie als Hoch- oder Oberversammlung. Neben den regelmäßigen Simulationstreffern steht in der Regel ein jährlich abgehaltenes Turnier, für das jedes Jahr aufs neue die gespielten Regeln durch Wahl bestimmt werden. Hinzu kommen die üblichen Aktivitäten zwergischer Vereine wie tiefe Abende und Stollenbegehungen. Selten finden auch Festmahle mit Spezialitäten der Oberfläche statt, die aber nicht nur wegen der Kosten umstritten sind: Vielen Vereinsmitgliedern geht diese Oberflächlichkeit einfach zu weit.
Da die Mitglieder des Oberflächensimulationsvereins ihr Tun diskret und eher neben als in der Öffentlichkeit betreiben, kommt es selten zu tatsächlichen Auseinandersetzungen oder gar unschönen Vorfällen. Sehr selten einmal wird ein Spielstollen mit Anti-Oberflächlichen Parolen wie "Geh oben hin, dann bist du hin!" oder "Nach oben mit dem Dreck!" beschmiert. Der Konflikt bildet eher einen Hintergrund des Lebens in den Minen, der dann und wann durch eine Diskussion oder Rede wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerät, bis wichtigere Dinge ihn wieder in den Hintergrund treten lassen. Hier spielt auch eine Rolle, dass die wenigen Zwerge, die Verbote und strenge Maßnahmen fordern, dies auch bei vielen anderen Themen tun und so nur als Teil des üblichen Minentheaters, wie das mitunter seltsame Spiel der Politik bei den Zwergen genannt wird, wahrgenommen wird. Die Mehrheit der Zwerge ist bereit die Oberflächensimulationen zu dulden, solange nicht festzustellen ist, dass es überhand nimmt und ist eigentlich froh über die Organisation in einem Verein, dessen Aktivitäten und Mitglieder leichter zu beobachten sind, als unorganisierte Gruppen von Spielern.
Ein weiterer Aspekt muss hier berichtet werden. Um Teile der zwergischen Öffentlichkeit nicht zu beunruhigen und ihre Gefühle nicht zu verletzen, würde dies von den Tiefen Zwergen nie zugegeben. Aber auch bei der Vorbereitung ihrer Expeditionen an die Oberfläche werden die realitätsnäheren Simulationen eingesetzt, um die ausziehenden Zwerge auf die Gefahren der Oberfläche vorzubereiten. Zudem wird von Werbern, die sich zu diesem Zweck in den Oberflächensimulationsverein eingeschleust haben, nach jungen Zwergen Ausschau gehalten, deren Spiel sie für die genannten Expeditionen geeignet erscheinen lassen. Denn die Häufigkeit der Expeditionen an die Oberfläche, die auch dem Handel dienen, hängt auch von der Zahl der Anwerbungen und der geeigneten Kandidaten ab. Wertvolle Informationen für die Werber sind, wer sich ernsthaft mit der Oberfläche beschäftigt und wer nur Zerstreuung auf einer Art fiktiven Oberfläche sucht. Auch das Geschick beim Spiel und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung innerhalb des Vereins wird vermerkt.
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Macht und Ohnmacht der Söldnergerichte Mittlands
In der "Chaoszeit" war im Mittland das einzige Mittel zur Durchsetzung von Zielen und Rechten Gewalt. Und so teilte sich die Bevölkerung gleichsam in Auftraggeber, Söldner und Opfer. Auftraggeber war, wer genug Besitz hatte, den er verteilen konnte, ob er nun aus dem Adel, der Kaufmannschaft, dem Handwerk oder gar dem Bauerntum entstammte. Söldner war jeder, der mit Waffen zu fechten gelernt hatte und bereit war sein Geld mit der Gewalt zu verdienen. Das Risiko war für kaum jemand ein Hinderungsgrund, da das Leben damals für jeden risikoreich war. Opfer war jeder, der es nicht schaffte, sich zu verteidigen. In dieser Situation stürzte alle Ordnung um und soziale Bindungen brachen auf. Dazu nahmen die Konflikte kein Ende, da niemand in eine Position kam, sich durchzusetzen. Für die Wiederherstellung des Friedens spielten damals zwei Entwicklungen eine Rolle.
Da es kein Gericht gab, dass Ordnung bringen konnte, entschieden die Söldner selbst über ihre Konflikte. Da sie oft der Willkür ihrer Auftraggeber ausgesetzt waren, entschieden sie eines Tages in bestimmten Fällen auch über ihre Auftraggeber zu richten. Dies setzte eine Entwicklung in Gang, bei der die Söldner ihre Gerichtsbarkeit über immer mehr Personengruppen ausdehnte, wobei sie aber nur über eine beschränkte Zahl an besonders schlimm oder zerstörerisch empfundene Taten richteten. So entstand mit der Zeit eine neue Ordnung, die mehr Sicherheit bot.
In dieser Situation taten sich mehrere der Auftraggeber zusammen und nutzten die Entstehende Ordnung, sie zu verteidigen und stehende Einheiten aus Söldnern zu errichten. Da sich diese Gruppe nicht gegen andere Auftraggeber abschloss, entstand unmerklich eine neue Fürstenschicht, die die neue Ordnung mitgestaltete. Nun sind arbeitslose Söldner, die anderen Broterwerb als die Gewalt verlernt hatten, eine ebenso große Plage für ein Land wie andauernde Kriegszeiten. Denn sie ziehen in kleineren oder größeren Gruppen plündernd durch das Land, um zu überleben.
So standen die Söldner im Gegensatz zur neuen Ordnung, die sie selbst mitbegründet hatten und die neuen Fürsten und die sich konsolidierenden Städte wandten sich gegen sie. Durch Anspannung aller Kräfte wurde das Söldnertum schließlich militärisch und gesellschaftlich an den Rand gedrängt. Endlich wurde das Söldnertum im "Gütigen Brief" verboten und die Söldner als organisierte Verbrecher abgestempelt. Diese Urkunde markiert historisch das Ende der Chaoszeit und in der Propaganda der neuen Fürsten, der Fürsten der "Zeit der blühenden Lande", waren sie es, die dieses Gesetz gütig gewährten und so der geplagten Bevölkerung den Frieden brachte. Doch handelte es sich eher um Entwicklungen, an der nicht zuletzt die Städte und die Befestigung auch der ländlichen Siedlungen mitgewirkt hatten, die im Gütigen Brief eher ihre Manifestation fanden als dass dieser den Frieden durch Setzung gewährte. Viele der Bestimmungen wurden im Laufe der Zeit geändert, doch das Verbot des Söldnertums ist bis heute gültiges Recht, dass auf den Text dieser Urkunde als Gesetz zurückgeführt wird. Denn der Gütige Brief gilt hier als so grundlegend, dass hierzu nie ein weiteres Gesetz geschaffen wurde.
Nun sahen dies die durch den Brief kriminalisierten und schon einige Zeit zuvor gesellschaftlich stigmatisierten und verfolgten Söldner anders. Denn mit den Söldnern waren ihre Familien durch das Land gezogen und durch die allmähliche Entwicklung war es irgendwann zu spät, sich einfach irgendwo anzusiedeln. Sie wichen somit in Randgebiete aus, wo sie eher als Räuber lebten, ohne dass sie zu fassen waren oder zogen, getarnt als Fahrendes Volk, durch das Land. Was sie weiter einte, waren ihre Gerichte. Doch hatten diese ihre Bedeutung fast verloren, da es nun wieder reguläre Gerichte gab. Lediglich in einigen der erwähnten Randgebiete siedelten sich die Nachkommen von Söldnern an. So entstanden z.B. das Reich von Nifwald, die Grafschaft Drachberg und die Stadt Lunstedt. In diesen, meist kleinen Gebieten traten die Traditionen der Söldner in den Hintergrund und ihre Nachkommen wurden zu normalen Siedlern. Ihre Gerichte verwandelten sich in reguläre Gerichte, vor denen allerdings bis heute so mancher Söldner eher Gnade als harte Bestrafung seiner gewalttätigen Lebensform findet.
Bei den nicht sesshaften Söldnern schloss sich ein Teil schließlich dem richtigen Fahrenden Volk an, während nur ein kleiner Teil den Schritt zur Seßhaftigkeit tat und die Diskriminierung über mehrere Generationen hinnahm, bis die Herkunft der Nachfahren in Vergessenheit geriet. Doch ein großer Teil blieb Söldner. Allerdings änderte sich die Tätigkeit des Söldners. Zwar griffen einige skrupellose Herrscher vorübergehend auf Söldner zur Verstärkung ihrer Truppen zurück, aber die meisten Söldner mussten sich mit Aufträgen der heimlicheren Sorte oder durch Verbrechen über Wasser halten.
Da sie sich tarnen mussten, konnten sie in ihrer Tarnung die reguläre Justiz in Anspruch nehmen. Doch für einige Taten, die sie schlecht vor öffentliche Gerichte bringen konnten, hielten sie weiterhin ihre eigenen, nunmehr heimlich nur für Augen und Ohren der Söldner abgehaltenen Gerichte aufrecht. Die Urteile werden dabei von den Angehörigen des Gerichts, dass sich aus einem Richter und 11 Urteilsfindern zusammensetzt, und dem Umstand, d.h. den Zuschauern, der Öffentlichkeit der Söldner, vollstreckt. Können diese die Bestrafung nicht vollstrecken, so klagen sie vor weiteren Söldnergerichten, deren Angehörige und Umstände sich, so das Urteil auch hier entsprechend ausfällt, an der Bestrafung beteiligen. Da diese Verfahren, bei der gleichsam Amtshilfe gesucht werden, vereinfacht sind, wird die Hilfe bei der Vollstreckung selten abgelehnt.
Äußerst selten werden Söldner von Auftraggebern betrogen, da die monoton ausgesprochene Strafe der Söldnergerichte in solchern Fällen der Tod ist. Hier wirkt schon die Bedrohung durch die Gerichte und die Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber dem Schicksal der Auftraggeber von Söldnern.
Weit häufiger sind vor diesen Gerichten Anklagen, die sich gegen Söldner richten. Es wäre an sich zu erwarten, dass es sich hierbei um Anklagen wegen Verrats, Feigheit vor dem Feind oder ähnliche Vorwürfe handelt. Doch geht es dabei um etwas anderes. Die Söldner haben kein Interesse an zu großer Aufmerksamkeit und wollen nicht mit Greueltaten in Verbindung gebracht werden. Daher richten sie auch über Söldner, die die Greuel der Vergangenheit wieder aufleben lassen und haben einen Kanon an verbotenen Handlungen und einige Vorschriften aufgestellt, die sie als Kriegsrecht bezeichnen. So sind Landwirte bei der Feldarbeit zu schonen und sinnlose Folterungen oder die Tötung von Kindern verboten. Auch hier ist die Strafe der Tod. Doch zusätzlich wird das Schicksal eines solchen Verbrechers öffentlich gemacht, die Leiche an stark frequentierten Kreuzungen oder Plätzen aufgehängt und ein Zettel mit den Anklagen an sie geheftet.
Die Bevölkerung sieht zwar nicht den Sinn hinter diesen Bestrafungen, da die Söldner alle als schlimme Übeltäter gelten, ist aber doch froh, wenn besonders schlimme Söldner so beseitigt worden sind. Problematischer sind diese Prozesse für die Obrigkeit. Denn sie will nicht in Verdacht geraten, dass ihr der Landfriede entgleitet und wieder eine Zeit von Krieg und Chaos bevorsteht. Daher beseitigt sie die Spuren der Hinrichtungen durch die Söldner schnell, spricht von Mord und versucht die Täter zu verfolgen. Da die Söldnergerichte nicht in den Vordergrund treten dürfen und so effektive Ermittlungen behindert sind, sind Erfolge äußerst selten, zumal die Gemeinschaft der Söldner ihren Angehörigen beisteht. Und für Kommandounternehmungen wie die Befreiung aus einem Gefängnis sind die Söldner Experten, so dass ihre Gerichte hier im Vorteil sind. Aufgrund dieser erfolgreichen Tätigkeit und des in der Bevölkerung akzeptierten negativen Söldnerbilds kursieren in der Bevölkerung viele düstere Geschichten über die Söldnergerichte und ihre Tätigkeit. Von der Obrigkeit werden diese, um die tatsächliche Macht der Söldner kleinzureden, als unglaubwürdige Gruselgeschichten abgetan. Aufgrund dieser Haltung verbieten sich Maßnahmen wie Versuche, die Söldner in die Gesellschaft zu integrieren. Denn dazu müssten Gesetze geändert werden, was in Mittland ein öffentliches Vorgehen bedingt.
Nun könnte angenommen werden, dass eine effektive Verfolgung von Verletzungen des Kriegsrechts abschreckend wirkt und solche Taten selten vorkommen. Doch wie schon gesagt, handelt es sich hier um die Haupttätigkeit der Söldnergerichte. Die Bevölkerung hat hier als wohlfeile Erklärung wiederum ihr negatives Bild der Söldner und sieht sie eben als Gewohnheitsverbrecher, die sich eben auch nicht an eigene Regeln halten. Einige glauben auch, dass die Söldner nicht wegen ihrer Untaten, sondern wegen anderer Verstöße gegen das "Räuberrecht" oder die "Diebesehre" getötet werden und das dies eben als Strafe für zufällig gerade vorgekommene andere Untaten getarnt wird. Die Obrigkeit spricht von Veranlagung oder Bosheit. Einige Auftraggeber wissen genau, dass einige Söldner mit genügend Geld auch solche Taten ausführen, die gegen ihr eigenes Kriegsrecht verstoßen. Die Söldner sagen, dass es eben auch bei ihnen schwarze Schafe und Verbrecher gibt, wie bei allen anderen sozialen Gruppen auch. Hier soll noch eine andere Theorie genannt werden. Durch die zum Söldnerberuf gehörenden Gewalttaten stumpfen wahrscheinlich viele Söldner irgendwann so weit ab, dass ihnen die sanktionierten Taten nicht als schlimm erscheinen, während die vergleichsweise humanen Hinrichtungen durch die Söldner dadurch an Abschreckung verlieren. Demgegenüber werden Fälle, bei denen Rachegefühle oder Affekthandlungen eine Rolle spielen als weniger zahlreich zu betrachten sein. Einige Söldner schmücken sich auch mit den Zahlen der von ihnen getöteten. Auch dies hat zumindest in einigen Fällen schon zu schrecklichen Massakern geführt. Hier ist interessant, dass in Mittland nicht die besser begründeten und wohl zutreffenden Gründe zu hören sind, sondern diejenigen, die auf Vorurteilen zur moralischen Ausrichtung der fraglichen sozialen Schicht beruhen.
Es bleibt festzuhalten, dass die Söldnergerichte trotz ihrer Macht bewusste Verletzungen ihres Kriegsrechts nicht verhindern können. Beseitigt werden können sie wohl nur dann, wenn sich die Angst der Obrigkeit vor dem Anschein des Versagens des Landfriedens so weit reduziert, das gesetzliche Maßnahmen möglich werden. So werden sie Zustände in unserem Nachbarland wohl weiter die Sicherheit Peribasias beeinträchtigen.
(Referat eines Studenten des Fachbereichs Politik an der Universität von Peribasia)
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Der Geschnitzte Thron von Kirra
In dem Kapitel "Der Geschnitzte Thron" aus dem Buch "Geheimnisse der Sagenwelt der südlichen Inseln - Entstehung, Funktion und Bedingungen von Wandel und Ursprung" von Prof. Dr. Ezechiel Surrugatt, Inhaber des Lehrstuhls für Literaturgeschichte an der Universität Kirra findet sich folgende Darstellung:
Legendär ist der Geschnitzte Thron von Kirra. Um ihn ranken sich viele Legenden und schon während er noch ein wichtiges Symbol der Kaiserherrschaft war, war sein tatsächlich Ursprung nicht mehr festzustellen. Je nach Überlieferung galt er als Geschenk der Götter oder als nach einem göttlichen Plan gestalteter Ausdruck der Handwerkskunst und Frömmigkeit Kirras. Andere Schriftsteller, die den Mythos ablehnten schrieben ihn verschiedenen Künstlern zu. Auch seine ursprünglich besondere Bedeutung für das Staatswesen wurde schon während der Zeit seiner Existenz von den verschiedenen Überlieferungen verschüttet. Naheliegend ist eine kultische Rolle in Kombination mit den Schnitzereien als Mahnung an den Herrscher, als Warnung an seine Gegner oder als Ausdruck seiner Stellung. Da nunmehr nicht einmal das genaue Aussehen des Throns bekannt ist, ist dies anhand der wenigen Darstellungen, die auch noch voneinander abweichen, höchst umstritten. Dabei spielt auch eine Rolle, dass zwar einige Formen und in bestimmter Anzahl angebrachte Verzierungen bekannt sind, deren Interpretation aber nicht wirklich gefasst werden kann, da es verschiedene Schulen hinsichtlich dieser Symbole gab und gibt.
Doch das größte Geheimnis umgibt das Verschwinden des geschnitzten Throns. Historiker und Volksmund haben hier unterschiedlichste Erklärungen hervorgebracht, doch die berühmteste Geschichte rankt sich hier um den Dieb von Kirra. Als reiche Handelsstadt und Hauptstadt des Reiches von Kirra konzentrierten sich hier auch die Diebstähle wertvoller Gegenstände aus gesicherten Schatzkammern und prachtvollen Palästen. Schon lange vor dem Verschwinden des geschnitzten Throns sind daher die Geschichten um den Dieb von Kirra entstanden. Oft spielte darin die Liebe einer Prinzessin und das Erringen der Hand dieser Prinzessin durch den namenlosen Dieb eine Rolle. Und so nahmen sich die Sagen und Märchen um den Dieb von Kirra auch des geschnitzten Thrones an. So diese Geschichten gesammelt sind, bildet der "Diebstahl des Kaisertums" zumeist den Höhepunkt der Erzählungen:
Als der Dieb von Kirra einen wertvollen Diamanten stehlen will, trifft er auf die junge und wunderschöne Alande, Prinzessin von Kirra. Wie es in solchen Geschichten geschieht, verlieben sich beide sofort ineinander und der Dieb schleicht sich regelmäßig in den Palast oder seine Gärten, um die Geliebte zu treffen. Doch hat der Kaiser keinen Sohn, weshalb der Thronrat auf Vorschlag des Kaisers einen entfernten Verwandten zum Nachfolger ernannt hat. Dieser Nachfolger, in den Geschichten meist Prinz Choran oder auch Prinz Hochmut genannt, obwohl der Name des tatsächlichen Thronfolgers, Horran, nie in Vergessenheit geriet, wollte nun die Prinzessin heiraten, um seinen Anspruch auf den Thron zu stärken. Da nun der Kaiser krank war und die Thronbesteigung Chorans nahe schien, blieb dem Paar nicht viel Zeit, eine Lösung zu finden. Da der junge Held ein berühmter Dieb war, beschloss er seinen größten Diebstahl. Er beschloss, das Kaisertum zu stehlen.
Hierzu trafen sich Prinzessin und Dieb im Thronsaal und nahmen den Thron auseinander. Die Einzelteile versteckten sie unter dem Mulch in den Gärten des Palastes, wo sie wohl mit der Zeit verrotteten, was in den Sagen und Märchen nur angedeutet wird. Mitunter wird auch gesagt, dass sie den Thron zerraspelten, bevor sie ihn verteilten, doch führt diese Variante auf eine kunstvolle Nacherzählung zurück, die die Verhältnisse im Kaiserreich und der frühen Republik stark kritisierte und daher die Symbole des Reichs recht rüde behandelt.
Als nun der Tag der Inthronisation Chorans anbricht, findet sich im Thronsaal kein Thron. Während die Anwesenden noch ratlos auf die leere Stelle starren, verkündet der Dieb, in einem Fenster stehend und als Priester gekleidet, dass mit dem Thron auch das Kaisertum sein Ende finde, wie es prophezeit worden sei. Solche Prophezeiungen gab es tatsächlich. Doch finden sie sich erst in Quellen aus der Zeit nach dem Verschwinden des Throns und dem Entstehen der Republik, sind also erst im Nachhinein verfasst, um andere, weniger wichtige Prophezeiungen als glaubwürdig zu kennzeichnen. Ältere Prophezeiungen thematisieren eher die Vergänglichkeit alles Seienden und nennen dabei auch in unzusammenhängender Aufzählung, mitunter auch ganz allgemein, Thron, Reich und Kaisertum.
Da es nun keinen Kaiser mehr gab, konnte der Legende zu Folge niemand mehr der Prinzessin Alande vorschreiben, wen sie heiratete. Daher lebten von nun an Dieb und Prinzessin glücklich bis an ihr seeliges Ende. Schaut man in die Geschichtsbücher, erkennt man, dass der letzte Kaiser zwar eine Tochter namens Alande hatte, diese aber bei seinem Tod bereits 70 Jahre alt war und zudem früh den Herzog von Dôr und keinesfalls einen Dieb geheiratet hatte. Ihre Nachkommen sind die weiteren Herzöge von Dôr, die Könige von Mirrland und -über die berühmt besungene Prinzessin Kuniande- die Fürsten von Karand.
So klar es sich also um eine Legende handelt, so bedeutend wurde sie als Motiv in der Literatur. Zunächst entstand sie als eine Erweiterung der lokalen Sagen in Kirra und drängte dann im Bewusstsein der Bevölkerung die anderen Geschichten um das Verschwinden des geschnitzten Throns an den Rand, als sich das in Kirra entstande Theaterspiel mit den flüchtenden Schauspielern im Rahmen der dritten Belagerung von Kirra im Lande verbreitete. Zu erwähnen wären hier das Märchen um den Wicht Rutzelbitz, der den Thron verschwinden ließ, als ihm die Hand der Prinzessin als versprochene Belohnung für die Befreiung des Reichs -je nach Version- von einem Drachen, einer Räuberbande, einer Flut oder einer Seuche verweigert wurde. Sagen, deren erste Spuren sich in alten Verschwörungstheorien finden, rankten sich auch um eine Gruppe Senatoren, die die Kaiserherrschaft abschaffen wollten und daher den Thron verschwinden ließen. Je nachdem übernahm diese Rolle auch der Thronrat. Noch heute sollen die Nachkommen der Verschwörer die Politik in ihrem Sinn zu beeinflussen. Selten sehen die Geschichten die Verschwörer positiv und leider interpretierten in den letzten Jahren einige politische Hazardeure diese Sagen erneut als Hinweise auf tatsächliche Verschwörungen, die sich bis heute durch die Zeiten ziehen und schadeten so dem Ansehen der Politiker und der Stabilität der Republik.
Mitunter wird auch der sogenannte "Neue Thron", der als Ersatz gefertigt wurde, bevor sich die Entstehung der Republik abzeichnete, in die Geschichten einbezogen. Dann handelt es sich um den durch Magie anders, als schmuckloser Thron im schlichten Stil der Zeit erscheinender Geschnitzter Thron. Er wäre nach diesen Geschichten also gar nicht verschwunden. Wo dies hinzugefügt wird, gwinnt der Dieb von Kirra die Hilfe eines Magiers oder findet einen magischen Ring. Der Wicht Rutzelbitz hingegen ist schon in den anderen Geschichten um ihn mit magischer Macht ausgestattet. Da keine magische Illusion über eine so lange Zeit funktioniert, sind auch hier Märchen, Sagen und Legenden offensichtlich.
Historiker erklären denn auch das Verschwinden des Throns und die darauf folgende Einrichtung der Republik anders. Da der Kaiser über lange Jahre hinweg nur noch rituelle Aufgaben wahrnahm, hätten sich Thronrat und Thronfolger, der das Leben im Goldenen Käfig ablehnte, darauf verständigt, das Amt des Kaisers abzuschaffen. Um dies dem abergläubichen Volk und dem religiösen Establishment zumuten zu können, habe es besonderer Maßnahmen bedurft. So habe man den Thron verschwinden lassen, um dies den religiösen Führern als göttlichen Fingerzeig nahezulegen. Einige Historiker kritisieren dies, da es von den Erklärungen ausgeht, die sich nach dem Verschwinden erst im Laufe ca. eines Jahres herausbildeten, wie noch an den Quellen deutlich verfolgt werden kann. Diese Historiker weisen auf Anzeichen hin, dass der Thronrat vom Verschwinden des Geschnitzten Throns überrascht war und zu einer Krisensitzung zusammenkam, in deren Folge sich dann in Absprachen mit anderen Machtgruppen und wegen des an der Regierung uninteressierten Thronfolgers im Laufe der folgenden Monate die bekannten Folgen ergaben, die sowieso schon in der Entwicklung angelegt waren. Doch stimmen hierzu nicht die später vom Thronfolger, Prinz Horran übernommenen hohen Ämter. Bekanntlich übernahm er zweimal das Amt des Premierministers und fungierte auch als erster Befehlshaber der Streitkräfte. Jedenfalls kann es sich nicht um die Verschwörung einer kleinen Gruppe handeln, da alle damaligen politischen Kräfte am Aufbau der Republik mitwirkten. Zudem hatten die Priester zu diesem Zeitpunkt längst einen großen Teil ihrer Macht verloren und das Verschwinden des Throns allein hätte keine Änderung bedeuten müssen.
Wie sich die Historiker hier auch endgültig entscheiden mögen, für die Literaturwissenschaft ist von größter Bedeutung, dass wir hier einmal den Ausgangspunkt vieler Legenden, Sagen und auch Märchen etwas besser fassen können als im Regelfall. Damit können wir die Entwicklung und Entstehung all der zwar fantasiereichen aber doch dem Mythos zuzuordnenden Geschichten besser in Regeln fassen. Die Erkenntnisse sind erstaunlich. Im Einzelnen ...
Lesen wir nun über die tatsächlichen Ereignisse an einem Monitor des erdfernen Forschungskomplex MZZ-1701-alpha, wo man die Berichte zu den von dort aus beobachteten Untersuchungswelten findet. Hier handelt es sich um die Zusammenfassung des Bericht Kirra.Staat.35268.B1 der Expedition zur Abschätzung der Opferzahl geplanter Experimente mit den Südlichen Inseln von 3589 nach Gründung des Wissenschaftlerrats:
Zufällig konnten wir also Ereignisse miterleben, die zu einem Umsturz im Kaiserreich von Kirra führten. Während die Zahl der menschlichen Opfer der geplanten Experimente als irrelevant erscheint, dürfte es sich lohnen vor Durchführung der Experimente die weitere Entwicklung zu beobachten. Daher seien die Ereignisse nochmals kurz zusammengefasst:
Das Reich von Kirra wandelt sich zur Republik, nachdem der sogenannte 'Geschnitzte Thron' verschwunden ist. Die wahren Hintergründe werden vom Thronrat geheim gehalten und es beginnen sich Verschwörungstheorien und Lügengeschichten um dieses Ereignis zu bilden.
In unseren Fokus gerieten die Ereignisse durch eine eilig einberufene Nachtsitzung des Thronrats. Schnell war klar, dass diese Versammlung vom alten und todkranken Kaiser einberufen wurde, da sich Probleme um seine Nachfolge abzeichneten. Aufgrund von Interferenzen konnte die Versammlung nicht unmittelbar abgehört werden. Doch noch während der Sitzung wurde ein Bote aus dem Palast zu einem bekannten Künstler entsand, der einen neuen Thron schaffen sollte. Damit war klar, dass der als wichtiges Machtsymbol geltende Geschnitzte Thron nicht mehr zur Verfügung stand. Die Auswertung der Aufzeichungen des Treffens ergaben, dass der Geschnitzte Thron schon seit einigen Jahrzehnten durch eine Kopie aus Pappmaschée ersetzt war. Dies spielte keine Rolle, da er im Normalfall nur von weitem im Thronsaal zu sehen ist und zwingend nur bei der Inthronistion eines neuen Kaisers seine Rolle spielt. Da der Kaiser sein Ende nahen fühlte, beauftragte er nun den Thronrat mit einer Lösung. Um sich alle Optionen offen zu halten, gab dieser einen neuen Thron in Auftrag. Die Thronfolge war durch die Designation von Prinz Horran gesichert, die schon seit Jahren innerhalb der Kaiserfamilie und auch von Thronrat und Senat anerkannt war. Daher beriet man über Wege, das Verschwinden des Throns, immerhin für viele Kirraner ein göttlicher Gegenstand, der die Herrschaft garantieren soll, zu erklären. Der Rat entschied sich, erst auf Nachfragen zu reagieren und zu hoffen, dass der neue Thron nicht auffiel. Er wollte ihn mit Decken vor Blicken verhüllen lassen und im schlimmsten Fall von Gerüchten zu sprechen und gleichzeitig Gerüchte um einen Diebstahl zu verbreiten. Letztendlich handelte es sich nur um ein Symbol, dessen Bedeutung man heutzutage auch mit der Mythenbildung aus Volksmund abtun konnte, auch wenn der Rat die frömmeren Bürger und insbesondere die Priester nicht vor den Kopf stoßen wollte. In dem Unverständnis der Scheu des alten Kaisers, den Thron zu ersetzen war der Thronrat sich einig. Ein Nachbau wurde in Aussicht genommen, doch von der Mehrheit als aussichtslos angesehen, weil die alten Methoden unbekannt waren und ein Teil des Materials, das nur noch in Süd-Dôr wachsende Rotholz wegen einer Rebellion derzeit nicht erhältlich war. Eine Ironie der Geschichte, da die Rebellion schon vor 47 Jahren durch die Hochzeit der kirranischen Prinzessin Alande mit dem Herzog von Dôr ausgelöst wurde, der nach der Tradition die Hauptpriesterin des Tempels von Ansach in Süd-Dôr heiraten sollte. Die Ablehnung des Brauchs wurde von der Bevölkerung Süd-Dôrs tragischerweise auf sich selbst bezogen.
Auch eine Reparatur kam nicht in Betracht. Die Überreste des Geschnitzten Throns wurden zwar sorgfältig in einer Truhe verwahrt, doch boten diese keine stabile Grundlage mehr für eine Reparatur. Um die Geheimhaltung zu wahren, wurde beschlossen, die Reste des Throns zu verbrennen und in das gerade neu ausgehobenen Becken für Zierkarpfen in den Schloßgärten auszustreuen, wo es wegen der dunklen Erde nicht weiter auffiel. Daher blieb ein Neubau als einzige Lösung.
Bereits zwei Tage später war Kaiser Gortus tot und der Thronrat musste sich mit Prinz Horran verständigen, um die Inthronisierung zu verzögern, bis der neue Thron zur Verfügung stand. Doch Prinz Horran erklärte, die Korrespondenz liegt uns in Kopie vor, dass mit dem Thron auch das Amt des Kaisers verschwunden sei und droht damit, an die Öffentlichkeit zu gehen. Er hatte sich in eine Grafentochter verliebt und dem Kaiser war nur eine Verbindung mit fürstlichen Familien gestattet. Versprechen, dies ändern zu wollen erschienen ihm als zu unsicher. Er verwies nur darauf, wie Senat und Thronrat sowohl ihn als auch Kaiser Gortu in dringenden Reformfragen immer wieder vertröstet hatten. Zu einem Risiko war er in dieser Frage nicht bereit. Die meisten Funktionen des Kaisers würden längst von Ämtern und Behörden wahrgenommen, die genausogut Thronrat oder Senat kontrollieren könnten. Für religiöse Funktionen könne man Priester einsetzen und so auch die Vertreter der Religion zufriedenstellen. Er wäre bereit, zeitweise ein paar hohe Ämter zu übernehmen, um sein Einverständnis zu zeigen.
Die Fühlungnahme mit den Hochpriestern des Reichs ergab, dass viele mit dem Ende des Throns sowieso das Ende der Linie der Kaiser verbanden. Aufgrund unterschiedlicher religiöser Ansichten zur Bedeutung des Geschnitzten Throns ergaben sich Streitigkeiten um die genauen Formulierungen, deren Klärung die Einführung einer Republik schließlich erst fasst ein Jahr nach dem Tod des Kaisers zustande kommen ließ. Es ging darum, ob die Truhe ein göttlicher Gegenstand sei, einem göttlichen Gegenstand gleich oder nach göttlichem Plan geschaffen. Hierum hatte es einst wichtige theoretische Auseinandersetzungen gegeben, die aber, da die Frage letztlich doch am Rande stand, nie gelöst worden war und jetzt plötzlich wichtig wurde. Schließlich einigten sich die Priester darauf, die Frage in der Formulierung zu vermeiden. Als einige Religionsvertreter an bestimmten Stellen der abgesprochenen Erklärung undeutlich murmelten, ergab sich daraus ein öffentlich ausgetragener Streit. Dieser wird wohl die religiösen Gruppen im Kirra der nächsten Jahre beschäftigen.
Der Thronrat schwankte etwa zwei Monate, ob Prinz Horran beseitigt werden sollte, zog dann aber doch vor, vor aller Welt die Einigkeit mit dem Hochadel demonstrieren zu können. Denn aufrgund der momentanen Situation hätten sich mit einiger Sicherheit der Herzog von Dôr, der junge, aber beliebte Erzherzog von Kirra und der Herzog von Mirrland um den Thron gestritten. Da es sich bei allen dreien um Militärs handelte, stand bei einer Beseitigung Prinz Horrans ein Bürgerkrieg zu befürchten. Dies wurde auch durch die Reaktionen der genannten Herzöge auf die Verzögerung der Inthronisation deutlich. Sie ließen Anhänger fordern, einen anderen zu inthronisieren, wenn Prinz Horran nicht zur Verfügung stehe. Denn um Zeit zu gewinnen, hatte man eine Krankheit des Prinzen vorgeschützt.
Nachdem der für die Nachfolgeregelung zuständige Thronrat entschieden hatte, wurde Kontakt zum Senat aufgenommen, dessen Vertreter einen Machtzuwachs im Prinzip gerne sahen. Einige Senatoren machten ihre Stellungnahme von der der religiösen Vertreter abhängig oder behaupteten dies zumindest. Abgesehen von einigen politischen Träumern bildeten nur die Anhänger der drei genannten Herzöge eine gewisse Opposition. Doch die überwältigende Mehrheit war schnell überzeugt, die Kontrolle der bisher kaiserlichen Ämter zu übernehmen und die Provinzen auf Senat und Thronrat, der weiter die Regierung bilden sollte, auszurichten. Lediglich zur Kontrolle des Militärs gab es Diskussionen. Es wurde beschlossen, dass Prinz Horran Übergangsweise die Leitung des Militärs übernehmen soll, da andere Militärs eher auf Seiten der drei Herzöge standen. Der Prinz scheint zu planen, Marine und Heer zu trennen, was auf den südlichen Inseln ungewöhnlich ist, um gemeinsame Aktionen gegen die neue Republik zu verhindern. Es wird auch über eine Art Garde der Republik gemunkelt, doch bisher können solche Pläne nicht bestätigt werden.
Bemerkenswert ist, dass sowohl den religiösen Führern als auch dem Senat die wahren Hintergründe des Verschwinden des Throns verschwiegen wurden. Thronrat und der eigentliche Thronfolger beschlossen, dass es um das Verschwinden ein Geheimnis geben soll, um den Beginn der Republik etwas zu verklären und sie so dem im Dunkel der Geschichte beginnenden Kaisertum gegenüber für das einfache Volk akzeptabler zu machen.
Eine wichtige Information ist, dass sich alle Mitglieder des Thronrats, der Thronfolger und anscheinend der Erzherzog von Kirra, dessen Bruder als Siegelbewahrer dem Thronrat angehört, sich durch Bestechung in den Besitz der Reste des Throns gesetzt haben und diese sicher verwahren, falls es politisch wichtig werden könnte, die Wahrheit zu belegen oder im Besitz des letzten Teils des Throns zu sein. Bis auf den Erzherzog und Prinz Horran scheint aber niemand erkannt zu haben, dass sich der ganze Thronrat in den Besitz solcher Reliquien gesetzt hat. Verbrannt wurde die Truhe, die die bestechlichen Dienstboten zuvor mit anderen Hölzern befüllt hatten.
Neben der weiteren Beobachtung bietet sich an, Reliquien des Throns öffentlich zu präsentieren, um die Auswirkung auf das politische und gesellschaftliche System Kirras zu beobachten. Es wird zum Abschluss nochmals dringend empfohlen, die Experimente, die die Zerstörung weiter Teile der entstehenden Republik von Kirra zur Folge hätten, aufzuschieben, bis die folgenden Entwicklungen klarer werden und die Verarbeitung des politischen Übergangs genügend untersucht ist.
Aus einem Vermerk ist ersichtlich, dass der Empfehlung für die nächsten Jahrzehnte gefolgt werden soll. Eine spätere Notiz vermerkt, dass die angedachten Experimente an anderen Welten durchgeführt wurden und bezüglich Kirras primär die weiteren Entwicklungen der Republik und der Erklärungsmodelle zum Verschwinden des Geschnitzten Throns beobachtet werden sollen. Der Akte ist ein Bericht angefügt, der mit 'Traditionen der Eingeweihten' überschrieben ist:
Als interessant muss notiert werden, dass sich die an die Nachfahren überlieferten Nachrichten der über die wahren Hintergründe des Verschwindens der Geschnitzten Truhe Informierten mittelerweile erheblich unterscheiden.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zwar immer ein Ort überliefert wurde, an dem die Asche verstreut wurde, der Ort jedoch mitunter abweicht. So werden Blumenbeete oder die Fundamente bestimmter Mauern, aber auch ein Friedhof außerhalb der Stadt genannt. Der letztgenannte Fall erklärt sich dadurch, dass der Graf von Hallberg seinen Teil des Throns mit in sein Grab genommen hat und sich dies in der Überlieferung seines Hauses mit der Verbrennung von Truhe und Thron verbunden hat. Die anderen abweichenden Überlieferungen gehen wohl auf übliche Fehler und Ungenauigkeiten bei solch mündlichen Geheimtraditionen zurück. Es handelt sich regelmäßig um Objekte im Umfeld des tatsächlich damals gebauten Beckens, dass zudem heute zu einem Rosengarten umfunktioniert wurde.
Die Mehrheit der Reliquien befindet sich in den Schatzkammern oder üblichen Verstecken der Nachfahren der Eingeweihten. Durch die Erklärung der real fassbaren Objekte erklärt sich die überdurchschnittlich gute Überlieferung des Geheimnisses. Nur die Nachfahren des Prinzen Horrans, die Herzöge von Klein-Kirra können das in einem goldenen Behälter verwahrte Holz nicht korrekt zuordnen. Lediglich ein Zusammenhang mit dem Kaiserhaus ist bekannt. Bei ihnen hat sich die Legende vom Dieb von Kirra mit den Tatsachen verbunden und es wird davon ausgegangen, dass Prinz Horran einen Dieb bezahlt habe, um den Thron verschwinden zu lassen, damit er die Inthronisation ablehnen und seine Gräfin Edheid von Hechten heiraten konnte. Aufgrund der Intrigen der Erzherzöge von Kirra besteht auch kein Kontakt zu den anderen eingeweihten Familien. Denn die Erzherzöge haben jüngst ein Einvernehmen zwischen diesen Familien hergestellt, um einerseits das Geheimnis zu wahren, andererseits, falls gewisse Verschwörungstheorien politisch bedeutsamer werden, evt. Nutzen aus der Überlieferung und den Überresten zu ziehen. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen dies für die einzelnen Überlieferungen hat.
Die Erzherzöge von Kirra tradieren, der Prinz Horran habe ein Attentat auf den Kaiser verüben wollen, was der Siegelbewahrer, Prinz Hainfried zwar verhindern konnte, doch auch den Tod des Kaisers durch einen Herzanfall verursachte. Zudem habe der Siegelbewahrer bei dem Kampf seine Zeugungsfähigkeit eingebüßt. Da Prinz Hainfried tatsächlich keine Kinder hatte, werden im Schatz der Herzöge tatsächlich zwei Überreste des Throns verwahrt. Ein weiteres haben sie in der Schatzkammer von Burg Kerrstein versteckt. Denn sie haben die Grafen von Kerrstein beerbt, die die Nachfahren des damaligen Kämmerers waren. Dieser hatte das Geheimnis aufgeschrieben und mit seinem Thronrest verwahrt. Die Erzherzöge bevorzugen dennoch wegen des andauernden Gegensatzes zur Familie des Prinzen Horran ihre eigene Version, auch wenn sie das fragliche Pergament als wichtiges schriftliches Zeugnis, das eventuell noch gute Dienste leisten kann, weiter sicher verwahren.
Der Graf der Orellinseln berichtet sogar in einem Buch von einer alten Familientradition, nach der der letzte Kaiser kurz vor seinem Tod verrückt geworden sei, den Thron zerstört habe, wobei er sich eine tödliche Verletzung zuzog. Dies ist jedoch eine Geschichte, die er in Umlauf brachte, um von gegenwärtigen Verschwörungstheorien abzulenken, die für ihn der Wahrheit zu nahe kommen. Er sieht das Ansehen seiner Vorfahren gefährdet. Allerdings scheint die Überlieferung seiner Familie tatsächlich zu betonen, dass der Kaiser nicht ganz bei Trost war, sich über Jahrzehnte nicht um den zerfallenden Thron zu kümmern.
Wir regen an, ein Experiment zu genehmigen, bei dem die neu auftretenden Verschwörungstheoretiker in den Besitz des Dokuments von Kerrstein gesetzt werden.
Zylinderwelten, Träne der Götter, Kugelkontinente Orbret, Forschungskomplex MZZ-1701-alpha
[WBO 2018]
[Die Namen "Kirra" und "Kerra" haben damals noch gewechselt. Sprachentwicklung? Dialekte? Ich weiß es noch nicht.]
Die Magie-Kabinette von Kerra
Im Bereich der Südlichen Inseln liegt das Reich von Kerra, indem Magie eine wichtige Rolle spielt. Dort sind die Zauberkundigen nicht zahlreicher oder mächtiger als woanders. Auch haben sie keine herausgehobene politische Bedeutung. Doch hat es sich ergeben, dass Sammlungen magischer Bücher und Artefakte wichtige Statussymbole darstellen. Was als Mode begann, wuchs sich immer mehr aus, bis sich niemand wirklich als Angehöriger der Oberschicht fühlen konnte, der keine solche Sammlung besitzt. Da solche Artefakte kaum zu fälschen sind, es für Bücher über Magie entsprechenden Wissens bedarf und für magische Bücher im engeren Sinne beide Voraussetzungen nötig sind, bedeutet dies eine zusätzliche Einnahmequelle für zauberkundige Autoren, Vertreter der eher technischen Schulen der Magie und sogenannte Schatz- oder Artefaktensucher, die -weniger euphemistisch ausgedrückt- meist nur Spezialisten im Bereich des Grabraubs sind. Die unteren Bevölkerungsschichten profitieren vom Anbau oder Beschaffung von Ingredenzien für magische Tränke und Artefakte oder werden bei der Beschaffung heiklerer Zutaten - sei es, dass Abbau und Gewinnung von Magitit die Gesundheit schädigt oder sich noch lebende Drachen gegen das Ausreißen von Schuppen wehren - ausgebeutet. Für solche Beschaffungen gibt es auch hoch bezahlte Spezialisten. Kurz gesagt, liegt die wirtschaftliche Hauptbedeutung dieser Sammlungen darin, dass das Geld der Reichen wieder in den Wirtschaftskreislauf gelangt und wegen der irrationalen Natur solcher Statussymbole auch in Krisen zur Förderung der Wirtschaft beitragen kann. Als eine weitere positive Nebenwirkung kann die Verteuerung gefährlicher magischer Artefakte gelten, die dadurch eher in Sammlungen verschwinden als in die falschen Hände zu geraten.
Allerdings liegt darin auch eine gewisse Gefährdung. Denn das Verwahren von magischen Büchern und Artefakten ist oft eine heikle Angelegenheit. Viele Aspekte der Magie sind kaum verstanden und plötzliche magische Entladungen führen in der Regel zu kleinen bis mittleren Katastrophen. Da nun -wie sollte es anders sein?- einige Besitzer magischer Sammlungen oft an entsprechenden Sicherungsmaßnahmen sparen, war recht schnell klar, dass es hier von Magiern kontrollierte Standards geben muss, die denn auch eingeführt wurden. So wurde recht bald vorgeschrieben, dass magische Sammlungen in speziellen Gebäuden, sogenannten Magie-Kabinetten unterzubringen sind. Ausnahmen gelten für die traditionellen Bibliotheken von Magiern und einzelne Artefakte oder eine unbedenkliche Zahl von Artefakten im Besitz von Magiern.
Nun kam es dennoch weiterhin zu einzelnen Vorfällen. Es liegt in der Natur der Magie begründet, dass nicht alle diese Vorfälle negativ sind und die Gefahr schon vor der nächsten Katastrophe in den Blick der Öffentlichkeit rückte: Über Kerrburg, der Hauptstadt von Kerra regnete es z.B. wohlriechende Blüten, die als Glücksbringer gesammelt und getrocknet wurden. Als die Ursache bekannt wurde, wurden diese Blüten zu magischen Sammelobjekten. Denn es war das Problem übersehen worden, dass Magie-Kabinette zu nah beieinander gebaut wurden und die Sicherungsmaßnahmen zweier solcher Bauten sich gegenseitig außer Kraft setzen können. Doch als vorgeschrieben werden sollte, dass nicht nur die einzelnen Sammlungen einer Stadt gewissen Standards genügen müssen, sondern auch in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt werden müssen, begann die Oberschicht Einfluss zu nehmen, um weitere teure Regelungen zu vermeiden. Lange geschah somit nichts, obwohl es zu kleineren Unfällen kam. Als dann die Stadt Pallogadion, die lag, wo heute die Bucht von Pallo liegt, verschwand, konnten die Reichen und Mächtigen eine wesentlich einschränkendere Regelung nicht mehr verhindern. Jetzt rächte es sich, dass sie den magischen Abgleich der Kabinette als zu schwer, zu aufwendig und zu teuer dargestellt hatten: Damit es nicht zu Unruhen kam, wurden jetzt Sicherheitsabstände festgelegt. Es wurde lediglich insoweit Rücksicht genommen, als dass das magische Potential einer Sammlung bewertet wird und sich der Sicherheitsabstand aus den Werten zweier oder mehrerer Kabinette ergibt. Dabei wurde auch die alte Forderung der Magier erfüllt, bei diesen Abständen natürliche magische Phänomene zu berücksichtigen. Zusammen ergab sich, dass Kabinette, wieder mit kleineren Ausnahmen, wie sie bereits genannt sind, so große Abstände erfordern, dass die Städte und die kleineren Inseln nicht groß genug sind, um alle Kabinette der Oberschicht zu beherbergen. Einige Meter reichen bekanntlich nicht als Sicherheitsabstand. Schon für eine sehr kleine Sammlung sind zumindest 150 bis 200 Schritt Abstand notwendig. In einer kleinen Stadt mögen allenfalls 2 oder 3 Magie-Kabinette entlang der Mauer zu verteilen sein.
Nun gibt es nicht nur die Magie-Kabinette privater Sammler. Auch Städte haben solche Prestigeobjekte erbaut, die Versammlungshäuser von Magiergilden enthielten mitunter mehrere Sammlungen und Magierschulen benötigen Kabinette zur Ausbildung. Einige Sammlungen sind direkt von öffentlichem Interesse. Hospitäler, Verteidigungsanlagen, ja sogar mancher Rat und manche Versammlung benutzen magische Artefakte zu verschiedenen Zwecken.
Nun lag es für die Oberschicht nahe, ihre Kabinette auf ihre Landsitze zu verlegen, und manche Gilden und Schulen führten ihre Sammlungen zusammen. Doch war dies nicht überall möglich. Verlegungen privater Sammlungen auf das Land verringerten lediglich das durch sie zu gewinnende Prestige ein wenig durch die geringere Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Daher war die Oberschicht, wie bei anderen Prestigebauten abseits der Städte, nun bestrebt, größere Kabinette zu errichten. Doch magische Sammlungen im Dienste der Gemeinschaft konnten sehr oft nicht so leicht verlegt oder vereint werden. Da hier Gesellschaft, Wirtschaft, Sicherheit und politische Institutionen betroffen waren, mussten geradezu Lösungen gefunden werden, obwohl größere Ausnahmen politisch nicht durchsetzbar waren.
Als ein kleines Hindernis für eine Lösung galt schon die Verschiedenheit der nunmehr unter Magie-Kabinett zusammengefassten Gebäude. Traditionelle magische Bibliotheken waren eher klein und fügten sich leicht in die jeweils üblich Türme und Häuser ein. Kabinette, die eine Funktion für die Öffentlichkeit zu versehen hatten, waren ebenfalls funktional in die entsprechenden Bauten eingefügt, wenn sie keine besonderen architektonischen Besonderheiten bedingten, wie die magischen Mauern an manchen Stadttoren, für die ein oder mehrere Erker aus bestimmten Steinen, Erzen und Metallen an die fraglichen Tore angebracht werden müssen. Wird hier repräsentatives Aussehen angestrebt, folgte dies in der Regel der allgemeinen architektonischen Vorstellungen der jeweiligen Zeit. Ein mit Magie in Verbindung gebrachtes Aussehen findet man dann schon oft bei Schulen und Magiergilden. Spitzbögen und Strebepfeiler auch an sinnlos erscheinenden Stellen, entweder weil die Position durch Magie doch nicht sinnlos war oder um auf die weltverändernde Wirkung der Magie hinzuweisen, magische Symbole und Inschriften, die oft wie Ornamente wirken und figürliche Darstellungen sind hierbei typische Elemente. Dies entwickelte sich bei den privaten Magierkabinetten, die ja in erster Linie der Repräsentation dienten zu einem verspielten Stil, bei dem so manchem Symbol keine echte Bedeutung mehr zukam und optische Täuschungen und die Provozierung von Widersprüchen zu den Sehgewohnheiten der jeweiligen Zeit zum Selbstzweck wurden, während bei den späteren Bauten bei den Landsitzen der Oberschicht eher Größe angestrebt wurde, wodurch sich die Verzierungen vereinfachten und sparsamer eingesetzt wurden, so dass dieser Stil eleganter wurde und sogar bei Neubauten von magischen Schulen und Magiergilden übernommen wurde. Diese Institutionen lehnten zuvor den verspielten Stil der städtischen privaten Magie-Kabinette immer als simplifizierenden Rückschritt, der im Grunde gegen eine universale Auffassung der Magie steht, ab. Schon hier standen verschiedene oft dogmatisch vertretene Auffassungen einer Lösung entgegen.
Schwerwiegender kamen verschiedene magische Konzepte zur Absicherung magischer Sammlungen hinzu, die ob verschiedener geometrischer Grundlage ganz verschiedene Bauweisen bedingten. Zumindest waren Eingänge, Garderoben, Leseräume und andere Vorrichtungen, die mehr für die Benutzer desjeweiligen Kabinetts gedacht waren, schon oft von den eigentlich magisch relevanten Räumlichkeiten getrennt, wodurch das Problem in vielen Fällen vereinfacht wurde. Demgegenüber wurden in älteren Gebäuden aus Tradition und bei der Architektur der privaten Magie-Kabinette aus Gründen des Prestige auch diese Räume in das magische Konzept integriert. Mitunter kommt dies auch heute noch vor. Hierdurch verkomplizieren sich die zur Sicherheit notwendigen Berechnungen erheblich. Und hier liegt denn auch der Hauptgrund, dass die Sicherheit anderer Lösungskonzepte nicht vermittelt werden konnte und wieder andere Lösungsansätze nicht auf Dauer praktikabel waren.
Recht einfach war demgegenüber die Idee, verschiedene Kabinette direkt nebeneinander zu setzen und durch eine gemeinsame Wand oder gar einen einzigen gemeinsamen Stein miteinander zu verbinden, damit sie als ein Gebäude zählten. Bezeichnender Weise soll denn auch je nach Legende ein Maurer in Kerrburg, ein Beamter des Bauamts von Kerolor oder einfach Volkes Schläue diese Lösung hervorgebracht haben und nicht ein Jurist, Magier oder Architekt. Konsequent begann man irgendwann damit, solche Gebäude einfach mit Mauern zu verbinden und dann zu einem Gebäude zu erklären. Da Hospitäler oft in der Nähe von mitunter magisch gesicherten Stadttoren lagen und auch Schulen gerne etwas vom Tageslärm entfernt an der Stadtmauer gebaut worden waren, entstanden so schließlich "Gebäude", die ganze Städte umringten oder gar eine Art Netz in den Städten bildeten. Von hier war es nur ein kleiner Schritt, all diese Kabinette als eine Institution aufzufassen und so in letzter Konsequent und unter anderen Vorzeichen die ursprünglich angedachte Lösung doch noch umzusetzen. Allerdings galt dies als so heikler Schritt, dass er über Jahrhunderte hinweg nicht gegangen wurde und alle Anläufe hierzu scheitern mussten. Erst vor kurzer Zeit gab es den ersten erfolgversprechenden Anlauf, endlich diese rationalere Lösung einzuführen. Doch ist die Verabschiedung einer Neuregelung keinesfalls sicher, da Bürgerinitiativen vor jeder Änderung warnen, obwohl nur die Fiktion eines einzigen Gebäudes aufgegeben werden soll.
Zylinderwelten, Träne der Götter, Kugelkontinente Orbret, Forschungskomplex MZZ-1701-alpha
[Für Montag dann etwas früher, da ich zweimal zu spät war.]
(WBO 2018)
Die Einsamen Fahrten der Mirra
(Aus einem Referentenbericht des kirrischen Außenministeriums wegen einer Tabu-Übertretung durch junge Adlige des Reichs von Kirra durch Betreten der Insel Ralladion im Gebiet der Mirra.)
Das nicht allzu große Reich von Kirra beansprucht einen Teil der Südlichen Inseln. Doch fast in seinem Zentrum, ja an einer Bucht seiner Hauptinsel, liegt ein Gebiet, dass aus dem Reich ausgenommen ist. Dort lebt das Volk der Mirra, welches einst dem Reich einen unschätzbaren Dienst erwies. Zur Belohnung wurde gewährt, dass ihr kleines Gebiet um die Bucht von Rallo unangetastet bleiben soll und ein ewiger Friede geschlossen. Dort gibt es den Brauch der Einsamen Fahrt, von dem hier die Rede sein soll.
Es handelt sich um einen Brauch des Übergangs. Solche Bräuche, die bei vielen Völkern üblich sind, sind gewöhnlich, je nachdem welcher Lebensabschnitt erreicht oder hinter sich gelassen wird, verschieden. Doch bei den Mirra handelt es sich bei jedem Übergang um eine Fahrt des Initiaten in einem Einbaum, bei dem zudem die Insel Ralladion eine Rolle spielt, die vor dem Ausgang der Bucht liegt und deren Betreten im Alltag ein Tabu darstellt. Im Folgenden wird zur Vereinfachung grammatikalisch das männliche Geschlecht benutzt, doch wird dieser Brauch von beiderlei Geschlechtern gelebt.
Der generelle Ablauf der Einsamen Fahrten
Zu Beginn dieses Initiationsbrauchs wird der Initiat, bekleidet mit einer Tunika von - je nach Sippe - reinweißem, gebleichtem oder ungebleichtem Leinen, von Familie, Freunden und Nachbarn zum Strand geleitet, wo er von einem Priester auf den Weg geschickt wird, nachdem er sich von den Anwesenden verabschiedete. Dieser spricht zunächst einige wohlgesetzte Worte, die die Person des Initiaten, dessen Sippe sowie den abgeschlossenen und den kommenden Lebensabschnitt berücksichtigen. Danach segnet er den Einbaum, indem er begleitet von den folgenden Worten etwas Sand des Strandes hineinstreut: "Von dem Strand, von dem du fahren sollst, damit du den Rückweg zum Strand, zu dem du kommen sollst, findest." Daraufhin segnet er den Initiaten, indem er ihn mit Hilfe eines Palmzweigs mit Meerwasser besprengt. Dazu spricht er die Worte: "Von dem Meer, auf dem du hinausfährst, damit du den Weg zu dem Meer, auf dem du zurückkehrst, findest." Hierauf steigt der Initiat in den Einbaum und wird von seinen Nachbarn in die Brandung geschoben.
Nun beginnt seine Fahrt, die ihn - je nach Lebensabschnitt - zur oder um die Insel Ralladion führt. Hat er hier die Aufgabe, die sich ihm stellt, bewältigt, fährt er wieder zum Strand zurück, von dem er kam. Doch sieht er nach der Philosophie das Meer, über das er fährt, nun als anderes Meer an, als dasjenige, über das er kam. Und den Strand, zu dem er fährt, als einen anderen Strand als jenen, von dem er aufbrach. Denn die Mirra sind davon überzeugt, dass sich mit jedem Lebensabschnitt die Welt ändert, wie man ja auch nicht an zwei Tagen in denselben Fluss steigen kann. Da offensichtlich ist, dass auch innerhalb der Lebensabschnitte Zeit vergeht, wird diese sich stufenweise und individuell verändernde Welt als sakrale Welt neben der alltäglichen verstanden.
Während der Fahrt wacht am Ausgangspunkt ein Wächter, der regelmäßig abgelöst wird. Seine Aufgabe besteht darin, die Rückkehr des Initiaten rechtzeitig zu verkünden, damit ihn die Festteilnehmer am Strand erwarten können. Kommt nun der neu Initiierte zum Ausgangspunkt der Fahrt zurück und ist die Festgemeinde noch nicht versammelt, wartet er bis diese anwesend ist. Ist sie versammelt, wird er vom Oberhaupt seiner Sippe oder seines Dorfes begrüßt: "Sei willkommen in deiner Zeit, Initiierter." 'Initiierter' dient hier nur als Platzhalter, denn hier wird die Rolle, die der Initiierte im folgenden Lebensabschnitt einnimmt, eingesetzt. Daraufhin wird der Initiierte, wie er bei seinem Aufbruch zum Strand geleitet wurde, zu einem Festplatz geleitet. Dort beginnt nun mit einem Festessen ein frohes Fest, das schon, wie Rückfahrt und Ankunft zum neuen Lebensabschnitt gehört. Darüber, ob diese alkohollastigen Feste zum heiligen Brauch gehören, herrscht auch bei den Mirra keine Einigkeit. Da es bei diesem Fest weiter keine Besonderheiten gibt, erübrigt sich zudem eine genauere Beschreibung.
Abgesehen von der Ansprache des Rückkehrers unterscheidet sich je nach Lebensabschnitt auch, ob der Initiat die Insel betritt und was er dort zu tun hat.
Die einzelnen Einsamen Fahrten
Die erste Fahrt unternimmt der Initiat nicht selbst. Denn ein Neugeborenes kann noch keinen Einbaum führen. Stellvertretend unternimmt diese Fahrt der Vater. Ist dieser tot oder körperlich nicht dazu in der Lage, übernimmt diese Pflicht ein Verwandter, in seltenen Fällen auch die Mutter, sobald sie sich vom Kindbett erholt hat. Sonst findet die Fahrt möglichst direkt nach der Geburt statt. Im Unterschied zu den anderen Fahrten findet keine feierliche Verabschiedung statt, da das Neugeborene erst mit der Rückkehr seines Stellvertreters von der Insel als wirklich in der Welt angekommen betrachtet wird. Während dieser Fahrt legt der Stellvertreter eine kleine Tonscherbe mit dem Namen des Neugeborenen auf der Insel nieder und spricht dabei die Worte: "Möge die Welt des Initiaten beginnen." statt Initiat fügt der Stellvertreter hier natürlich den Namen des neuen Weltbürgers ein. Bei der Rückkehr wird nicht der Stellvertreter begrüßt, sondern er eilt mit der Festgemeinde zum Neugeborenen und begrüßt dieses als "Kind". Aus begreiflichen Gründen nehmen das Kind und seine Mutter nicht am folgenden Fest teil. Es wird von der "Ersten Fahrt" oder in nicht so gehobener Sprache und etwas ungenau in unsere Sprache übersetzt von "Pinkelfahrt" gesprochen.
Wie in vielen Gesellschaften unterscheiden die Mirra Kinder und Jugendliche; sie sprechen davon, dass nach der Kindheit die Zeit des Lernens komme. Bei diesem Übergang sollen die Initiaten die Insel Ralladion kennenlernen. Sie sollen die Insel betreten und sie für sich erforschen. Die Zeitdauer des Aufenthalts ist nicht festgelegt. Allerdings wird die Gewissenhaftigkeit und die Ungeduld des Initiaten nach der Dauer des Aufenthalts beurteilt. Bei der Rückkehr wird der Initiat als "Schüler" begrüßt. Es wird von der "Fahrt des Forschens" gesprochen.
Bei der Einsamen Fahrt, mit der das Erwachsenendasein beginnt, wird die Insel nicht betreten. Dies sollte ursprünglich zeigen, dass die Initiaten die Neugier, die Insel zu erforschen, beherrschen können. Die Fahrt des Forschens wurde erst später eingeführt, ohne die nachfolgende Einsame Fahrt zu ändern. Die Initiaten eines Jahrgangs machen meist regelrecht einen Wettbewerb daraus, wer diese Fahrt am schnellsten absolviert. Diese Wettfahrt hat dieser Fahrt den ursprünglichen Sinn genommen. Diese Entwicklung soll aber erst nach Einführung der Fahrt des Forschens eingetreten sein. Bei der Rückkehr wird der Initiat als "Mann" (oder "Frau") begrüßt und es wird von der "Fahrt der Geduld" oder etwas ungenau und wohl nicht ursprünglich von der "Fahrt der Erwachsenen" gesprochen. (Zur Entstehung der Fahrt des Forschens siehe weiter unten.)
Hier muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Lebensabschnitte bei den Mirra nicht einfach enden. Es treten nur die bisherigen Rollen gegenüber der neuen Rolle in den Hintergrund. Schließlich bleibt eine Person immer das Kind seiner Eltern und das Lernen ist eine lebenslange Notwendigkeit. So ist denn auch der Zeitpunkt der Fahrt der Geduld nicht von einer abgeschlossenen Ausbildung oder einer Prüfung abhängig, sondern erfolgt im Alter von 20 Jahren. Demgegenüber findet die Fahrt des Forschens statt, wenn ein Kind körperlich und geistig dazu in der Lage ist, was gewöhnlich mit 14 oder 15 Jahren der Fall ist. Tritt diese ganz praktische Voraussetzung nicht ein, kann ein Stellvertreter aus der Familie oder Sippe bestimmt werden. Doch hängt dies auch vom Willen des eigentlichen Initiaten ab.
Die nächste Fahrt hängt dann von der Ausbildung zum Krieger ab. Der Initiat muss zeigen, dass er einen Tagesmarsch bewältigen und einen Pfeil abschießen kann. Auch soll er eine Nahkampfwaffe halbwegs beherrschen. Da hier reicht, einige Schläge zu parieren, eine Melone mit einer Keule zu zerschlagen und der erwähnte Pfeil nicht treffen muss, schaffen dies die meisten ohne zusätzliche Ausbildung. Wer nicht genügend ausgebildet diese Fahrt auf sich nimmt, gilt den Mirra als Schuld am eigenen Tod, wenn er mangels Ausbildung fällt. Doch da es seit langen Jahrhunderten keinen Krieg mehr gab, da das Gebiet wohl geborgen inmitten des Reichs von Kirra liegt, ist dies nur ein theoretischer Spruch, den ungeduldige junge Frauen und Männer zu hören bekommen, die diese Prüfung zu früh ablegen wollen. Der Initiat nimmt seine Waffen mit und soll sie auf der Insel nutzen. So ruft ihm zu Beginn der Fahrt der Priester nach: "Nutze deine Waffen weise!" Wie er dies tut, bleibt jedoch ihm überlassen. Bei der Rückkehr wird er als "Krieger" angesprochen und es wird von der "Fahrt des Ringens" gesprochen. Dies weist darauf hin, dass der Initiat einst die Insel besuchte um sich seinen eigenen Dämonen, seinen Ängsten und Befürchtungen zu stellen. Dadurch, dass alles, was mit dem Krieg zu tun hat, bei den Mirra in den Hintergrund gedrängt wurde, ging auch der eigentliche Hintergrund dieser Fahrt verloren, die zu einem erstarrten Ritual wurde, und den Anlass zu einem Fest bietet. Einige jüngst in der großen Bibliothek von Kirrburg aufgefundene Aufzeichnungen aus dem kirraischen Mittelalter weisen darauf hin, dass dies Ritual lange Zeit nicht begangen wurde. Doch ist dies und damit die genaue Entwicklung dieser Fahrt bei den Brauchtumsforschern und Historikern noch umstritten. Es scheint sich aber schon herauszukristallisieren, dass das erwähnte 'Ringen mit sich selbst', dass ein wichtiger Punkt der Philosophie des Derrob war, der etwa zur Zeit der vermuteten Neueinführung lebte, erst damals eingeführt wurde, während die ältere Tradition handfester war. (Zur anfänglichen Ausprägung dieser Fahrt siehe weiter unten.)
Die nächste Fahrt im Lebenslauf sollte die "Fahrt der Hochzeit" sein, bei der ein junges Ehepaar gemeinsam zur Insel Ralladion fährt, um dort eine Nacht zu verbringen. Was sie dort tun, bleibt dem jeweiligen Paar überlassen. Bei der Rückkehr werden sie als "Eheleute" begrüßt. Obwohl diese Fahrt zu zweit unternommen wird, wird dennoch von einer Einsamen Fahrt gesprochen. Ob das Paar die Fahrt am Tag der Hochzeit, am Tag danach oder eine Woche später unternimmt, hängt von der Sippenzugehörigkeit der Frau und einem Orakel ab, das daraus, welchen Vogel das Paar nach der Trauung als erstes sieht, abhängt. Tendenziell bedeutet ein Greifvogel Gefahr, weshalb dann die Fahrt schnell unternommen werden muss, während Singvögel Glück bedeuten sollen, so dass sich das Paar Zeit lassen kann. Doch sind die Wahrsagetraditionen der Mirra zu umfangreich, um sie hier ausführlicher darzustellen.
Hat jemand genügend Lebenserfahrung gesammelt, bekommt seine Stimme im Rat der Mirra höheres Gewicht. Er kann bei den Versammlungen nunmehr die Jüngeren zur Ruhe rufen und bekommt ein beschränktes Rederecht im Rat, auch wenn er kein gewähltes Mitglied ist. In der Versammlung darf er nun als Stellvertreter für Abwesende Verwandte die Stimme abgeben. Ursprünglich war damit auch verbunden, dass er nun kein aktiver Krieger mehr war und nur noch zur unmittelbaren Verteidigung des Stammesgebiets zur Waffe greifen musste. Auch dieser Lebensabschnitt wird durch eine Einsame Fahrt eingeleitet. Dabei soll er auf der Insel sein Wort an die Götter richten und sie um das Gedeihen der Mirra bitten. Daher wird von der "Fahrt der Rede" gesprochen und der frisch Initiierte als "Rater" begrüßt. Diese ungeschickt scheinende Übersetzung berücksichtigt, dass das formal gewählte Ratsmitglied als "Daran" bezeichnet wird, was unserem 'Rat' entspricht und eine Funktion ausdrückt. Demgegenüber stehen die "Daraman", was in der Sprache der Mirra die Tätigkeit betont und daher besser als 'Rater' übersetzt wird.
Ob die Alten nun mit besonderer Hochachtung oder Verachtung betrachtet werden, wird doch das Alter bei nahezu allen Völkern als eigener Lebensabschnitt gesehen. Bei den Mirra wird dieser Lebensabschnitt eher mit einer gewissen Weisheit verbunden gesehen, doch werden auch die mit dem Alter verbundenen Leiden nicht ignoriert. So kann sich der Initiat bei dieser Fahrt von einem Helfer fahren lassen. Bei der "Fahrt des Alters" sollte der zukünftige "Senior" auf der Insel ein Dankesopfer für sein gelungenes Leben aus Früchten und Alkohol darbringen. Doch nach den religiösen Umwälzungen der letzten hundert Jahre wird heute nur noch ein Dankgebet gesprochen.
Die "Letzte Fahrt" findet heute kaum mehr statt. Dabei wurden die Toten bestimmter Sippen dem Meer übergeben. Alte Aufzeichnungen deuten darauf hin, dass in den Hungerzeiten am Ende des kirrischen Altertums Senioren zur Insel Ralladion fuhren, um Selbstmord zu begehen, um so die Lebensmittelvorräte für die jüngeren Mirra zu erhalten. Der Begriff wird auch benutzt, wenn es bei einer Einsamen Fahrt zu einem tödlichen Unglück kommt. In diesem Fall wird vermutet, dass der so als "Geist" initiierte die Mirra insgesamt beschützt, während die Geister der Toten gemäß dem traditionellen Glauben nur die eigene Sippe schützen. Doch da die traditionelle Jenseitsvorstellungen der Mirra zur Zeit von neuen Konzepten abgelöst zu werden scheinen, scheinen diese Vorstellungen von vielen nur noch als Märchen betrachtet zu werden. Wohin hier die Entwicklung geht, kann noch nicht gesagt werden.
Die Geschichte der Einsamen Fahrten
Nach den Schriften der Alten stammt der Brauch der einsamen Fahrt aus dem kirraischen Altertum, als die Mirra durch das zweite Reich von Kirra unterjocht wurden. Da sie sich mit der Situation nicht abfanden, zu Aufständen neigten und kirraische Amtsträger in ihrem Gebiet oft ein kurzes Leben hatten, errichteten diese auf der in diesem Bericht so oft genannten Insel die kleine Stadt Ralladion für die kirraischen Soldaten und Beamten. Nunmehr durften die Mirra bei Todesstrafe die Insel, deren mirraischer Name in Vergessenheit geriet, nicht mehr betreten. Bei einem Aufstand wurde schließlich die Stadt Ralladion zerstört. Da kurze Zeit später die Mirra, um sich vor einer barbarischen Invasion aus dem Norden zu retten, auch Kirra retteten und der ewige Friede zwischen dem Reich von Kirra und den Mirra geschlossen wurde, wurde die Stadt nie wieder aufgebaut. Als Mahnung und aus Respekt vor den dort hingerichteten Mirra wurde beschlossen, die Insel mit einem Tabu zu belegen und Kindern wurden Gespentergeschichten über die Insel erzählt, was den Nimbus von Ralladion im Laufe weniger Generationen steigerte. Zudem waren die Mirra während der Besatzung zur Registrierung, zur Aushebung für den Kriegsdienst und anderen Angelegenheiten auf die Insel vorgeladen worden. Daher gehörte zum Erwachsenwerden eine Fahrt zur Insel. Stolz auf ihre Unabhängigkeit umfuhren nun die jungen Erwachsenen die Insel, die sie nicht mehr betreten mussten. Und schon vor der Besatzungszeit waren aus heute unbekanntem Grund die Senioren zum Dankesopfer zu der Insel gefahren, was ihnen nun wieder erlaubt ward. Junge Krieger fuhren trotz des Tabus zur Insel, um symbolisch die Ruinen zu beschädigen, die heute bis auf einige Mauern verschwunden sind.
Mit der parallelen Entwicklung der mirraischen Vorstellungen von den stufenhaften Lebenswelten, die im Lebenslauf durch die Lebensabschnitte durchschritten werden, bekamen diese Fahrten eine neue Bedeutung als Übergang zur nächsten Lebenswelt und Übertritt in den nächsten Lebensabschnitt. Daher entwickelten sich die Fahrten zu Beginn des Ehelebens, des Lebens als Raters und die Fahrten bei der Geburt eines Kindes entsprechend der damit beginnenden Lebensabschnitte. Die Fahrt des Forschens hingegen scheint als Mutprobe begonnen zu haben, die dann institutionalisiert wurde, obwohl sie den Sinn, den die Fahrt der Geduld angenommen hatte, eigentlich konterkarierte. Einige alte Texte überliefern dementsprechende Kritik an der Fahrt des Forschens. Aus ihrer Rechtfertigung entstand dann ihre Sinngebung als Beginn des Lernen des nunmehr verständigen und kräftiger werdenden Heranwachsenden.
Hiervon abzuheben ist die Letzte Fahrt. Bei den Seebestattungen einiger Fischersippen lag einfach nahe, diese in Zusammenhang mit den Einsamen Fahrten zu bringen. Und der sonst verpönte Selbstmord der Alten während der Hungerzeit fand durch eine Fahrt zur Insel ihre Rechtfertigung. Dennoch blieben die Leichen unbestattet liegen, bis die Knochen von der Vegetation der Insel verschlungen wurden.
Weitere Entwicklungen wurden bereits bei der Beschreibung der einzelnen Fahrten angegeben. Jedenfalls so weit sie bekannt sind. Denn die Erforschung dieses Brauch ist keineswegs so fortgeschritten, wie angesichts seiner Bekanntheit zu erwarten wäre.
Da das Betreten der Insel Ralladion Tabu ist, und die Mirra sich auch davor scheuen, über diese Insel zu reden, kann auch sie leider nicht so genau beschrieben werden, wie eigentlich wünschenswert. Sie hat einen Durchmesser von etwa zweieinhalb Stunden Wegstrecke. Bekannt ist ihre üppige Vegetation. Hinzu kommen einige wenige Reste der einstigen Stadt. Aus den alten Beschreibungen sind einige süße Quellen bekannt und auch ein Sumpf wird erwähnt.
Doch wichtiger als die Geographie der Insel ist die positive Annahme aller Lebensabschnitte, die in den Einsamen Fahrten der Mirra zum Ausdruck kommen und uns Mahnen, den eigenen Stand im Leben nicht aus den Augen zu verlieren. So mag auch der Übertretung des Betretungstabus bezüglich der Insel Ralladion durch unserer jungen Staatsbürger in den Augen der Mirra ein Sinn gegeben werden, die sie vielleicht von Strafmaßnahmen abhält.
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(WB-Speedbasteln #110 'Fliegende Tiere'; Fliegende Wale und Fliegende Fische habe ich schon. Jetzt gibt es auch fliegende Makrelen.)
Fliegende Makrelen
Im Gegensatz zu normalen Fliegenden Fischen, können sich ganze Schwärme Fliegender Makrelen eine Weile in der Luft halten. Einerseits sind die Flügel ausgeprägter, andererseits wird Magie vermutet. Genau untersucht ist dies noch nicht.
Fliegende Makrelen werden bekanntlich gefischt, weil sie eine ganz besondere Delikatesse sind. Dazu sind die Schiffe mit Geschützen ähnlich römischen Skorpionen ausgestattet. Haben sie nur ein solches Geschütz, wird das Netz ähnlich einem Fallschirm in die Höhe geschossen. An den Ecken angebrachte kleine Schirme sollen bewirken, dass sich das Netz aufspannt, in welchem dann beim Fall gen Boden die Fische gefangen werden. Dies ist eine eher ineffektive Methode. Ertragreicher ist es, das Netz mit 3 oder 4 Geschützen abzufeuern. Wegen der Takelage bedarf es entweder mehrerer Schiffe oder speziell für den Fang Fliegender Makrelen gebauter Schiffe, vom Volksmund auch als Fliegenfänger bezeichnet. Trotz der Speziellen Konstruktion müssen diese zum Fang teilweise abgetakelt werden. Diese Methode wird erst durch den Einsatz abgerichteter übergroßer Fliegender Fische effektiv, die neben mehreren Vogelarten, hier sei nur der Makrelenbussard erwähnt, Fressfeinde der Fliegenden Makrelen sind.
Eine traditionellere Methode und für kleinere Mengen sehr effektive Methode von den Südlichen Inseln ist das Drachenfischen. Dabei lässt man Flugdrachen, gemeint sind die von Menschen konstruierten Papierdrachen, steigen. Ihr Seil ist mit effektivem Kleber bestrichen und die Kunst besteht darin, die Drachen in eine Position zu bringen, von der aus sie sich so durch den Schwarm steuern lassen, dass sie erst nach unten gezogen werden, wenn möglichst viele Fische daran kleben.
Der traditionell benutzte Kleber ist nicht wasserlöslich und für den Menschen giftig. Die Schnurr wird mit Alkohol vom Fisch gelöst und Kleberrückstände werden in einem Feuer weggebrannt, in die der Fisch nur kurz gehalten werden muss, da der Kleber hochentzündlich ist. Üblicherweise sprechen dabei die Fischer dem Alkohol zu, so dass Giftunfälle häufiger vorkommen als nötig.
(aus: Tan Ela, Meeresbewohner im Bereich von Träne und Südlichen Inseln im Lichte moderner Wissenschaft, Mittelstett, Jahr des Fischregens.)
Über Mangrovenwäldern sieht man mitunter Fliegende Wale hinweggleiten. Sie weiden dabei Blätter ab. Da ihre Haut nicht austrockenen darf, müssen die Fliegenden Wale nach etwa einer halben Stunde wieder in ihrem gewöhnlichen Element untertauchen.
Ihre Flügel sind eigentlich zu klein für ihr Gewicht. Es wird vermutet, dass sie wegen derselben Mechanismen fliegen können, die auch die Drachen fliegen lassen.
Da festgestellt wurde, dass die Blätter weitgehend unverdaut ausgeschieden werden, wird vermutet, dass auf den von den abgeweideten Mangroven-Blättern lebende Kleinstlebewesen wichtig für die Ernährung der Wale sind.
Eine Bedrohung stellen die Fliegenden Wale im Normalfall nicht dar. Doch sollen sie, wie Gerüchte besagen, schon Walfänger zum kentern gebracht haben.
In derselben Gegend kommen kleine Elche mit Pyramiden statt Geweih vor. Sie schwimmen häufig und stubsen dabei Wale an. Ob dies mit der Flugeigenschaft der Wale zusammenhängt, ist Gegenstand von Spekulationen.
B. Fische
1. Fliegende Fische Diese Fische, die nach Sprüngen aus dem Wasser mit Hilfe von Flügeln eine Strecke gleiten, gibt es wie auf der Erde auch bei den Südlichen Inseln. Es gibt allerdings mehr Arten von Fliegenden Fischen. Die meisten dieser Fischarten harren noch der Erforschung.
2. Schrumpfform der fliegenden Fische Diese Fische sind kleiner als die normalen Fliegenden Fische. Sehr viel kleiner. Guppie-Größe. Sie kommen auch im Süßwasser vor.
3. Übergroße Fliegende Fische Diese Fische sind größer als die normalen Fliegenden Fische. Sie haben Hundegröße und es gibt fast schon ebensoviele Rassen wie bei Hunden. Denn sie sind auch so intelligent und je nach Rasse auch treu, weshalb sie gerne für verschiedene Aufgaben, etwa als Muschel-, Ernte- oder Hütefische gehalten werden. Auf den Südlichen Inseln sind sie Fischern dadurch oft eine gute Hilfe.
4. Fliegende Makrelen [siehe hier] Hier bleibt nur zu ergänzen, dass ein Schwarm der torpedoförmigen Fische Menschen durchaus gefährlich werden kann, weshalb Schutzkleidung und Rüstung gegen aufprallende Fische nicht unbekannt sind.
C. Wichtige Personen im Zusammenhang mit Fliegenden Fischen Es gibt einen Kaufmann Tan Ela aus Mittelstett, der mit seinem Kescher neue Arten fliegender Fische sucht, um ihre Verwertbarkeit für die Wirtschaft zu untersuchen. Bei dem Namen kann es sich auch um einen lokalen Namen leihen, der ihm verliehen wurde, weil er mit dem Kescher so aussieht wie ein Krebs mit Schere. Tan Ela hieße in der Sprache des Nordischen Teils der Südlichen Inseln Großer Krebs oder Krebsmensch. Seine Leidenschaft für diese Fische hat ihm großes Ansehen im Kreise der tränischen Biologen eingebracht. Sprichwörlich geworden ist der Tangens Ela. Das ist der immer unterschiedliche Winkel, in dem die Fliegenden Fische von Tan Ela abprallen, wenn es zu einem Zusammenprall kommt. Damit bezeichnet man wissenschaftliche Messung, bei denen Wiederholungen immer andere Ergebnisse ergeben oder zu ergeben scheinen. Der Ausdruck geht auf die Beobachtung des Tan Ela inmitten eines Makrelenschwarms durch Seeleute und einige entsprechende Karikaturen zurück.
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[Slowbasteln 2022 - 6 'Aussaaten'. Ich bitte zu bedenken, dass die Marakremmen noch sehr WiP sind.]
Von den Saatmethoden der Marakremmen
Die Marakremmen sind ein Volk im Bereich der Südlichen Inseln. Sie leben in einem Gebiet, dass nicht Land und nicht See ist. Wegen der ständigen Überflutung benötigt ihre Landwirtschaft besondere Wege. Die Shargis, ihre Hütehaie, sind nur die bekannteste ihrer Lösungen. Was die Aussaat angeht, besitzen sie natürlich schwimmende Felder aus Algen und Holz, auf denen sie recht normal Pflanzen anbauen können. Selbstverständlich werden auch ihre Hausboote und die durchaus vorkommenden Bäume genutzt, um Pflanzgefäße unterzubringen und natürlich sind auch auf regelmäßig trocken fallenden Äckern traditionellere Anbaumethoden möglich.
Interessanter sind jedoch ihre Unterwasser-Aussaaten. Es reicht ja nicht, Samen auf dem Wasser auszubringen, da dieser abgetrieben würde.
Samen, der erst im Meer quellen muss wird von speziellen Gärtnern, den Vorkeimern, teils in Bottichen, teils in Becken an wenigen erhöhten Stellen behandelt.
Wie direkt auszubringende Sämereien muss dann am Grund verankert werden. Hierzu bedienen sich die Marakremmen verschiedener Pflanzröhren. Darin können Samen platziert und mit Hilfe von durch die Röhren geführte Stangen in den Grund gedrückt werden. Es gibt hierbei:
--- Röhren verschiedener Durchmesser für einen Samen. --- Röhren, die gleichzeitig mehrere Samen analog zu Saatscheiben in den Boden bringen. --- Röhren, mit denen auf kleinen Holzkegeln angebrachte Ballen gesetzt werden können. --- Röhren und Stangen, mit denen Pflanzgefäße oder größere Pflanzballen verankert werden.
Auch ganze Einbäume werden als Pflanzboote versenkt und verankert. Hierzu werden in jüngerer sogar extra schwere Holzstämme importiert.
Bestimmte Algen und Schwimmfrüchte werden in Holzbecken herangezogen, um in Netzen oder von Netzen umzäunten Bereichen bis zur Ernte zu reifen.
Reine Pflanzschiffe wie sie etwa in Chosor, der treibenden Inseln der Blüten bekannt sind, kommen selten vor und auch zu große Algenteppiche werden vermieden und sogar aktiv beseitigt. Aus alter Zeit scheinen unter Wasser liegende Becken zu stammen, die mutmaßlich dem Anbau von Nutzpflanzen dienten. Im Boden einiger dieser Becken wurden Löcher festgestellt und auf dem Rand finden sich mitunter Reliefs von Pflanzen. Einige Forscher vermuten hier auch rituelle Hintergründe.
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Fortsetzung zu Artefakten und Ritualen in Bezug zur marakremmischen Aussaat
Aus alter Zeit scheinen auch die sogenannten Säersteine zu stammen, auf denen zum geringeren Teil aussäende Marakremmen abgebildet sind. Öfter werden Pflanzröhren oder Saatgut gezeigt. Es scheint auch Abbildungen zu geben, die Götter und Rituale zeigen, aber hochumstritten sind. Mindestens ebenso umstritten ist, ob auf einigen dieser Steine Anbaubecken zu sehen sind, bzw., ob solche durch Umrandungen symbolisiert werden. Ob reliefierte längliche Schmucksteine, wie sie im gesamten Gebiet der Marakremmen gefunden werden, mit der protomarakremmischen Kultur in Zusammenhang stehen ist unbekannt.
Das Reich von Kirra interessiert sich für das Gebiet nur als Hindernis für die Schiffahrt und bei den meisten der Rituale der Marakremmen geht es darum, dass es so bleibt. Es ist jedoch bekannt, dass Aussaaten jeweils für ein bestimmtes Gebiet eingesegnet werden. Damit sollen auch Schutzhandlungen verbunden sein. Statt Weihwasser wird möglichst reiner Sand aus einer Art löchriger Rassel auf die Wasseroberfläche gestreut. Fragmente dieser Rasseln gehören zu den Befunden der protomarakremmischen Kultur, doch ist umstritten, ob sie schon Ritualgegenstände waren oder in irgendeiner praktischen Weise mit der Aussaat verbunden.
Die vermuteten Schutzhandlungen werden im Geheimen vorgenommen. Dabei scheinen den bösen Geistern der zerstörerischen Wellen kleine Steine entgegen geworfen zu werden, um sie gleichsam zu brechen und die guten Geister des festen Grundes mit Opfern versorgt zu werden. Laut einer alten Aufzeichnung aus kerranischen Archiven sollen die Opfer allerdings die "Götzen der Trockenheit" besänftigen und so fernhalten, während die Steine die "Götzen der Feuchte" anlocken sollen. Dies beruht wohl auf einem Missverständnis, dass dann durch die mittelkirranische Lehre von der Abstoßung des Gleichen und der Anziehung der Gegensätze weiter verfremdet wurde.
[Ich erinnere an den Wissenschaftler. Tja, was soll ich sagen, sie haben es sich selbst gewünscht.]
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[Eine alte Tagesthemenbastelei]
Lebkuchenpyramiden
Auf der Träne der Götter gibt es Lebkuchenpyramiden.
In Mittelstett sind sie meist im Zuckerbäckerstil mit Zuckerguß verziert. Hier dienen sie vorwiegend dazu, Verkaufsräume für Süßwaren spektakulär zu gestalten und stellen eine weitere Ausdrucksform der Künstler und Handwerker der Stadt dar. Der Zuckerbäckerstil ist eine Konzession an die Touristen, während ernsthaftere Künstler meist modernere Stile verwenden.
Bei den ganz Tiefen Zwergen sind sie geradliniger, technischer gestaltet. Hier werden sie zu verschiedenen Gelegenheiten als Naschwerk an Kinder verteilt. Sie dürfen erst gegessen werden, wenn die auf den Seiten abgebildete Konstruktion nachgebaut ist.
Über den Ursprung ist noch nichts definitiv bekannt. Wahrscheinlich sollte das 3D-Vorstellungsvermögen und das technische Verständnis der jungen Zwerge gleichzeitig gefördert werden. Ein Zwerg mag seinen Kindern beim Backen eine technische Frage erklärt haben, was sich dann als gute Idee verbreitete und die Pyramiden hervorbrachte, was ermöglichte im Inneren ein paar Bausteine zu platzieren, die als Belohnung die Bausteine der Zwergenkinder vermehrte, die die Darstellung erfolgreich nachbauten.
Nach Mittelstett scheinen sie schon früh gelangt zu sein, was allerdings im Dunkel der Geschichte liegt. Offensichtlich wurden die ersten Lebkuchenpyramiden nicht der Erwähnung wert gefunden. Wahrscheinlich fanden die Zuckerbäcker die Kombination von Lebkuchen und technischer Zeichnung interessant, als sie begannen, beides zu kombinieren. Da die Tiefen Zwerge so weit nördlich damals noch nicht bekannt waren, müssen die Pyramiden über Zwischenhändler dorthin gelangt sein. Den harten und haltbaren Lebkuchen zu Repräsentationszwecken einzusetzen war dann eine naheliegende Idee.
Es könnte sein, dass ein Händler die Lebkuchenpyramiden der Zwerge kannte und von den Konstruktionen der Zuckerbäcker hörte und in diesen dankbare Abnehmer für einige Lieferungen fand. Ein größerer Handel wird sich nicht entwickelt haben, da die Herstellung von Lebkuchen in Mittelstett nicht unbekannt war.
Auf der Träne mag nur die Parallelität der Lebkuchenpyramiden auffallen, die Zusammenhänge sind recht sicher unbekannt. Über den Ursprung ihrer Pyramiden dürften die Zwerge allerdings bescheid wissen, wenn sie sich dazu auch noch nicht mitgeteilt haben.
Eine feine Idee, das Backen und Gebäck so noch auf eine andere Weise lehrreich zu gestalten!
Eine andere Sache aber hier zu diesem Thread noch: Meinst du nicht, dass es schön wäre, wenn du nicht nur deine Beiträge aus dem Weltenbastlerforum hierherkopierst, sondern auch auf die Originale verlinkst, sodass Benutzer, die auch dort angemeldet sind, etwaige Fragen und Antworten lesen können, ohne lange suchen zu müssen? Umgekehrt wäre es sicherlich auch ein netter Service für deine Leser dort, wenn du es im WBF ebenso tätest und auf deine Beiträge hier verweist. Wir sagten ja bereits mehrmals, dass wir durchaus Verlinkungen und Erwähnungen erlauben und du das ominöse "Woanders" auch gerne beim Namen nennen darfst.
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Danke, die Zwerge arbeiten eben mit allen Mitteln, damit die nächste Generation ingenieurstechnische Höchstleistungen vollbringt.
"Woanders" bezeichnete ja nicht nur das WB-Forum. Ein paar Tagesbasteleien, bzw. Chat-Ideen waren auch dabei, die bisher allenfalls in einer ad-hoc-Version im alten Chat waren und samt der Kurzbeschreibungen, die nach dem alten Konzept für eine Homepage gedacht waren, auf meiner Festplatte lauerten. Ähnliches gilt für meinen "Sprachenbrösel", der im Rahmen des NaNoWriMo entstand. Es kommt aber nur von der Festplatte hierher, was mir wichtig genug erscheint oder einen Bezug zum Forum hat. Daher ist "Woanders" passend, während "aus dem Weltenbastler-Forum" schlicht falsch wäre. Es steht ja auch dabei, wenn es aus dem WBF ist.
Außerdem bezieht sich Woanders mittlerweile eher bis ganz auf die Welten, weshalb das Inhaltsverzeichnis auch beinhalted, was hier im Imaginarium 'beheimatet' ist. Wegen des ehemaligen Threadtitels ("Meine Basteleien von woanders") mag das missverständlich sein. Es ist aber schon längst in "Woanders - des Riothamus Welten" umbenannt.
Bis auf ein paar Kleinigkeiten bin ich übrigens mit den Texten durch. Und, weil da überall etwas zu modifizieren ist und die Temperaturen hoch sind, lasse ich mir damit etwas mehr Zeit.
Ich hatte ja schon mal begonnen ins WBF zu verlinken. Doch können ja einige Mitglieder dem nicht folgen. Und, da ich mir über die maximale Zeichenzahl in einem Post nicht sicher bin, habe ich es im Inhaltsverzeichnis beiseite gelassen. Antworten sind hier auch oft schon in den Text eingebaut. Ich schaue mal, ob ich nach und nach noch WB-Links in die Posts einbaue, wo es sinnvoll ist.
Was das WBF angeht, wurde ja schon ausdrücklich gesagt, dass Links ins Imaginarium nicht erwünscht sind. Ich kann es da gerne nochmals versuchen, sehe aber nicht wirklich, dass sich das geändert hätte.
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08.06.2022 00:21
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